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Buchhändler kämpfen ums Überleben – mit telefonischer Beratung und Lieferservice

Auch viele kleine Läden liefern inzwischen ihren Kunden die Bücher nach Hause. Die Kette Hugendubel verlegt zum Beispiel Lesungen ins Internet.

Die Umsatzeinbrüche infolge der Ladenschließungen wegen der Coronakrise bedrohen die Existenz vieler Buchhändler. Foto: dpa
Die Umsatzeinbrüche infolge der Ladenschließungen wegen der Coronakrise bedrohen die Existenz vieler Buchhändler. Foto: dpa

Eigentlich hätten viele Menschen derzeit viel Zeit zum Lesen. Das Problem: Auch die Buchhandlungen müssen wegen des Coronavirus fast überall geschlossen bleiben. Das trifft gerade die inhabergeführten Geschäfte schwer. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels rechnet aufgrund der umfangreichen Ladenschließungen mit einem Umsatzausfall von insgesamt einer halben Milliarde Euro pro Monat.

Im Überlebenskampf setzt die Branche auf mehrere Hebel. Um einen Teil der Umsatzausfälle zu kompensieren und zu verhindern, dass die Kundschaft zu Amazon und anderen Internethändlern abwandert, haben auch viele kleinere Läden einen Lieferdienst organisiert.

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„Viele Buchhändler nutzen diese Krise als Chance und verknüpfen Onlineshop mit telefonischer Beratung“, sagte Alexander Skipis, Geschäftsführer des Börsenvereins dem Handelsblatt. „Sie übertragen eine ihrer großen Stärken, die Beratungskompetenz, auf Social Media und bauen ihre Lieferservices aus.“ Der Verband empfiehlt seinen Mitgliedern zudem, die Nutzung der staatlichen Rettungsschirme zu prüfen.

Die traditionsreiche Buchhandelskette Hugendubel leidet schwer darunter, dass das öffentliche Leben stillsteht und die Läden geschlossen sind. Es würden im Internet zwar sehr viel mehr Bücher bestellt als in normalen Zeiten. Aber: „Unsere Haupteinnahmequelle ist weg. Der Online-Shop kann bei weitem nicht ausgleichen, was uns in den Filialen fehlt“, sagte Gesellschafterin Nina Hugendubel dem Handelsblatt. „Auch Spiele sind gefragt – im Grunde alles, was geeignet ist, um einmal nicht nur vor dem Fernseher zu sitzen“, erläuterte die Münchner Unternehmerin.

Die Familienfirma betreibt mehr als 150 Buchhandlungen in ganz Deutschland und beschäftigt rund 1700 Mitarbeiter. Ein Großteil der Leute hat derzeit nichts zu tun. Wenngleich Hugendubel durchaus kreativ ist in diesen Tagen: „Wir sind auf viele Autoren zugegangen, um ihre Lesungen von zuhause aus live über Instagram zu veranstalten.“

Bei den Autoren und dem Publikum stößt das auf positive Resonanz. Frank Berzbach und Mareike Fallwickl haben zum Beispiel schon im Netz gelesen, am Freitag soll Takis Würger im Livestream vortragen. „In einer Zeit, in der das kulturelle Leben und eben auch jene Begegnungen stark eingeschränkt sind, erlauben uns die digitalen Kanäle, zumindest virtuell Kontakt zu halten und weiter Autoren und Leser zusammenzubringen“, heißt es bei Hugendubel.

Händler spüren als Solidarität

Auch kleinere Buchhändler sind aktiv geworden wie zum Beispiel Marc Schürhoff, der einen gut gehenden Buchladen in Gauting bei München betreibt. Im geschlossenen Geschäft steht sein Fahrrad mit einem Anhänger. Bepackt ist es mit etwa 30 Bücherpaketen, die er gleich wie jeden Tag ausliefern wird. Der kostenlose Lieferservice, oft schneller als eine Bestellung bei Amazon und anderen Internethändlern, stößt bei seinen Kunden auf enorme Resonanz. „Der Zuspruch gibt Mut“, sagt er, „psychologisch ist das wahnsinnig wichtig.“

Die Solidarität im Ort ist groß, in den ersten Tagen nach der Schließung verkaufte er fast so viele Bücher wie sonst nur im Weihnachtsgeschäft. Inzwischen kommt er an vielen Tagen zumindest immer noch auf 30 bis 50 Prozent der normalen Umsätze.

Der Verkauf im Laden ist für Schürhoff und die meisten anderen Läden in Deutschland derzeit komplett verboten. In Leipzig ließ das Ordnungsamt sogar die Bahnhofsbuchhandlung zwischenzeitlich schließen, die einen großen Teil des Umsatzes mit Presseartikeln macht.

„Die Einwohner der Messestadt wurden damit auch ihrer einzigen Möglichkeit beraubt, sind in internationalen Zeitungen und Zeitschriften zu informieren“, klagte die Unternehmensgruppe Dr. Eckert, zu der die Buchhandlung gehört. Nach einem Tag durfte der Laden wieder aufmachen – allerdings keine Bücher mehr verkaufen.

Viele Buchhandlungen müssen ohnehin schon um ihre Existenz kämpfen. „Für die größtenteils Klein- und Kleinstunternehmen, aber auch die wenigen größeren Unternehmen der Branche sind Schließungen kritisch bis existenzgefährdend“, warnte Skipis vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Die staatlichen Soforthilfen begrüße der Börsenverein. Der deutsche Buchmarkt ist mehr als neun Milliarden Euro groß.

Nina Hugendubel hofft, dass die von Politikern versprochene Unterstützung nun schnell fließt. Bislang sei das nicht der Fall: „Es dauert momentan noch zu lange und ist zu kompliziert, an staatliche Hilfe zu kommen. Das muss unbürokratischer werden.“

Sie fordert zudem, den Beschäftigten stärker unter die Arme zu greifen: „Manchen Mitarbeitern reichen die 60 beziehungsweise 67 Prozent des Einkommens aus dem Kurzarbeitergeld nicht. Da sollte der Staat aufstocken, denn die meisten Unternehmen schaffen das nicht aus eigener Kraft.“

Auch der Gautinger Buchhändler Schürhoff hat in den vergangenen Tagen schon die Hilfsmöglichkeiten geprüft. Fünf Buchhändlerinnen beschäftigt er; eine hat Urlaub genommen, eine andere baut Überstunden ab. „Wenn wir auch im April schließen müssen wird es schwierig“, sagt Schürhoff. Noch kaufen die Kunden viele Romane, Kinderbücher und Lernhilfen zum Beispiel für die Abiturvorbereitung. Doch wie lange Solidarität und Kauflust halten, weiß niemand.

„Wir müssen als kleines Unternehmen alles machen, was möglich ist“, sagt Schürhoff. Und so prüft er die Möglichkeiten von Finanzhilfen über Steuerstundungen bis hin zu Kurzarbeit. Anträge gestellt hat er noch nicht. Wenn dies erfolgt ist, geht es schnell: In Bayern sind laut Wirtschaftsministerium die ersten Auszahlungen der Soforthilfe Corona bereits erfolgt.

Finanzielle Engpässe drohen

Der Börsenverein gibt seinen Mitglieder eine Reihe von praktischen Tipps. Auf keinen Fall erlaubt sei fast überall die Öffnung des Ladens für den regulären Kundenverkehr. Den Laden zu öffnen, weil auch Presseprodukte angeboten werden und der Verkauf von Zeitungen weiterhin zulässig sei, sei nicht empfehlenswert. „Sie müssten, um hier Rechtssicherheit zu erlangen, sicherstellen, dass Kunden wirklich nur Presseprodukte kaufen.“

Der Börsenverein rät auch davon ab, ein Kontaktlos-Regal vor der Buchhandlung anzubringen oder Abholungen an der Ladentür zu ermöglichen. Möglich sei die Lieferung über den Postweg oder selbst organisierte Lieferdienste oder die Abholung der Bücher in einem benachbarten, weiterhin geöffneten Geschäft wie zum Beispiel einer Apotheke. Hier solle man sich aber lieber bei der örtlichen Ordnungsbehörde rückversichern.

Vor allem die kleineren Buchhandlungen sind derzeit auf die Solidarität ihrer Kunden angewiesen. „Ich bin gerührter, als ich sagen kann. Jedes Buch, das sie während der Coronakrise bei kleinen, inhabergeführten Buchläden wie mir bestellen, zählt“, schreibt die Inhaberin der Kölner Buchhandlung Domstraße.

Doch all die kreativen Ideen werden die Einnahmeverluste nicht vollständig kompensieren können. Kleine Buchhandlungen könnten zum Beispiel Betriebsmittelzuschüsse beantragen, wenn sie durch die Corona-Pandemie in einen Liquiditätsengpass geraten, empfiehlt der Börsenverein. Auch könne gegebenenfalls Kurzarbeit beantragt werden. Die KfW hat darüber hinaus ein Sonder-Kreditprogramm aufgelegt, das auch mittlere und große Unternehmen der Buchbranche nutzen könnten.

Von den Schließungen profitieren könnte insbesondere Amazon, der Internethändler liefert Bücher und ist mit seinem Kindle bei E-Books dominant. Im vergangenen Jahr lag der Umsatzanteil von E-Books allerdings laut Börsenverein nur bei unverändert fünf Prozent. Der Buchmarkt insgesamt war im vergangenen Jahr auf den zentralen Vertriebswegen in Deutschland um 1,4 Prozent gestiegen. In Zeiten von Corona wird es schwierig werden, diese Werte wieder zu erreichen – obwohl viele Menschen viel Zeit zum Lesen haben.