Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    18.161,01
    +243,73 (+1,36%)
     
  • Euro Stoxx 50

    5.006,85
    +67,84 (+1,37%)
     
  • Dow Jones 30

    38.239,66
    +153,86 (+0,40%)
     
  • Gold

    2.349,60
    +7,10 (+0,30%)
     
  • EUR/USD

    1,0699
    -0,0034 (-0,32%)
     
  • Bitcoin EUR

    59.736,13
    -770,14 (-1,27%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.327,27
    -69,27 (-4,96%)
     
  • Öl (Brent)

    83,66
    +0,09 (+0,11%)
     
  • MDAX

    26.175,48
    +132,30 (+0,51%)
     
  • TecDAX

    3.322,49
    +55,73 (+1,71%)
     
  • SDAX

    14.256,34
    +260,57 (+1,86%)
     
  • Nikkei 225

    37.934,76
    +306,28 (+0,81%)
     
  • FTSE 100

    8.139,83
    +60,97 (+0,75%)
     
  • CAC 40

    8.088,24
    +71,59 (+0,89%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.927,90
    +316,14 (+2,03%)
     

Bulgarien kämpft um das neue Auslandswerk von Volkswagen

Bulgariens Premier Borissow sieht sein Land im Duell mit der Türkei um den neuen VW-Standort im Vorteil. Er verspricht eine unternehmensfreundliche Politik und staatliche Subventionen.

Bulgarien gibt sich im Wettbewerb um ein neues Volkswagen-Werk nicht so schnell geschlagen. Das EU-Land rechnet sich gute Chancen aus, doch noch den Zuschlag aus Wolfsburg für das Milliardenprojekt in der Nähe der Hauptstadt Sofia zu erhalten.

„Bulgarien ist ein besserer Standort als irgendein Land der Region hinsichtlich der Investmentrisiken“, sagte Ministerpräsident Bojko Borissow dem Handelsblatt in einer schriftlichen Stellungnahme. Er sei überzeugt, dass ein künftiges Investment von Volkswagen positiv für ganz Osteuropa sein werde. „Es wird zu Synergien für alle Länder der Region führen.“

Der 60-jährige Ministerpräsident stellt das aus seiner Sicht wettbewerbsfähige Steuersystem, unternehmensfreundliche Vorschriften sowie staatliche Beihilfen, verbunden mit einer guten Verkehrsanbindung und günstigen Arbeitskosten als die zentralen Vorteile des bulgarischen Standorts heraus.

WERBUNG

Borissow verspricht, alle Möglichkeiten von Subventionen für VW auszuschöpfen. „Die bulgarische Regierung hat Volkswagen in strikter Übereinstimmung mit der europäischen Gesetzgebung ein Maximum infrage kommender staatlicher Förderung angeboten, wie es von der EU-Kommission für die Region festgelegt ist“, betonte Borissow.

Bereits seit etwa einem Jahr ringt Volkswagen um die Entscheidung über den Bau der neuen Autofabrik. „Wir sind weiterhin in einem ergebnisoffenen Auswahlprozess. In den letzten Monaten haben wir verschiedene Standortoptionen für unser neues Werk geprüft. Es gibt jetzt eine Shortlist mit den Favoriten. Nach der Untersuchungsphase folgt nun die Verhandlungsphase mit den verbliebenen Kandidaten“, sagte eine VW-Sprecherin am Dienstag in Wolfsburg. In den zurückliegenden Wochen verlautete immer wieder aus Konzernkreisen, dass ein möglicher türkischer Standort im Westen des Landes nahe Izmir die besten Aussichten habe, den Zuschlag von Volkswagen zu bekommen.

Ursprünglich waren zehn Standorte in drei osteuropäischen Ländern und in der Türkei im Rennen. In der finalen Runde sind jetzt noch zwei Standorte in Bulgarien und in der Türkei vertreten. Das neue Werk soll ähnlich wie die Fabrik in der slowakischen Hauptstadt Bratislava ein Werk für mehrere Marken des VW-Konzerns werden. Beispielsweise braucht die tschechische Markentochter Skoda neue Fertigungskapazitäten, aber auch VW für die Produktion des Passats.

Das Werk im ostfriesischen Emden, wo das Mittelklassemodell Passat derzeit von den Bändern läuft, soll komplett auf die Fertigung von Elektroautos umgerüstet werden. Der VW Passat und der Skoda Superb werden auf der Basis eines gemeinsamen Baukastens („Plattform“) produziert. Beide Autos sollen deshalb künftig gemeinsam in der Fabrik hergestellt werden.

Aufsichtsrat entscheidet

Spätestens Anfang September dürfte der VW-Aufsichtsrat die Standortauswahl treffen. „Der Stand der Dinge ist, dass es keine abschließende Entscheidung des Aufsichtsrats gibt“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der auch im VW-Aufsichtsrat sitzt, zuletzt der Deutschen Presse-Agentur. „Sicher ist, ganz egal, wie auch immer diese Entscheidung ausfällt, es wird eine wirtschaftliche Entscheidung und keine politische Aussage sein“, fügte Weil hinzu. Wegen der eingeschränkten demokratischen Rechte in der Türkei gilt ein neues VW-Werk unweit von Izmir als politisch umstritten.

Bulgarien bietet VW ein großes Industrieareal außerhalb der Hauptstadt Sofia in der Nähe des Flughafens an. Das frühere Gelände eines Stahlwerks gehört der bulgarischen First Investment Bank und der österreichischen Immobilienfirma Soravia. Probleme wie die Kontaminierung des Bodens durch das frühere Stahlwerk auf dem Gelände seien lösbar.

Das bestätigte Matthias Kohlbecker, Architekt und Geschäftsführer des Schwarzwälder Familienunternehmens Kohlbecker Gesamtplan mit 170 Mitarbeitern, der viele Autowerke für Daimler, Audi und Jaguar Land Rover gebaut hat. „Das Grundstück ist sanierbar und damit auch uneingeschränkt gewerblich nutzbar“, sagte der 53-jährige Architekt, der an der Planung des Grundstücks als möglicher VW-Standort unmittelbar beteiligt ist, dem Handelsblatt.

Bulgariens Premier Borissow wirbt mit einer starken nationalen Zulieferindustrie. „Wir haben bei einem persönlichen Treffen die Zusicherung des Premierministers erhalten, dass er alles tun wird, um das Investment zu holen“, sagte Lubomir Stanislavov, CEO des Automotive-Clusters in Bulgarien. „Wenn Volkswagen der erste Investor dieser Art in unserem Land werden sollte, wird der Konzern fast sicher einen ganz exklusiven Status erhalten.“

Der konservative Politiker, bereits zum dritten Mal Regierungschef in Bulgarien, preist weitere Vorteile des eigenen Landes an. „Der Hauptvorteil von Bulgarien ist die ständige Verbesserung des Geschäftsumfeldes im Vergleich zu anderen Ländern der Region.“

So sei das Steuersystem extrem vereinfacht worden. Das Balkanland besitzt eine „Flat Tax“ von zehn Prozent für Unternehmen und Einkommen. Doch es gibt noch andere Steuervorteile. „Die Dividendensteuer für diese Art von Investment ist im Land null“, sagte Borissow.

Der Chef der konservativen Regierungspartei Gerb verfügt zudem über einen guten Draht zu Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Regierung in Sofia unterstützte zuletzt die Wahl der CDU-Politikerin Ursula von der Leyen zur neuen Präsidentin der EU-Kommission.

Für die in Wien ansässige Soravia-Gruppe wäre der Bau eines VW-Werks das größte Projekt in ihrer langen Firmengeschichte. „Das Investitionsvolumen bewegt sich zwischen 1,4 bis 1,5 Milliarden Euro“, sagte Südosteuropa-CEO Hanno Soravia dem Handelsblatt. Die Soravia-Gruppe mit 1500 Mitarbeitern hat derzeit Projekte von insgesamt 1,5 Milliarden Euro in der Entwicklung.

Brancheninsider geben sich zuversichtlich, dass der Standort des neuen VW-Werks recht bald entschieden wird. „Ich habe keine Absage bekommen“, macht sich Hanno Soravia selbst Mut. VW hatte den internationalen Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle mit der Suche beauftragt.

Am Ende könnte es mit dem neuen VW-Werk womöglich ganz schnell gehen. „Das Werk und die Infrastruktur können in 18 Monaten errichtet werden“, sagte Immobilienunternehmer Soravia. „In eineinhalb Jahren kann man ein Werk durchaus bauen“, bestätigte auch Architekt Kohlbecker. In einer vertraulichen Unterlage, die dem Handelsblatt vorliegt, werden als Zeitraum für das komplexe Genehmigungsverfahren in Bulgarien 180 bis 210 Tage genannt.

Bulgarien, eines der ärmsten Länder in der EU, hat sich zum Ziel gesetzt, die Automobilwirtschaft weiter auszubauen. Nach Regierungsangaben erzielten die bereits 250 vorhandenen Unternehmen der Autobranche mit 65.000 Mitarbeitern einen Jahresumsatz im vergangenen Jahr von mehr als 5,5 Milliarden Euro.

Gute Beziehungen

Die Euphorie von Borissow ist groß. Er verspricht Volkswagen zu zeigen, dass er der „loyalste Partner des weltgrößten Giganten der Automobilindustrie“ sein werde. Der Ministerpräsident verweist auf die guten Bedingungen für deutsche Investoren in der Vergangenheit. „Unsere künftige Zusammenarbeit mit Volkswagen und anderen deutschen Firmen ist von den besten Handels- und Wirtschaftsbeziehungen garantiert, die wir innerhalb der EU erzielt haben.“

Deutsche Firmen, darunter Zulieferer wie Leoni und Mahle, beschäftigen nach Regierungsangaben 35.300 Mitarbeiter in dem Balkanland. Deutsche Unternehmen würden mehr als vier Prozent der Nettoumsätze des EU-Staats erwirtschaften.

Im vergangenen Jahr seien die Exporte nach Deutschland um mehr als 16 Prozent auf 8,2 Milliarden Euro gestiegen. Derzeit erwirtschaftet Bulgarien nach Branchenangaben rund zehn Prozent seines Bruttoinlandsprodukts mit der Autoindustrie.