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Wer braucht ein Recht auf Homeoffice?

Brauchen wir wirklich eine weitere Regulierung für Homeoffice? Die Bundesregierung wäre gut beraten, nicht gleich neue Stresstests für die Wirtschaft zu entwickeln. Fünf Gründe, die gegen ein Homeoffice-Recht sprechen.

 Foto: dpa
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Die Sozialdemokraten strengen sich auch im laufenden Jahr sehr an, um den Menschen Gutes zu tun: Grundrente, erhöhtes Kurzarbeitergeld und nun soll es ein Recht auf Homeoffice geben. In den Umfragen zahlt sich dieser Aktionismus nicht aus; die Christdemokraten gewinnen, die SPD stagniert. Vielleicht sollte sich die SPD-Spitze einmal fragen, warum das so ist.

Das Recht auf Homeoffice bietet idealen Anschauungsunterricht für das Verständnis für diese Kluft zwischen der Nutzung des Füllhorns und ihrer öffentlichen Wertschätzung. Inzwischen haben ja die meisten Menschen Erfahrungen mit der Arbeit von zu Hause aus sammeln können oder – in vielen Fällen – müssen.

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Die Republik ist seit mehr als sechs Wochen im Homeoffice eingesperrt und muss Arbeit, Erziehung der Kinder, Freizeit, Entspannung weitgehend in den eigenen vier Wänden unter einen Hut bringen. Die Erfahrungen sind vermutlich gemischt; es gibt aber unter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern offenbar mehr Zustimmung als Ablehnung. Reicht das schon aus, gleich einen Rechtsanspruch zum Homeoffice zu schaffen?

Erstens hat sich der Wunsch nach Homeoffice vermutlich sowohl bei Arbeitnehmern als auch auf der Arbeitgeberseite verändert. Nach einer Studie des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation ist der Wunsch nach der Nutzung des Homeoffice bei Arbeitnehmern generell auch für die Zeit nach der Krise gestiegen. Über eine mögliche Veränderung der Haltung von Arbeitgebern ist nichts bekannt, wahrscheinlich ist jedoch, dass auch bei ihnen ein Umdenken stattfindet. Dann könnten sich die Vorstellungen der Arbeitgeber mit den denen der Arbeitnehmer weitgehend decken. Dort, wo der Erfolg der Tätigkeit nicht auf Zusammenarbeit im engeren Sinne beruht, ist es für beide Seiten gelegentlich angenehmer, dass dezentral gearbeitet wird, zum Beispiel in der Software-Herstellung, der Rechtspflege oder der sozial- und geisteswissenschaftlichen Forschung. Wenn es ohnehin Konsens zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten gibt, braucht es ein Recht auf Homeoffice nicht; es würde dann aber auch nicht schaden.

Dieser Konsens ist jedoch zweitens nicht immer gegeben. Dann wird das Recht auf Homeoffice teuer für diejenigen Unternehmen, die ihre Abläufe dann ändern und dadurch höhere Kosten tragen müssten. Die Arbeitgeberverbände haben bereits kritisch reagiert und anstelle eines neuen Rechtsanspruchs ein Belastungsmoratorium für die Wirtschaft gefordert. In der Tat ist es befremdlich, dass der Bundesarbeitsminister mitten in der schwersten Krise der letzten 75 Jahre neue Belastungen für die schwer gebeutelten Unternehmen vorschlägt, und das ohne zu wissen, wie viele Unternehmen die Krise eigentlich überleben werden.

Drittens würde ein solcher Rechtsanspruch wieder besonders teuer für kleine und mittlere Unternehmen. Großunternehmen haben mehr Spielraum für organisatorische Änderungen. Die Bundesregierung hat ohnehin eine gewisse Schwäche für Großunternehmen und vernachlässigt den Mittelstand, regelmäßig, so auch in dieser Krise, wie der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium gerade festgestellt hat. Sie sollte auf diesem Weg nicht noch weiter voranschreiten.

Viertens ist das Recht auf Homeoffice eng mit der digitalen Infrastruktur verknüpft. Solange es noch breite Landstriche gibt, in denen das Mobiltelefon dem Reisenden die Nachricht „kein Netz“ anzeigt, ist es verwegen, Betriebsabläufe dadurch zu gefährden, dass der Zugang zum Internet nicht auf dem neuesten Stand ist. Nun könnte man auf die Idee kommen, gleich noch ein Recht auf schnellstmögliches Internet zu verlangen. Betrachtet man die bürokratischen Abläufe und den technologischen Stand in diesem Land, scheint dies utopisch zu sein.

Der Minister hat dies natürlich erkannt und will ein Gesetz vorlegen, nach dem Folgendes gelten soll: „Jeder, der möchte und bei dem es der Arbeitsplatz zulässt, soll im Homeoffice arbeiten können - auch wenn die Coronapandemie wieder vorbei ist.“ Das entschärft die Vorgabe, da zunächst das Unternehmen entscheiden kann, was der Arbeitsplatz zulässt. Dennoch dürfte die Regelung eine Klagewelle hervorrufen und damit die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt weiter erschweren und die Lohnnebenkosten weiter erhöhen – keine gute Idee nach einer schweren Krise.

Dies führt zum fünften Gegenargument. Ein weiterer Rechtsanspruch, der nur gegen Widerstand einzulösen ist, würde die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten zumindest der Tendenz nach eher verschlechtern, denn er sät Misstrauen und schafft wie gesagt Anlass zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Um den durch die Krise deutlich verschärften Strukturwandel zu meistern, brauchen die Unternehmen aber gerade Vertrauen und interne Stabilität; damit sie sich auf die wesentlichen Aufgaben konzentrieren können.

Vor diesem Hintergrund wäre die Bundesregierung gut beraten, nicht wieder neue Stresstests für die Wirtschaft zu entwickeln, sondern den Unternehmen und Beschäftigen das Leben so einfach wie möglich zu machen; es gibt durchaus Signale, dass das Konzept des Homeoffice in Zukunft stärker genutzt wird als vor der Krise. Das Gebot der Stunde ist aber nicht mehr und immer teurere Regulierung, sondern Flexibilität und Dynamik. Man kann darauf vertrauen, dass Unternehmen und Beschäftigte gemeinsam nach Lösungen suchen, Arbeitsabläufe zu optimieren. Dazu sind bürokratische Hürden untauglich. Sie bringen den Sozialdemokraten noch nicht einmal mehr Zuspruch.


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Von technischen Tücken bis zu der Frage, wie Sie auch aus der Ferne beim Chef punkten: Unser großes Dossier zum Homeoffice in Coronazeiten finden Sie hier als PDF zum Download.