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Carlos Ghosn kommt aus dem Gefängnis frei – und bereitet seine Verteidigung vor

Carlos Ghosn hat seine ersten Schritte in Freiheit nach 108 Tagen Haft maskiert angetreten. Umringt von sieben Strafvollzugsbeamten, einer blauen Kappe auf dem Haupt und eine weiße Gesichtsmaske vor dem Mund trat er am Mittwochnachmittag aus dem Gefängnis.

Zuvor hatte der ehemalige Chef von Renault und Nissan eine Kaution von einer Milliarde Yen (knapp acht Millionen Euro) bei Gericht hinterlegt. Außerdem muss er viele Einschränkungen akzeptieren.

Damit geht der schon dreimonatige Justizkrimi um Ghosn und die französisch-japanische Autoallianz in die nächste Runde. Denn nun hat Ghosn endlich Gelegenheit, ausführlich mit seinem neuen Verteidigungsteam um den bekannten Strafverteidiger Junichiro Hironaka eine Verteidigungsstrategie auszuarbeiten.

Der trägt den Spitznamen Rasierer, weil er schon mehreren Prominenten Freisprüche erkämpft hat. Das ist in einem Land, in dem das Urteil in 97 Prozent der Gerichtsurteile schuldig lautet, eine Ausnahmeleistung.

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Doch während der Untersuchungshaft waren Kontakte nur stark eingeschränkt möglich. Die Haftbedingungen in Japan sind sehr hart. Ghosn Familie versucht bereits, den Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen einzuschalten.

Für Ghosn ist dieses vorgezogene Geburtstagsgeschenk extrem wichtig. Denn die Staatsanwaltschaft hat dem Topmanager, der am Samstag 65 Jahre alt wird, am 19. November 2018 auf dem Flughafen verhaftet und bereits mit bis zu 15 Jahren Haft gedroht. Der Grund: Interne Untersuchungen von Nissan hatten Vorwürfe zu Tage befördert, die die Staatsanwaltschaft als Rechtsbruch ansieht.

Ein Anklagepunkt ist, dass Ghosn in Unternehmensbilanzen über Jahre nur die Hälfte seines wirklich vereinbarten Gehalts ausgewiesen hat. Die Staatsanwaltschaft nennt rund 80 Millionen Dollar als Summe. Dies verstößt laut der Staatsanwaltschaft gegen ein Gesetz für Finanzmarktprodukte.

Außerdem wirft die Staatsanwaltschaft ihm Untreue vor. So soll Ghosn während der Weltfinanzkrise Verluste auf eigene Wertpapierverluste kurzfristig auf Nissan übertragen haben. Zudem wurde einem saudischen Geschäftsmann zwischen 2009 und 2012 fast 15 Millionen Dollar von Nissan überwiesen. Die Staatsanwaltschaft vermutet dahinter eine Belohnung für eine Bürgschaft, die der Unternehmer für Ghosns Anlagen gegeben hatte.

Ghosn will jetzt in die Offensive gehen

Ghosn allerdings beteuert seit der Verhaftung seine Unschuld. In Zeitungsinterviews aus dem Gefängnis hat er Nissan „Komplott und Verrat“ unterstellt. In seinen Augen hat eine Gruppe von Managern eine Palastrevolte angezettelt, weil sie eine Fusion von Renault und Nissan vereiteln wollten.

Selbst die berüchtigt harten Haftbedingungen in Japan haben ihn offenbar nicht gebrochen. Dies hatte Ghosn bereits am Dienstag deutlich gemacht, als das Gericht seinen dritten Antrag auf Freilassung gegen Kaution stattgegeben hatte. „Ich bin unschuldig und fest entschlossen, mich selbst in einem fairen Prozess energisch gegen die wertlosen und unbegründeten Vorwürfe zu verteidigen.“

Allerdings sind seine Freiheiten eingeschränkt. Er muss seine Pässe abgeben. Sein Haus wird mit Kameras überwacht, die E-Mail- und Internetfunktionen seiner Handys und Computer eingeschränkt. Er darf auch nicht mit Beteiligten in seinem Fall kommunizieren. Allerdings kann er mit einer Zustimmung der Richter an Nissans Vorstandssitzungen teilnehmen, da Ghosn offiziell noch Verwaltungsratsmitglied ist.

Der Grund: Nissans Vorstand hat ihm und dem Mitangeklagten, dem Ghosn-Vertrauten Greg Kelly, zwar im November von ihren Funktionen entbunden, konnte sie aber nicht entlassen. Dies soll nun auf einer außerordentlichen Aktionärsversammlung am 8. April nachgeholt werden.

Der Autoanalyst Koji Endo von SBI Securities erwartet nun „eine epische Gerichtsschlacht“. Diese könnte die Versuche von Nissan und Renault stören, ihre angeschlagene Allianz zu kitten. Renault-Chef Thierry Bolloré zog am Dienstag auf dem Genfer Autosalon immerhin ein positives Zwischenfazit.

„Der Höhepunkt der Krise ist vorbei“, behauptete der ehemalige Vize, der im Februar nach Ghosns Rücktritt aus dem Vorstand zum neuen operativen Konzernchef gewählt worden war. Durch Ghosns Sturz sind nämlich die Probleme der Allianz offen aufgebrochen.

Nissan empfindet die Machtbalance als unfair. Denn die Franzosen, die Nissan zur Jahrtausendwende retteten, halten noch immer 43 Prozent an Nissan, die Japaner aber nur 15 Prozent an Renault, die zudem kein Stimmrecht tragen. Dabei ist Nissan doppelt so groß wie Renault und technisch der Motor der Allianz. Zudem stört die Japaner, dass der französische Staat mit 15 Prozent an Renault beteiligt ist.

Autobauer können sich keine Scheidung leisten

Doch offenbar wollen die Partner ihren Streit um Beteiligungsverhältnisse etwas ruhen lassen. Die Autobauer seien schon sehr miteinander verwoben, erklärte Bolloré in der Schweiz. „Wir haben gemeinsame Interessen, die massiv und wichtig sind.“

Tatsächlich kaufen sie längst nicht nur gemeinsam Teile ein und teilen Fabriken. Sie fertigen zudem schon Modelle auf gemeinsamen Plattformen. Diese Verbindung während des Umbruchs in der Autoindustrie zu trennen, können sich beide Hersteller nicht leisten.

Offen ist allerdings noch, wie es weitergehen soll. Denn besonders Nissan ist noch mit der Ursachenforschung beschäftigt. Ein interner Ausschuss soll in den kommenden Wochen eine umfassende Reform der Unternehmensführung vorschlagen, um Nissans Kontrolle über Geschäftsprozesse zu stärken und transparenter zu machen.

Erst mit der Jahreshauptversammlung der Aktionäre im Juni kann voraussichtlich die neue Führung zusammengestellt werden. Bis dahin werden hinter den Kulissen noch viele Kämpfe ausgefochten werden. Ghosn dürfte dabei die Atmosphäre mit seiner eigenen Darstellung des Skandals aufheizen.