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Das bizarre Werben der Trump-Regierung um Investitionen

Ausländer sind in den USA aller Anti-Immigrations-Rhetorik zum Trotz willkommen – sofern sie kräftig investieren und Jobs schaffen. Was die Trump-Regierung im Gegenzug bietet, bleibt weitestgehend unklar.

Für Haribo hat der US-Handelsminister Wilbur Ross ein Extralob übrig. Nicht, weil ihm die Gummibärchen des deutschen Süßwarenherstellers so gut schmecken, sondern weil das deutsche Familienunternehmen in Wisconsin, im Mittleren Westen der USA, investiert. Haribo baut für 242 Millionen US-Dollar seine erst Fabrik in den USA, um Lakritzschnecken, Weingummi-Schlümpfe und Goldbären künftig nicht mehr aus Deutschland und der Türkei importieren zu müssen, sondern vor Ort produzieren zu können. 400 Jobs sollen ab 2020 entstehen. „Das ist unglaublich“, findet Ross und wirbt um Nachahmer. „Es gibt keine bessere Zeit als jetzt, um in den USA zu investieren.“

Über 2800 Unternehmer, Volksvertreter und Ökonomen aus dem In- und Ausland sind am Montag und Dienstag zum „SelectUSA Investment Summit“, nach Maryland, vor den Toren der Hauptstadt Washington gekommen. Während Letztere für den Standort USA werben, hören sich die Investitionswilligen an, was die US-Regierung ihnen anzubieten hat. Die Zweifel sind allgegenwärtig – trotz der schönen Worte des Handelsministers zum Auftakt der Veranstaltung. Kein Wunder: Auf der einen Seite wettert die Regierung gegen Ausländer, will die Bestimmungen für Arbeits-Visa erschweren und droht mit der Aufkündigung von Freihandelsverträgen und dem Ende der Mitgliedschaft in der Handelsorganisation WTO. Auf der anderen Seite betont die Trump-Mannschaft, für Unternehmen die bestmöglichen Bedingungen schaffen zu wollen. Ein Widerspruch, den fast alle Gipfel-Teilnehmer sehen – außer der Trump-Regierung.

So lobt Wilbur Ross seinen Chef, US-Präsident Donald Trump, dafür, „eine Atmosphäre geschaffen zu haben, in der Deals möglich sind“. Die Entwicklungen von Aktienmärkten und Arbeitslosenzahlen seien keine Überraschung, sondern eng mit dem Mann im Weißen Haus verbunden. Das darf getrost bezweifelt werden, hatte Trump-Vorgänger Barack Obama die Wirtschaft doch in sehr gutem Zustand übergeben. Doch Ross gibt sich unbeirrt und läutet die Ära „der wirtschaftlichen Auferstehung“ ein. Energieminister Rick Perry preist, wie weit sein Heimatstaat Texas oder auch das ländliche Iowa beim Thema Windenergie sei und wirbt um Branchengröße aus dem Ausland. Dass seine Regierung das Pariser Klimaabkommen – gegen den Rat von Perry – aufgekündigt hat, erwähnt der ehemalige Gouverneur von Texas mit keinem Wort.

Die anwesenden Deutschen – etwa BMW – machen gute Laune zum bizarren Spiel der Trump-Regierung. US-Chef Ludwig Willisch betont die Bedeutung des deutschen Autobauers für die Vereinigten Staaten. Das Werk in Spartanburg, South Carolina, sei das größte weltweit. Sieben von zehn der dort produzierten Autos würden ins Ausland verkauft. Und: Dank BMW hätten sich viele Zulieferer unweit des Werks angesiedelt. „Wenn Sie Greenville, die nächstgrößere Stadt zu unserem Werk in Spartanburg, letztmals in den 1990er-Jahren gesehen haben: Sie würden es heute nicht wiedererkennen.“ BMW proklamiert für sich, 70.000 Jobs in den USA zu ermöglichen. Im Gegenzug erwarte das Unternehmen eine gute Infrastruktur und politische Stabilität. An erster mangelt es in den USA – und dank Trump sind nun plötzlich auch jahrzehntelange Gewissheiten (Freihandel, Bündnistreue, Gewaltenteilung) auf dem Prüfstand.

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Die Möglichkeit, erfolgreich zu sein

Die Infrastruktur will die US-Regierung zwar verbessern. Das Billionenpaket zur Erneuerung von Straßen, Häfen und Brücken soll aber größtenteils mit privaten Mitteln gestemmt werden. Experten zweifeln, dass Investoren übermäßiges Interesse daran haben. „Wir werden den Unternehmen und US-Arbeitskräften die Möglichkeiten geben, erfolgreich zu sein“, flüchtet sich Ross in Allgemeinplätze.

Das Thema Freihandel wirbt lange Zeit komplett ignoriert. Es bedarf drei Anläufe, bis sich Willisch dazu durchdringt, zu betonen, „dass freier Marktzugang für uns essentiell ist“. Das gelte sowohl für den Export von Produkten – aber auch von den Import von Materialien in die USA zur Weiterverarbeitung. Moderator Jay Timmons, Chef des Interessenverbands der produzierenden Unternehmen in den USA (National Association of Manufacturers), nickt verständnisvoll – und bittet dann um ein Schlusswort, warum es sich so sehr lohne, in den USA zu investieren.

Die Quintessenz hatte er zuvor schon eingebaut: 93 Prozent aller Mitglieder seines Branchenverbands äußerten sich positiv über ihre Geschäftsaussichten. Vor allem aber: „Es ist immer ein guter Zeitpunkt, in den USA zu investieren. Aber jetzt ist ein herausragender Zeitpunkt.“ Warum genau, das bleibt auch nach stundenlangen Diskussionen unklar.

KONTEXT

Konfliktfelder der US-Regierung mit Deutschland

Außen- und Sicherheitspolitik: NATO

Die neue US-Regierung hat frühere Äußerungen von Trump, dass die Nato "obsolet" sei, mittlerweile korrigiert. Die neue Konfliktlinie verläuft entlang der Selbstverpflichtung der Nato-Staaten, bis 2024 zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Sicherheit auszugeben. Die USA geben wesentlich mehr aus, Deutschland sehr viel weniger. Trump wird Merkel drängen, die Ausgaben schneller anzuheben als sie versprochen hat.

Russland & Ukraine

Die Sorge über eine zu starke Hinwendung Trumps zu Russlands Präsident Wladimir Putin sind verflogen. Dennoch besteht große Unsicherheit über den amerikanischen Russland-Kurs, der sich auf viele Konflikte von Syrien bis zur Ukraine auswirken kann.

Libyen & Syrien & Irak & Afghanistan

Während Trump vor allem den Anti-Terrorkampf gegen Islamisten betont, geht es Deutschland stärker um die Stabilisierung von Ländern - auch mit Blick auf künftige Flüchtlingsbewegungen. Die US-Regierung hat sich zum Engagement in Afghanistan bekannt, was Merkel lobte. Was Trump in Libyen und Syrien genau will, ist bisher unbekannt.

Europäische Union: Brexit

Ein zentraler Streitpunkt könnte der Umgang mit dem aus der EU ausscheidenden Großbritannien werden. Trump hat den Brexit als Vorbild auch für andere EU-Staaten bezeichnet. Merkel betont die Einheit der EU - auch in Handelsfragen.

Spaltung

Führende Vertreter der Trump-Regierung haben angekündigt, auch wirtschaftliche Probleme mit EU-Staaten bilateral klären zu wollen - ungeachtet möglicher EU-Zuständigkeit. Die Bundesregierung lehnt dies ab.

Leistungsüberschuss

Dies betrifft etwa den deutschen Leistungsbilanzüberschuss. Der Vorwurf der US-Regierung lautet, dass Deutschland etwa den niedrigen Euro-Kurs ausnutzt und dadurch mehr Waren in den USA absetzen kann als die USA etwa in Deutschland. Die Bundesregierung verweist dagegen auf die Zuständigkeit der EU (Handel) und der EZB (Währung).

Wirtschaft: Strafsteuer

In Washington wird die Einführung einer Grenzausgleichssteuer ("Border Adjustment Tax", BAT) zur Gegenfinanzierung der von Trump angekündigten Steuersenkungen diskutiert. Für die Exportnation Deutschland wäre das ein schwerer Schlag, weil es deutsche Produkte in den USA verteuern würde. Merkel hat bereits angedeutet, dass die EU entsprechend reagieren werde.

Freihandel

Trump hat sich bisher generell für protektionistische Ideen stark gemacht und selbst das nordamerikanische Nafta-Abkommen infrage gestellt. Ob er wie sein Vorgänger Barack Obama das angestrebte und von der Kanzlerin befürwortete Wirtschaftsabkommen TTIP mit der EU unterstützen wird, gilt als unsicher.

Internationale Zusammenarbeit: Klima

Trump hat sich mehrfach kritisch zu internationalen Vereinbarungen wie etwa zum Klimaschutz geäußert. Noch immer ist unsicher, ob die USA ihre Verpflichtungen etwa aus dem Pariser Klimaabkommen umsetzen werden.

UN

Trump hat sich generell sehr skeptisch zur multilateralen Zusammenarbeit geäußert. Aus seiner Regierung kamen bereits Drohungen, die Zahlungen an die UN zu kürzen, die ihren Hauptsitz in New York hat. Auch humanitäre UN-Programme sollen gekürzt werden. Merkel plädiert dagegen für eine viel stärkere internationale Zusammenarbeit in einer Vielzahl von Politikfeldern.

Flüchtlinge

Trump hat Merkels Flüchtlingspolitik auch nach seiner Wahl noch scharf kritisiert und will selbst eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen. Merkel wiederum hat Abschottungspläne der USA mehrfach entschieden kritisiert.