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Banken-Aufseher Raimund Röseler: „Wir haben zu viele Banker“

Fusionen sind für den Banken-Aufseher der Bafin kein Allheilmittel. Auch zur Rolle der Bafin im Wirecard-Skandal positioniert er sich.

Einige deutsche Banken werden die Coronakrise nach Einschätzung der Finanzaufsicht Bafin nicht überleben. „Nicht alle Institute werden willens und in der Lage sein, das Ruder herumzureißen“, sagte der oberste Bafin-Bankenaufseher Raimund Röseler am Dienstag bei einer Finanzkonferenz der „Börsen-Zeitung“ in Frankfurt.

Es gebe Institute, die ihr Geschäftsmodell nicht an die Marktgegebenheiten anpassten, sondern stattdessen „eine gefährliche Überheblichkeit“ an den Tag legten. „Dabei stand bei einigen dieser Institute die Uhr schon vor der Coronakrise auf fünf vor zwölf“, betonte Röseler. „Wie auch bei Menschen gilt hier: Wer Vorerkrankungen hat, hat ein größere Risiko, an Corona zu sterben.“

Der Bankenaufseher forderte die Geldhäuser deshalb auf, ihre Kosten zu senken. Im Vergleich mit anderen Ländern arbeiteten deutsche Banken einfach nicht effizient genug. In Schweden komme ein Bankmitarbeiter auf 250 Einwohner, in Deutschland auf 150 Einwohner, betonte Röseler. „Wir haben nicht unbedingt zu viele Banken, aber wir haben zu viele Banker.“

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Fusionen könnten helfen, um Kosten zu senken, ein Allheilmittel seien sie jedoch auch nicht, sagte Röseler. „Glauben wir wirklich, dass sich die Probleme des deutschen Bankenmarktes lösen würden, wenn wir statt 1400 nur noch 700 oder 500 Banken hätten? Ich glaube nicht.“

In der Branche werden die Rufe nach Zusammenschlüssen dagegen lauter. „Wir fokussieren uns auf die Umsetzung unserer Strategie und wir sind der Überzeugung, dass uns diese Strategie auf Fusionen vorbereitet, wenn die Zeit gekommen ist und sich die richtigen Gelegenheiten ergeben“, sagte Deutsche-Bank-Finanzchef James von Moltke in einer Analystenkonferenz. „Die Konsolidierung wird in Europa an Fahrt aufnehmen.“

Übernahmen im Heimatmarkt seien dagegen nach wie vor schwierig. 2019 waren Fusionsgespräche zwischen der Deutschen Bank und der Commerzbank gescheitert.

Aus Sicht von Credit-Suisse-Chef Thomas Gottstein sind Zusammenschlüsse innerhalb von Landesgrenzen zunehmend schwierig, weil die Aufsichtsbehörde Vorbehalte gegen zu große heimische Banken habe. Doch durch die anhaltend niedrigen Zinsen steige der Druck auf Geldhäuser, über Fusionen nachzudenken. „Prinzipiell machen sie sehr viel Sinn“, sagte Gottstein.

Zuletzt hatten Medienberichte über eine mögliche Fusion von Credit Suisse mit dem Nachbarn UBS für Aufsehen gesorgt. Insidern zufolge hat UBS-Verwaltungsratspräsident Axel Weber in letzter Zeit auch immer wieder Zusammenschlüsse mit anderen Instituten wie der Deutschen Bank durchgespielt. Konkrete Gespräche gebe es aktuell jedoch nicht.

Weitere Belastungen

Aus Sicht von Röseler sind die deutschen Banken bisher recht gut durch die Coronakrise gekommen. Dies sei jedoch maßgeblich auf die staatlichen Hilfsprogramme, die Liquiditätsversorgung durch die Europäische Zentralbank und regulatorische Erleichterungen zurückzuführen. „Es ist dieser Dreiklang, der bisher eine größere wirtschaftliche Katastrophe und schwere Turbulenzen am Bankenmarkt verhindert hat.“

In den kommenden Monaten und Jahren müssen sich die Finanzinstitute jedoch auf steigende Belastungen einstellen. „Änderungen im Insolvenzrecht führen dazu, dass noch nicht alle Unternehmen, die nicht mehr überlebensfähig sind, aus dem Markt ausgeschieden sind“, sagte Röseler.

Zudem hätten die Banken noch nicht alle Kredite, die gestundet seien und nicht mehr gesunden werden, wertberichtigt. „Die scheinbare Gesundheit der Banken, die wir jetzt sehen, kommt auch dadurch, dass wir schlicht auf die Diagnose verzichten“, sagte Röseler. „Wir haben das Fieberthermometer weggelegt.“

Die Finanzinstitute müssten sich deshalb auf eine steigende Zahl von Insolvenzen und Kreditausfällen einstellen – und zwar in mehreren Wellen. Das werde Ergebnisse und Kapitalpuffer belasten. Röseler fordert deshalb, dass Banken ihr Kapital beisammenhalten und keine Dividenden für das Geschäftsjahr 2019 bezahlen. „Wir können Gewinnausschüttungen nicht verbieten – dafür haben wir keine gesetzliche Grundlage und können uns auch keine basteln“, sagte der Bafin-Exekutivdirektor. Aber er rate allen Instituten, auf die Auszahlung von Dividenden zu verzichten.

Wenn eine Bank partout Gewinne ausschütten wolle, müsse sie der Bafin darlegen, dass es eine „nachhaltig positive Ertragsprognose“ gebe, sagte Röseler. Zudem müssten die Kapitalpuffer dick genug sein, um eine länger anhaltende Stressphase zu überstehen. „Wir werden diese Fragen bei jedem Institut stellen, welches plant, Dividenden auszuschütten.“

„Wirecard hängt uns nach“

Die Bafin selbst steht derzeit wegen ihres Vorgehens im Wirecard-Skandal in der Kritik. Statt die Betrügereien aufzudecken, zeigte die Finanzaufsicht Journalisten der britischen Wirtschaftszeitung „Financial Times“ an, die frühzeitig auf Ungereimtheiten bei Wirecard hingewiesen hatten. Demnächst wird das Verhalten der Bafin auch in einem Untersuchungsausschuss noch einmal intensiv beleuchtet.

„Wirecard hängt uns noch nach – natürlich“, sagte Rösler. Der Fall habe auch dazu geführt, dass die Behörde bei den Betrugsvorwürfen des Shortseller Fraser Perring gegen die Leasingfirma Grenke besonders genau hinsehe. „Wir sind jetzt sehr sensibel“, bemerkte Röseler. Anders als bei Wirecard habe die Behörde bei Grenke den Vorteil, dass die Unternehmensgruppe komplett unter der Aufsicht der Bafin stehe. „Wir werden alle aufsichtlichen Instrumente prüfen und gegebenenfalls nutzen“, kündigte Rösler an.

Nach dem Fall Wirecard will die Bafin zudem ihre Herangehensweise bei der Kontrolle von Finanzinstituten überprüfen. „Für manche Banken passt unser Aufsichtsansatz, wie wir ihn heute haben, nicht“, räumte Röseler ein. Die Bafin konzentriere sich bisher stark auf die Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung von Banken. Das sei für traditionelle Kreditbanken sinnvoll. Bei neuen Finanzdienstleistern aus dem Technologiesektor lägen die Risiken aber oft woanders. „Die Wirecard Bank hat immer noch eine Eigenkapitalquote von jenseits der 30 Prozent.“

Darüber hinaus müsse die Bafin darauf reagieren, dass Finanzinstitute inzwischen immer größere Teile des Bankgeschäft an Dritte ausgelagert haben. „Das Risiko ist deshalb aber nicht weg“, betonte Rösler. „Da brauchen wir mehr Zugriff.“ Unter dem Strich benötige die Finanzaufsicht vermutlich auch mehr Ressourcen – quantitativ und qualitativ.

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