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Nach BGH-Urteil: So können Sparer Zinsnachzahlungen bekommen

Karlsruhe/Leipzig (dpa/tmn) - Wer einen alten Prämiensparvertrag hat, sollte jetzt in dessen Bedingungen schauen. Denn laut einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) sind Klauseln zur Zinsanpassung in manchen Langzeitsparverträgen unzulässig (Az. XI ZR 234/20).

Sparerinnen und Sparer mit alten Prämiensparverträgen, die wegen dieser weit verbreiteten Klausel zu wenig Zinsen erhalten haben, können auf Nachzahlung hoffen - müssen dafür aber jetzt aktiv werden.

«Wer sich bereits einem Musterverfahren angeschlossen hat, ist auf der sicheren Seite», sagt Michael Hummel, Justiziar der Verbraucherzentrale Sachsen. Diese Ansprüche sind bis zur endgültigen juristischen Klärung gesichert. «Wer bisher nichts unternommen hat, sollte seine Ansprüche möglichst bald prüfen», rät Hummel.

Verjährung droht

Der Grund: In vielen Fällen droht eine Verjährung. Besonders Verträge, die im Jahr 2018 gekündigt worden sind, sollten jetzt überprüft werden. «Denn im Januar 2022 sind die Ansprüche verjährt.» Bei laufenden Verträgen oder bei Verträgen, die erst später gekündigt worden sind, sei der Handlungsdruck nicht ganz so groß.

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Geprüft werden sollte zum einen, ob die im Vertrag verwendete Klausel ebenfalls rechtswidrig ist. «Es gab sehr viele Vertragsvarianten», erklärt Hummel. Zum anderen müsse geklärt werden, wer die Ansprüche überhaupt geltend machen kann. «Oft wurden die Verträge ja auf Kinder oder Enkel übertragen.» Geprüft werden müsse auch die Höhe des Anspruchs. In den Fällen in Sachsen besteht laut Hummel ein Anspruch von durchschnittlich 3600 Euro, es kann aber durchaus auch mehr sein.

Verfahren nicht abgeschlossen

Wichtig zu wissen: «Ein Feststellungsurteil über eine Musterfeststellungsklage klärt nur Grundsatzfragen, liefert dem Bankkunden aber keinen Vollstreckungstitel», erklärt der Rechtsanwalt Marko Martschewski. «Eine gewonnene Musterfeststellungsklage bedeutet oft nur den ersten Schritt, um als geprellter Bankkunde zu seinem Recht zu kommen.» Die Neuberechnung der Sparverträge könne oft nur durch individuelle Verfahren durchgesetzt werden.

Zudem ist eine wichtige Frage noch nicht geklärt: Laut BGH muss der genauen Berechnung der Ansprüche zwar ein Referenzzinssatz der Bundesbank für langfristige Spareinlagen zugrundegelegt werden. Welcher Zinssatz dafür am besten geeignet ist, muss nun allerdings noch am Oberlandesgericht Dresden mit Hilfe eines Sachverständigen geklärt werden. Mindestens ein weiteres Jahr wird nach Schätzungen der sächsischen Verbraucherschützer bis zur Klärung ins Land gehen.

Die beklagte Sparkasse Leipzig erklärte bereits, das BGH-Urteil schaffe ein Stück Rechtssicherheit, es führe «allerdings noch nicht zu einer abschließenden Klärung möglicher Ansprüche von Verbrauchern und demzufolge auch nicht zu Zahlungsansprüchen im Einzelfall.»

Verträge lange Zeit weit verbreitet

Es geht um langfristige Sparverträge, die in den 1990er und 2000er Jahren im ganzen Bundesgebiet abgeschlossen wurden. Bei den Sparkassen hießen die Verträge oft «Prämiensparen flexibel», die Volksbanken nannten diese Verträge oft «Bonus-» oder «Zielsparplan».

Das Prinzip der Produkte ist meist ähnlich: Der Zins setzt sich aus einem variablen Grundzins und einer vereinbarten Prämie zusammen. Diese Prämie steigt, je länger der Vertrag besteht, damit die Kunden möglichst lange dabei bleiben. Die variablen Sparzinsen sollten der allgemeinen Zinsentwicklung angepasst werden. Allerdings sind die Zinsanpassungsklauseln, auf die sich die Banken und Sparkassen dabei berufen, in fast allen Verträgen rechtswidrig.

Wer einen Vertrag mit intransparenter Zinsanpassungsklausel hat, kann von seinem Geldinstitut auch selbst eine Nachberechnung der Zinsen verlangen. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zum Beispiel stellt dazu einen Musterbrief bereit, auch die Stiftung Warentest bietet im Internet eine Formulierungshilfe an. Dort finden Sparerinnen und Sparer zudem eine Übersicht von Rechtsanwälten, die mit dem Fachgebiet vertraut sind.

Die Bürgerbewegung Finanzwende forderte die Institute auf, nun von sich aus auf alle betroffenen Kunden zuzugehen: «Es wäre unangemessen, um nicht zu sagen verwerflich, weiter auf die Trägheit der Kundschaft zu setzen», teilte die gemeinnützige Gesellschaft mit.