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Bilanzregeln, Frauenquote, Firmensanktionen: Das plant das Justizministerium noch

Das Justizministerium hat in dieser Legislaturperiode schon zahlreiche Gesetze und Verordnungen – 78 an der Zahl – abgeschlossen. Bis zur Bundestagswahl stehen weitere Großprojekte an.

Weil in der Coronakrise Hauptversammlungen mit physischer Präsenz der Aktionäre verboten sind, dürfen nun virtuelle Hauptversammlungen abgehalten werden. So soll die Handlungsfähigkeit bei Beschlussfassungen in Unternehmen, Vereinen und Stiftungen sichergestellt werden. Gerade erst sind die Regelungen bis Ende 2021 verlängert worden. Es war das Vorhaben Nummer 78, das das Bundesjustizministerium bislang in dieser Legislaturperiode erledigte.

Denn so sieht rund ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl die Bilanz des Verfassungsressorts aus: In der Amtszeit von Ministerin Katarina Barley wurden 27 nationale Vorhaben – also Gesetze und Verordnungen – abgeschlossen und 51 in der seit dem 27. Juni 2019 laufenden Amtszeit von Ministerin Christine Lambrecht (beide SPD).

Das zeigt eine Aufstellung des Bundesjustizministeriums, die dem Handelsblatt vorliegt. Abgeschlossen heißt: im Bundesgesetzblatt verkündet. Viele der Regelungen sind auch bereits in Kraft getreten.

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Justizministerin Lambrecht spricht von einem „echten Gestaltungsressort“: Für die wehrhafte Demokratie, den konsequenten Schutz vor Hetze und Gewalt, die Bewältigung der Coronakrise und einen modernen Rechtsstaat sei viel erreicht worden.

Laut der Aufstellung finden sich unter den abgeschlossenen Vorhaben etwa das „Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens“, das „Gesetz zur Verlängerung und Verschärfung der Mietpreisbremse“, das „Gesetz zur Verteilung der Maklerkosten“, das „Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie der EU“ oder das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“.

Wirecard-Skandal und Frauenquote für Vorstände

„Und gleichzeitig bleibt viel zu tun, und es gibt einige wichtige Vorhaben, die wir noch zum Abschluss bringen müssen“, sagte Bundesjustizministerin Lambrecht dem Handelsblatt. „Wir wollen Unternehmensverantwortung und den fairen Wettbewerb stärken und ziehen deutliche Konsequenzen aus dem Wirecard-Skandal.“

Tatsächlich hat Lambrecht gerade mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) einen gemeinsamen Entwurf für ein „Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität“ vorgelegt. Der Fall Wirecard habe gezeigt, dass insbesondere die Bilanzkontrolle gestärkt und die Abschlussprüfung weiter reguliert werden müssen, um die Richtigkeit der Rechnungslegungsunterlagen von Unternehmen sicherzustellen, heißt es dazu.

Auch bei den Aufsichtsstrukturen und den Befugnissen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) bestehe Verbesserungsbedarf. Denn Manipulationen der Bilanzen von Kapitalmarktunternehmen erschütterten das Vertrauen in den deutschen Finanzmarkt und fügten ihm schweren Schaden zu.

Das ebenfalls von Lambrecht angesprochene „Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“ ist zwar vom Kabinett beschlossen worden, hängt nun aber im parlamentarischen Verfahren. Aus den Ländern und der Wirtschaft kommt massiver Widerstand gegen das Vorhaben, das unter dem Stichwort Unternehmenssanktionen bekannt geworden ist und schon im August 2019 als Entwurf für ein „Gesetz zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität“ gestartet war. Demnach sollen Staatsanwaltschaften künftig zwingend gegen eine Firma ermitteln müssen, wenn es einen Verdacht gibt, dass aus dem Unternehmen heraus Straftaten wie Betrug, Korruption oder Umweltdelikte begangen wurden. Es drohen dann drastische Bußgelder.

Festgefahren scheint auch der gemeinsame Referentenentwurf mit Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) für ein „Zweites Führungspositionengesetz“. Nach den Plänen der Ministerinnen soll die bereits geltende Frauenquote für Aufsichtsräte ausgeweitet werden. Wer bei der flexiblen Quote die Zielgröße null für Frauen in Führungspositionen meldet und das nicht stichhaltig begründet, dem sollen künftig Bußgelder drohen.

Beim Koalitionspartner hochumstritten ist allerdings die Passage im Entwurf, die eine Frauenquote für Vorstände vorsieht: Besteht das Gremium bei börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen aus mindestens vier Personen, würde bei Neubesetzungen mindestens eine Frau benannt werden müssen.

„Wir wollen endlich eine angemessene Beteiligung von Frauen in Unternehmensvorständen“, sagte Lambrecht dem Handelsblatt. Das dürfe im 21. Jahrhundert „überhaupt keine Frage“ mehr sein. „Dafür, dass auch diese Vorhaben ins Gesetzblatt kommen, werde ich mich weiter mit voller Kraft einsetzen“, bekräftigte Lambrecht. Sie kündigte außerdem an, auch für Verbraucher und Mieter für faire Bedingungen zu sorgen und sie „vor Abzocke oder Verdrängung“ schützen zu wollen.

Schutz der Verbraucher vor Knebelverträgen

Ein Vorhaben, das Lambrecht schon vor über einem Jahr angekündigt hat, bislang aber nicht umsetzen konnte, ist ein besserer Schutz der Verbraucher vor Knebelverträgen. Der Anfang des Jahres von ihrem Ministerium vorgelegte Entwurf zum „Gesetz für faire Verbraucherverträge“ sieht vor, die Laufzeit von Verträgen etwa für Handys, Fitnessstudios oder Zeitungsabos auf ein Jahr zu begrenzen. Außerdem sollen sich Verträge nicht mehr automatisch um ein Jahr verlängern dürfen, sondern nur noch um drei Monate.

Allerdings steckt der Entwurf seit Monaten in der regierungsinternen Ressortabstimmung fest. Das Bundeswirtschaftsministerium will dem Vernehmen nach kürzere Vertragslaufzeiten nicht mittragen. Somit ist unsicher, ob das Gesetz rechtzeitig kommt, damit es noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden kann.

Viel Zeit bleibt der Regierung nicht mehr, schließlich dauert es seine Zeit, bis ein Entwurf alle nötigen Gremien durchlaufen hat. Zwar sind im Notfall immer Eilverfahren und Sondersitzungen möglich. Ganz regulär können aber nur noch bis etwa Ostern Gesetze auf den Weg gebracht werden.

Andernfalls dürften die Vorhaben am Ende der Legislatur der „Diskontinuität“ anheimfallen. Das bedeutet: Alle Gesetzesvorlagen, die der Bundestag bis dahin nicht abschließt, müssen nach der Bundestagswahl neu ins Parlament eingebracht und verhandelt werden.