Warum die BU-Versicherung teurer wird
Im kommenden Jahr wird es für Arbeitnehmer oder Studenten, die eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) neu abschließen wollen, teurer. Der Grund: Der Garantiezins für Lebens- und Rentenversicherungen sinkt zum 1. Januar 2017 von derzeit 1,25 auf 0,9 Prozent.
Je nach Altersklasse der Versicherungsnehmer steigen die monatlichen Beiträge dann voraussichtlich um zwei bis fünf Prozent, hat der Finanzvertrieb MLP errechnet. „Hintergrund ist, dass die Versicherer mit den monatlichen Zahlungen auch Reserven aufbauen müssen“, erklärt Miriam Michelsen, Leiterin des Bereichs Altersvorsorge und Krankenversicherung bei MLP. Je niedriger der Garantiezins liegt, desto stärker müssen sie sich an den Beiträgen bedienen.
Höhere Beiträge dürften BUs noch unattraktiver machen, als sie für viele Arbeitnehmer ohnehin schon sind. Wer einen gesundheitlich riskanten Beruf ausübt und eine BU besonders gut gebrauchen könnte, muss dafür bereits heute tief in die Tasche greifen. So zahlen etwa Handwerker wie Schlosser oder Maurer deutlich mehr als Mathematiker oder Bankkaufleute.
Trotz der oft hohen Beiträge gehört eine BU aber zu den wichtigsten Versicherungen, sagt der Bund der Versicherten (BdV). Um Kosten zu sparen, sollte man sie zu Beginn der Ausbildung oder des Studiums abschließen – es sei denn, die Ausbildung ist mit körperlicher Arbeit verbunden. Dann bietet es sich an, die Police bereits als Schüler abzuschließen. „Bei voller Gesundheit ist ein Vertragsabschluss mit 40 Jahren ungefähr 40 Prozent teurer als mit 30 Jahren“, warnt der BdV.
Wer sich für den Abschluss einer BU entscheidet, sollte auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis achten. Das Ratinghaus Franke und Bornberg hat für das Handelsblatt 34 Angebote verglichen. Das Ergebnis: 18 Versicherer bekamen die Note „sehr gut“, zehn die Note „gut“, vier mussten sich mit „befriedigend“ und zwei mit „ausreichend“ begnügen. Bei den getesteten Policen handelt es sich um sogenannte selbständige BUs. Das heißt: Sie sind keine Zusatzversicherung zu klassischen Lebens- oder Rentenversicherungen, sondern eigenständige Produkte.
Die Experten von Franke und Bornberg haben die Konditionen für drei Berufe verglichen: Bankkaufmann, Maschinenbauingenieur und Vertriebsleiter. Die Musterkunden sind ledig, Nichtraucher und üben keine schweren körperlichen Arbeiten aus. Bankkaufmann und Maschinenbauingenieur sind 30 Jahre alt und möchten im Schadensfall eine BU-Rente von 1.500 Euro pro Monat. Der Vertriebsleiter ist 45 Jahre und möchte eine Rente in Höhe von 2.500 Euro erhalten, falls er seine Arbeit nicht mehr ausüben kann.
Swiss Life überzeugt am meisten
Der Prämienvergleich bezieht sich auf das erste Versicherungsjahr. Franke und Bornberg führt dabei jeweils die Brutto- und die Nettoprämie an. Auch Versicherer geben bei Vertragsabschluss üblicherweise beiden Varianten an. Beim Nettobetrag handelt es sich um die Summe, die Kunden bei Abschluss der BU-Police zunächst zahlen müssen. Sie liegt unter dem Bruttobetrag, weil Versicherer ihren Kunden dabei die Überschüsse gutschreiben, die sie erwirtschaften. Der Nettobeitrag ist allerdings nicht garantiert. Er kann sich über die Laufzeit der Versicherung ändern. Fallen die Überschüsse geringer aus als gedacht, steigt er, fallen sie höher aus, kann er sinken.
Am besten schnitt beim Vergleich ein Produkt des Versicherers Swiss Life ab. Für die Police „Swiss Life SBU“ zahlt der Bankkaufmann im ersten Versicherungsjahr netto 64,56 Euro pro Monat, ebenso der Maschinenbauingenieur. Der Vertriebsleiter muss wegen seines fortgeschrittenen Alters und seiner gewünschten höheren BU-Rente tiefer in die Tasche greifen: Er zahlt pro Monat einen Nettobeitrag in Höhe von 205,64 Euro.
Die Preisdifferenz zum Letztplatzierten, einem Produkt der Debeka, ist beachtlich: Für die Debeka-Police zahlt der Bankkaufmann netto 165,13 Euro pro Monat, der Maschinenbauingenieur 115,90 Euro und der Vertriebsleiter schließlich satte 463,89 Euro.
Einige BUs sind auf den ersten Blick besonders günstig. So zahlt etwa der Bankkaufmann bei Canada Life nur 52,56 Euro Nettobeitrag pro Monat. Auch für den Maschinenbauingenieur ist das Angebot von Canada Life am günstigsten. Der Vertriebsleiter hingegen zahlt für eine Police der Ergo den niedrigsten monatlichen Nettobeitrag, nämlich 139,85 Euro. Die günstigen Policen konnten die Experten von Franke und Bornberg allerdings mit ihren Leistungen nicht überzeugen und landeten nur im Mittelfeld.
Detailranking: Welche Police wie gut ist
Die Angaben beziehen sich auf einen 30-jährigen Bankkaufmann (A) bzw. Maschinenbauingenieur (B) mit einer gewünschten BU-Rente von 1.500 Euro pro Monat und einen 45-jährigen Vertriebsleiter (C) mit einer gewünschten BU-Rente von 2.500 Euro pro Monat.
Anbieter | Produkt | Prämie brutto (A)* | Prämie netto (A)* | Prämie brutto (B)* | Prämie netto (B) * | Prämie brutto (C)* | Prämie netto (C)* | Note |
Swiss Life | Swiss Life SBU | 99,33 € | 64,56 € | 99,33 € | 64,56 € | 316,37 € | 205,64 € | sehr gut |
Stuttgarter | BUV-PLUS, Tarif 91 | 104,92 € | 69,25 € | 104,92 € | 69,25 € | 255,15 € | 168,40 € | sehr gut |
HDI | SBU EGO Top | 100,51 € | 75,38 € | 100,51 € | 75,38 € | 248,09 € | 186,07 € | sehr gut |
NÜRNBERGER | Selbstständige BU nach Tarif SBU2800C | 97,74 € | 65,49 € | 97,74 € | 60,60 € | 250,45 € | 167,80 € | sehr gut |
Allianz | BerufsunfähigkeitsPolice Plus (E 356) | 95,77 € | 80,45 € | 95,77 € | 80,45 € | 220,71 € | 185,40 € | sehr gut |
Zurich Deutscher Herold | SBU | 107,48 € | 68,48 € | 97,55 € | 62,43 € | 399,43 € | 287,59 € | sehr gut |
die Bayerische | SBU PROTECT Komfort | 87,81 € | 61,47 € | 87,81 € | 61,47 € | 211,61 € | 148,13 € | sehr gut |
Gothaer | Berufsunfähigkeitsversicherung Premium | 86,80 € | 59,80 € | 86,80 € | 59,80 € | 283,50 € | 202,00 € | sehr gut |
Nürnberger Beamten | Selbständige BU nach Tarif BSBU2800C | 98,77 € | 68,15 € | 98,77 € | 63,21 € | 250,04 € | 172,53 € | sehr gut |
Barmenia | SoloBU (L3651) | 99,71 € | 69,80 € | 99,71 € | 69,80 € | 243,90 € | 170,73 € | sehr gut |
Bayern Versicherung | EinkommensSicherung | 124,84 € | 91,32 € | 94,05 € | 62,62 € | 303,53 € | 221,44 € | sehr gut |
Condor | SBU Comfort | 112,79 € | 78,96 € | 112,79 € | 78,96 € | 292,31 € | 204,62 € | sehr gut |
ALTE LEIPZIGER | SBU - SecurAL Tarif BV 10 | 103,12 € | 74,24 € | 103,12 € | 74,24 € | 369,39 € | 265,96 € | sehr gut |
Dialog | SBU-professional | 75,77 € | 60,62 € | 86,72 € | 69,38 € | 396,04 € | 316,83 € | sehr gut |
InterRisk | SBU Tarif XL | 95,27 € | 66,69 € | 142,82 € | 92,83 € | 237,04 € | 165,93 € | sehr gut |
LV 1871 | Golden BU (L-B1909) mit erweiterten Leistungen | 142,98 € | 77,21 € | 97,80 € | 52,81 € | 349,20 € | 188,57 € | sehr gut |
ERGO | ERGO Berufsunfähigkeitsversicherung | 87,64 € | 60,47 € | 126,17 € | 87,06 € | 202,68 € | 139,85 € | sehr gut |
Württembergische | SBU | 89,82 € | 68,62 € | 89,82 € | 68,62 € | 327,70 € | 236,36 € | sehr gut |
VOLKSWOHL BUND | SBU | 105,35 € | 67,42 € | 119,67 € | 81,38 € | 376,92 € | 286,46 € | gut |
Basler | Basler BerufsunfähigkeitsVersicherung | 79,86 € | 59,89 € | 90,92 € | 68,19 € | 383,50 € | 287,62 € | gut |
Süddeutsche | SBU | 120,89 € | 82,53 € | 120,89 € | 82,53 € | 304,73 € | 208,04 € | gut |
uniVersa | SBU (SBU15) | 132,00 € | 85,80 € | 97,44 € | 63,34 € | 274,50 € | 178,43 € | gut |
Feuersozietät | EinkommensSicherung | 124,84 € | 106,88 € | 94,05 € | 85,07 € | 303,53 € | 259,55 € | gut |
HanseMerkur | SBU Profi Care | 104,77 € | 80,67 € | 88,77 € | 68,35 € | 210,21 € | 161,86 € | gut |
Continentale | PremiumB | 119,24 € | 71,54 € | 116,10 € | 69,66 € | 363,68 € | 218,20 € | gut |
Axa | SBU (BG 1* bis 3-) | 103,69 € | 68,95 € | 117,05 € | 87,79 € | 384,72 € | 275,07 € | gut |
Canada Life | SBU | 52,56 € | 52,56 € | 52,56 € | 52,56 € | 172,36 € | 172,36 € | gut |
Generali | SBUM 15 | 120,24 € | 88,50 € | 113,32 € | 83,40 € | 292,27 € | 215,11 € | gut |
INTER | INTER ProBeruf® SBU | 95,60 € | 81,56 € | 95,60 € | 81,56 € | 366,50 € | 311,82 € | befriedigend |
R+V | SBU (BV03) | 116,13 € | 81,30 € | 116,13 € | 81,30 € | 303,89 € | 212,73 € | befriedigend |
WWK | SBU Komfort (BioRisk) Tarif BS06 | 181,33 € | 134,18 € | 111,45 € | 55,72 € | 457,93 € | 338,87 € | befriedigend |
Credit Life | Premium Berufsunfähigkeits-Versicherung (Tarif SBU16) | 113,69 € | 68,21 € | 113,69 € | 68,21 € | 465,06 € | 279,04 € | befriedigend |
VPV | SBU | 157,38 € | 99,29 € | 157,38 € | 99,29 € | 400,37 € | 252,03 € | ausreichend |
Debeka | SBU mit erweiterten Leistungen (ABBV-T) Leistungssystem Pauschalregelung 50% (ABBV-T) zur SBU | 220,17 € | 165,13 € | 165,57 € | 115,90 € | 618,52 € | 463,89 € | ausreichend |
* Monatliche Prämie für das erste Vertragsjahr
Quelle: Franke und Bornberg; Stand: November 2016
KONTEXT
Tipps für die Berufsunfähigkeitsversicherung
Früh abschließen
Schließen Sie eine Berufsunfähigkeit in jungen Jahren ab, wenn noch keine Krankheiten vorliegen. Denn bei chronischer Erkrankung ist es oft zu spät. Achten Sie darauf, dass sie die Versicherungssumme ohne Gesundheitsprüfung erhöhen können, wenn sich ihre Lebensverhältnisse ändern.
Faustregel
Als Faustregel gilt: Die monatliche Berufsunfähigkeitsrente sollte zwischen 70 und 100 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens betragen. Doch Abweichungen sind möglich.
Inflation beachten
In den Vertrag sollte eine Dynamik der Berufsunfähigkeitsrente vereinbart werden. Denn auf Grund der Inflationsrate verliert das Geld kontinuierlich an Wert.
Keine abstrakte Verweisung
Der Vertrag sollte die abstrakte Verweisung ausschließen. Das bedeutet die Berufsunfähigkeit ist stets auf den erlernten Beruf bezogen. Mit einer abstrakten Verweisung kann der Versicherer verlangen, dass der Berufsunfähige in einem anderen Beruf arbeitet.
50 Prozent
Der Versicherer sollte voll bezahlen, wenn die Berufsunfähigkeit zu 50 Prozent gegeben ist.
Vorsicht bei Koppelung
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung sollte auf keinen Fall an eine Kapitallebens- oder Rentenversicherung gekoppelt sein. Denn kündigen sie dann ihre Altersvorsorge, entfällt auch der Risikoschutz.
Flexibilität bewahren
Der Vertrag sollte flexibel genug sein, um den späteren Wechsel etwa in die Selbstständigkeit ermöglichen.
67er-Falle
Die 67er Falle. Die Versicherung sollte unbedingt die Zeitspanne bis zum Renteneintritt abdecken. Dabei ist die Anhebung der Altersgrenze zu berücksichtigen. Andernfalls entsteht eine Deckungslücke.
Nachversicherungsgarantie
Im Vertrag sollten vor allem Jüngere unbedingt eine Nachversicherungsgarantie vereinbaren, um die Berufsunfähigkeitsrente ohne Gesundheitsprüfung später erhöhen zu können.
Wahrheitsgemäße Angaben
Beim Abschluss des Vertrages sind Fragen zum Gesundheitszustand wahrheitsgemäß zu beantworten. Andernfalls zahlen Sie womöglich jahrzehntelang ein, um dann - wenn der Versicherer im Ernstfall die Krankenakte prüft - ohne Absicherung dazustehen.
Prognosezeitraum
Immer wieder ein Zankapfel ist der sogenannte Prognosezeitraum, den der Arzt für eine potenzielle Berufsunfähigkeit attestieren muss. In vielen Fällen verlangen die Versicherungen einen Zeitraum von ein bis drei Jahren für "eine voraussichtlich dauernde Berufsunfähigkeit". Doch das ist oft nicht realistisch. Im Vertrag sollten maximal sechs Monate vereinbart sein.