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Bienen-Vermittlung per App: Brasilianisches Start-up hilft Farmern und Imkern

Die Gründer von Agrobee bringen die Bienenzüchter mit den Kaffeebauern in Brasilien zusammen. Auch Investoren sind bei der Plattform schon eingestiegen.

Der Einsatz zur Bestäubung erhöht die Wertschöpfung auf den Kaffeeplantagen. Foto: dpa
Der Einsatz zur Bestäubung erhöht die Wertschöpfung auf den Kaffeeplantagen. Foto: dpa

Mit Bienen oder Honig hatte der Informatiker Guilherme Sousa bis vor drei Jahren nichts zu tun. Der 35-jährige Brasilianer beriet Banken bei der Digitalisierung. Doch dann traf er den deutschstämmigen Ökonomen Carlos Rehder und die Biologin Andresa Berretta. Zusammen wollten sie eine digitale Plattform entwickeln, die Bienenzüchter an Landwirte vermittelt. Sousa war für die App zuständig.

Inzwischen ist Agrobee eines der erfolgreichsten Agro-Start-ups Brasiliens. Beim renommierten The World Science Summit 2020 in Berlin war die Firma unter den Finalisten, was eine Seltenheit für ein südamerikanisches Agrotech-Unternehmen ist. Gerade ist eine Investorengruppe aus der Landwirtschaftsregion Uberlândia eingestiegen. Über die Höhe der Investition wurde nichts bekannt.

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Die Idee dahinter: Viele Kulturen wie Äpfel, Erdnüsse oder Melonen müssen künstlich oder durch Bienen bestäubt werden. Auch bei Selbstbestäubern wie Kaffee, Soja oder Orangen lassen sich durch Bieneneinsatz Menge und Qualität steigern.

Am Smithsonian Tropical Research Institute in Panama hatte man festgestellt, dass Kaffeekirschen größer und aromatischer werden, wenn sie von afrikanischen Honigbienen befruchtet werden. Die Forscher vermuteten, dass die Ausbreitung der Bienensorte in Lateinamerika für die Zunahme der Kaffeeerträge in Brasilien gesorgt hat.

Dort waren in den 1950er-Jahren zwei Dutzend importierte afrikanische Bienen aus einem Labor entwischt. Die neuen europäisch-afrikanischen Hybridstämme breiteten sich schnell bis in den Süden der USA aus.

Die Agrobee-Gründer wählten die Kaffeebranche auch aus einem anderen Grund: Denn bei deren Kunden wachsen die Ansprüche hinsichtlich sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit. Das gilt vor allem für die brasilianischen Spitzen-Kaffee-Produzenten, die Preisaufschläge von bis zu 300 Prozent von den ausländischen Abnehmern für ihre Arabica-Sorten erhalten. Dort sind Umweltsiegel Standard.

Durch die Bienenbestäubung können sie nun auf der gleichen Fläche und mit dem gleichen Wasserverbrauch bis zu 20 Prozent mehr ernten. Auch die Bienenzüchter profitieren bei der Vermittlung: Sie bekommen für jeden Bienenkorb, den sie für einige Wochen in ihren Plantagen aufstellen, rund 20 Euro.

Honig und Propolis – ein Bienenharz, das gegen Viren und Bakterien wirkt – gehören den Imkern. „Die Wertschöpfung in den Anbauregionen erhöht sich“, sagt Sousa. „Davon profitieren alle.“

Agrobee testete 2019 erstmals den Bieneneinsatz: auf Farmen mit 50 bis 200 Hektar bis zu Plantagen, die für Nespresso liefern, die Kaffeetochter von Nestlé. Die Ergebnisse waren ermutigend: Marisa Contreras, die im Bergland von Minas Gerais auf hundert Hektar Spezialkaffee anbaut, lobt die aromatischeren und größeren Bohnen – und den Marketing-Effekt: „Mein Kunden verlangen jetzt den Bienen-Kaffee“, sagt sie.

Agrobee hat ein Siegel entwickelt, das den Bieneneinsatz attestiert. Die Miete von rund hundert Euro pro Hektar hat sich für Contreras gelohnt. Durch den Bieneneinsatz hat sie 1200 Euro pro Hektar mehr verdient.

Kräftiger Honig aus Kaffeeplantagen

Agrobee setzt Künstliche Intelligenz ein: Farmer laden Fotos erntereifer Plantagen auf die App, die dann ausrechnet, wie viele Bienen in der nächsten Blüte zum Einsatz kommen. Imker posten Fotos ihrer Bienen, um einschätzen zu können, welche Flächen diese bearbeiten können.

Die Software wird Agrobee künftig auch kommerziell anbieten. Bisher arbeiten neben den drei Gründern noch drei Mitarbeiter für IT und Webdesgin bei Agrobee. Im vergangenen Jahr betrug der Umsatz umgerechnet 60.000 Euro. In fünf Jahren will das Unternehmen acht Millionen Euro erlösen.

Dafür wollen die Agrobee-Gründer die Bienenvölker künftig ganzjährig einsetzen. Nach Kaffee sind Orangen dran, dann Soja, später Eukalyptus und Sonnenblumen – bevor der Bestäubungszyklus wieder von vorn beginnt.

Agrobee schult auch die Imker. So wie Willian Apolinario Barbosa. Mit seinen 1000 Völkern zählt er zu den größeren Züchtern bei Agrobee, im Schnitt besitzen die Imker dort rund 50 Völker. Der Jurist hat seinen Rechtsanwaltsberuf an den Nagel gehängt. Er ist jetzt Imker aus Überzeugung.

Zum Gespräch übers Internet erscheint der 35-Jährige in seiner bienengerechten Uniform: schwarzes Jackett und gelbes Hemd. Er produziert 300 Kilogramm Propolis im Monat. Aber jetzt will er auch Honig in den Kaffeeplantagen herstellen. Der sei kräftiger, er könne einen höheren Preis verlangen. Mit der Vermietung seiner Völker verdient er doppelt so viel wie zuvor. Wie Agrobee hat er ehrgeizige Pläne: In fünf Jahren will er über ein Reich von 5000 Bienenvölkern herrschen.