Bayerns Sparkassen-Präsident Reuter gegen höhere Mindestreserve
(Bloomberg) -- Nach der heftigen Kritik der deutschen Privatbanken an einer möglichen Erhöhung der Mindestreserve gibt es auch aus dem Lager der hiesigen Sparkassen eine klare Absage.
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„Ich bin dagegen, dass die europäischen Banken eine höhere Mindestreserve halten müssen”, sagte der bayerische Sparkassen-Präsident Ulrich Reuter, der in Kürze die Führung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes übernehmen wird, gegenüber Bloomberg News. „Entsprechende Gedankenspiele haben mich schon überrascht. Ich finde das befremdlich.“
Geschäftsbanken müssen bislang Einlagen bei der Europäischen Zentralbank vorhalten, die 1% gewisser Verbindlichkeiten entsprechen — hauptsächlich Kundeneinlagen. Zinsen gibt es dafür nicht. Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann hatte unlängst eine Erhöhung dieses Mindestreservesatzes auf bis zu 10% ins Spiel gebracht, auch um Verlusten der EZB vorzubeugen.
Er habe bisher noch keinerlei Argumente gesehen, denen zufolge eine höhere Mindestreserve die Finanzstabilität in Europa verbessern würde, sagte Reuter. Zudem befürchtet er Standortnachteile.
„Eine höhere Mindestreserve wäre eine Sonderbelastung für die europäischen Banken. Das würde sie gegenüber US-amerikanischen Banken zusätzlich benachteiligen”, sagte Reuter weiter. Eine höhere Mindestreserve ist seiner Meinung nach “schlichtweg unnötig.“
Ähnlich hatte sich bereits der Bundesverband deutscher Banken geäußert, dem private Institute wie etwa Deutsche Bank AG und Commerzbank AG angehören. Eine Erhöhung der Mindestreserve werde Banken finanziell belasten und ihre Kreditvergabemöglichkeiten einschränken. “Wir brauchen in Europa einen Rahmen, der Banken mehr Spielraum für die Kreditvergabe lässt”, sagte Verbandspräsident Christian Sewing, der auch Chef der Deutschen Bank ist.
Noch deutlicher in ihrer Ablehnung wurde Commerzbank-Finanzchefin Bettina Orlopp, als sie sich vergangene Woche bei einer Konferenz in Frankfurt zu den Gedankenspielen äußerte. “Es gibt diese verrückte Debatte”, erklärte sie. “Der verrrückteste Vorschlag” sei gewesen, die Mindestreserven von derzeit 1% auf 10% zu erhöhen.
Auch der genossenschaftliche Bankensektor in Deutschland schlägt Alarm und bezeichnet die Diskussion um eine Erhöhung der Pflichteinlage für gefährlich. “Man könnte den Eindruck gewinnen, dass die Notenbanken ihre eigene Gewinn- und Verlustrechnung optimieren zu Lasten der Kreditvergabefähigkeit Banken”, sagte Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR).
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