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Bares für Babys: So will Griechenland den Bevölkerungsschwund stoppen

Griechenlands massiver Bevölkerungsschwund hat drastische Folgen für den Arbeitsmarkt und die Sozialsysteme. Mit einer Babyprämie will der Premier nun gegensteuern.

Eine Geburtenrate von 2,1 Kindern pro Frau braucht ein Land, um seine Bevölkerungszahl zu halten. In Griechenland beträgt die Rate nur 1,26. Foto: dpa
Eine Geburtenrate von 2,1 Kindern pro Frau braucht ein Land, um seine Bevölkerungszahl zu halten. In Griechenland beträgt die Rate nur 1,26. Foto: dpa

Alexandra und Elias bekommen Nachwuchs. „Es wird ein Junge“, berichtet der werdende Vater stolz. Das junge Paar kann die Geburt ihres ersten Kindes kaum erwarten. „In der letzten Dezemberwoche soll es so weit sein“, sagt Alexandra.

Wenn der Sohn erst im neuen Jahr geboren wird, „wäre uns das allerdings noch lieber“, meint Elias. Denn dann gibt es vom griechischen Staat 2000 Euro Zuschuss.

Mit einer Babyprämie will der konservative Premierminister Kyriakos Mitsotakis die Geburtenrate in seinem Land aufbessern. Für jedes ab dem 1. Januar 2020 zur Welt kommende Kind gibt es von der staatlichen Sozialbehörde Opeka gleich nach der Geburt 1500 Euro Zuschuss.

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Weitere 500 Euro werden nach sechs Monaten ausgezahlt. Das sieht ein Gesetzentwurf des griechischen Arbeits- und Sozialministeriums vor, über den das Parlament noch vor der Weihnachtspause abstimmen soll.

Die Regierung verspricht „unbürokratische, schnelle Verfahren“. Anspruch auf die steuerfreie Prämie hat jedes Ehepaar, das nicht mehr als 40.000 Euro im Jahr verdient. Auch alleinstehende Mütter sind berechtigt.

Familien, die bereits Kinder haben, dürfen bis zu 60.000 Euro im Jahr verdienen, ohne den Anspruch auf den Zuschuss zu verlieren. Ausländische Eltern können den Zuschuss beantragen, sofern ein Elternteil mindestens seit zehn Jahren legal in Griechenland lebt.

Daten der OECD zeigen: Griechenland hat in Europa – gemeinsam mit Italien – die ungünstigste demografische Entwicklung. International steht nur Japan noch schlechter da. Seit 2011 schrumpft die griechische Bevölkerung – erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs.

Eine Geburtenrate von 2,1 Kindern pro Frau braucht ein Land, um seine Bevölkerungszahl zu halten. In Griechenland beträgt die Rate nur 1,26.

Bleibt es dabei, wird die Bevölkerung von heute 10,5 Millionen bereits Ende der 2020er Jahre unter die Zehnmillionen-Marke fallen. Bis 2050 könnte sie auf 8,9 Millionen zurückgehen. 2099, so eine Hochrechnung der Webseite World Population Review, wird das Land nur noch 6,6 Millionen Einwohner haben.

Eine Folge der Krise

Der Bevölkerungsschwund hat dramatische Folgen für den Arbeitsmarkt und die Sozialsysteme. Der Anteil der über 65-Jährigen beträgt heute noch ein Fünftel – bis 2050 wird er auf ein Drittel ansteigen.

Nach Berechnungen der Professoren Savvas Robolis und Vassilis Betsis von der Athener Panteios-Universität wird die Zahl der Erwerbstätigen von heute 4,7 Millionen bis 2070 auf rund drei Millionen zurückgehen. Um die Pensionen zu finanzieren, müsste das Rentenalter von derzeit 67 auf 73 Jahre erhöht werden.

Der Bevölkerungsschwund ist auch eine Folge der Krise. Kamen im Vorkrisenjahr 2008 in Griechenland noch 118.302 Kinder zur Welt, waren es 2018 nur noch 86.440. Viele Paare verzichteten in den Krisenjahren wegen Arbeitslosigkeit und finanzieller Not auf Kinder.

Überdies wanderten in den vergangenen zehn Jahren rund 400.000 überwiegend junge Griechinnen und Griechen aus. Sie fehlen dem Land nicht nur als Beitragszahler in der Sozialversicherung, sondern auch als Eltern.

Obwohl sich das Land inzwischen von der Krise erholt und die Wirtschaft seit 2017 wieder wächst, gibt es bisher kein Anzeichen dafür, dass der Geburtenrückgang gestoppt ist. Nach einer Hochrechnung des Forschungsinstituts Ekke wird die Bevölkerungszahl Griechenlands in den kommenden zwölf Jahren um 770.000 Menschen zurückgehen.

„Griechenlands demografisches Problem ist eine reale Gefahr für die ohnehin unsichere wirtschaftliche Entwicklung des Landes“, warnt Zsolt Darvas, Ökonom bei der Denkfabrik Bruegel in Brüssel. Der Internationale Währungsfonds setzt Griechenlands langfristiges wirtschaftliches Wachstumspotenzial wegen der ungünstigen demografischen Entwicklung nur bei jährlich 0,9 Prozent an.

„Wir brauchen einen langen Atem“

Griechenlands Partnern in der EU kann der Bevölkerungsschwund nicht gleichgültig sein. Denn er wirft Probleme für die Schuldentragfähigkeit des Landes auf.

Die Griechen schulden dem Euro-Stabilitätsfonds ESM und seinem Vorgänger EFSF noch Hilfskredite von fast 193 Milliarden Euro. Die Tilgung soll 2023 beginnen. Planmäßig wird sie sich bis 2070 hinziehen. Aber wie soll ein Land, das immer weniger Erwerbstätige hat, diese Schuldenlast abtragen?

Auch Premier Mitsotakis sieht in der Überalterung „eine Hypothek für die Zukunft unseres Landes“ und will nun gegensteuern. Fachleute schätzen, dass in den Jahren 2020 bis 2024 rund 400.000 Familien die neuen Geburtenzuschüsse erhalten werden.

Die Babyprämie ist nur einer von mehreren Schritten, mit denen der Premier den Trend umkehren will. Die Regierung plant höhere Kinderfreibeträge und will massiv in Kindergärten investieren.

Für Babyartikel und Auto-Kindersitze wird ab 1. Januar die Mehrwertsteuer ermäßigt. Familien mit vier und mehr Kindern bekommen außerdem Steuererleichterungen beim Kauf von Autos mit sechs und mehr Sitzen.

Mitsotakis, selbst Vater von drei Kindern, weiß allerdings, dass die Maßnahmen nicht von heute auf morgen wirken. Der Erfolg werde sich erst in einem Jahrzehnt zeigen, sagt der Premier: „Wir brauchen einen langen Atem.“

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