Werbung
Deutsche Märkte schließen in 5 Stunden 14 Minuten
  • DAX

    18.047,16
    +129,88 (+0,72%)
     
  • Euro Stoxx 50

    4.970,37
    +31,36 (+0,63%)
     
  • Dow Jones 30

    38.085,80
    -375,12 (-0,98%)
     
  • Gold

    2.361,70
    +19,20 (+0,82%)
     
  • EUR/USD

    1,0737
    +0,0003 (+0,03%)
     
  • Bitcoin EUR

    60.046,44
    +616,78 (+1,04%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.391,32
    -5,22 (-0,37%)
     
  • Öl (Brent)

    83,99
    +0,42 (+0,50%)
     
  • MDAX

    26.278,18
    +235,00 (+0,90%)
     
  • TecDAX

    3.309,02
    +42,26 (+1,29%)
     
  • SDAX

    14.298,18
    +302,41 (+2,16%)
     
  • Nikkei 225

    37.934,76
    +306,28 (+0,81%)
     
  • FTSE 100

    8.113,79
    +34,93 (+0,43%)
     
  • CAC 40

    8.035,69
    +19,04 (+0,24%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.611,76
    -100,99 (-0,64%)
     

Ausländer haben in China bei Unternehmensübernahmen kaum Chancen

Als nach dem Pfingstwochenende die Börse in den Handel startete, standen BMW, Daimler und Volkswagen gleich oben auf der Gewinnerliste im Dax. Binnen weniger Minuten wurden die drei Autobauer um gut sechs Milliarden Euro wertvoller.

Die dafür ursächlichen guten Nachrichten kamen aber nicht aus den Konzernzentralen in München, Stuttgart oder Wolfsburg, sondern aus Peking vom dortigen Finanzministerium. Die Mitteilung: Ab Juli sinken die Zölle für alle nach China exportierten Autos von 25 auf 15 Prozent.

Was als Zeichen der Entspannung in Richtung Amerika gemeint sein mag, um Präsident Donald Trump zum Einlenken im Handelsstreit zu bewegen, ist vor allem ein verspätetes Weihnachtsgeschenk für die deutschen Hersteller – und insofern ein Willkommensgruß für Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Allein BMW und Daimler dürften in diesem Jahr mehr als 100.000 Fahrzeuge in ihren amerikanischen Werken Spartanburg und Tuscaloosa produzieren und von dort aus nach China exportieren. Ab Juli sparen sie viel Geld. Das gilt auch für Volkswagen. Allein mit seinen in Deutschland produzierten und nach China exportierten Porsche-Modellen dürfte VW in diesem Jahr rund 600 Millionen Euro sparen, rechnete Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen vor.

WERBUNG

Deutsche Unternehmen halten sich zurück

Angesichts solcher Abhängigkeiten von Entscheidungen in China verwundert es nicht, dass sich deutsche Unternehmen zurückhalten, wenn es um unfaire Handelspraktiken geht. Eine Ausnahme: der langjährige BASF-Chef Kurt Bock. Er nutzte sein bevorstehendes Ausscheiden von der Vorstandsspitze, um gleiche Regeln für alle Beteiligten im internationalen Chemiegeschäft zu fordern.

Wenn chinesische Staatskonzerne in Europa Unternehmen kaufen, müsse BASF auch entsprechend in China akquirieren dürfen, sagte er auf der Bilanzpressekonferenz. BASF ist nicht irgendwer in Fernost, sondern beschäftigt in Nanjing und an 24 weiteren Standorten 7000 Menschen. Sie erwirtschafteten im vergangenen Jahr elf Prozent des Gesamtumsatzes.

Fakt ist, dass es für deutsche Unternehmen kaum möglich ist, chinesische Firmen zu kaufen. In der Auto- und Chemieindustrie können sich Ausländer nur mithilfe von Gemeinschaftsunternehmen an chinesischen Firmen beteiligen. Einzelfälle bestätigen die Regel: 2015 kaufte der Mittelständler und weltgrößte Pressenhersteller Schuler aus dem baden-württembergischen Göppingen den Maschinenbauer Yadon. 2013 erwarb der Werkzeugmaschinenproduzent Trumpf den Wettbewerber Jiangsu Jinfangyuan.

Umgekehrt kaufen ausländische Konzerne immer mehr deutsche Unternehmen: Allein 2017 waren es 870 Firmen im Wert von 100 Milliarden Euro – fast doppelt so viel wie im Jahr davor. Rund 50 dieser Gebote wurden vom Bundeswirtschaftsministerium geprüft, in jedem dritten Fall ging es um einen Käufer aus China. Abgelehnt wurde seit Einführung der Investitionsprüfung vor 14 Jahren bislang keine Übernahme. Ganz anders die Amerikaner: Sie beurteilen solche Anfragen deutlich kritischer – sogar dann, wenn sie nur indirekt betroffen sind.

So scheiterte ein chinesisches Kaufangebot für den deutschen Chipanlagenbauer Aixtron am Veto des früheren US-Präsidenten Barack Obama, der den Verkauf einer einzelnen US-Niederlassung von Aixtron mit dem Verweis auf Sicherheitsbedenken ablehnte – woran schließlich der gesamte Deal scheiterte.

Dabei gibt es auch in Deutschland genügend Übernahmefälle, die die Gemüter erhitzen, weil zumindest der Verdacht besteht, dass China an dem Deal nur deshalb interessiert ist, um an wertvolles Know-how zu kommen. Als der chinesische Midea-Konzern vor knapp zwei Jahren den Maschinenbauer Kuka erwarb, versprach die Bundesregierung, Übernahmen gemäß bestehender Außenwirtschaftsverordnung genauer zu prüfen und notfalls zu untersagen.

Fokus: Industrie und Hightech

Entsprechenden Bedarf an Prüfungen gibt es reichlich. 2017 kauften sich chinesische Investoren mit gut zwölf Milliarden Euro in der deutschen Industrie ein. So erwarb die Cheung Kong Holding für rund sechs Milliarden Euro den Essener Energiedienstleister Ista, und die Zhengzhou Coal Mining bezahlte 600 Millionen Euro für eine Tochtergesellschaft des Zulieferers Bosch, die Robert Bosch Starter Motors Generators Holding.

Deutschland zählt zu den beliebtesten chinesischen Zielländern. „Das Interesse gerade an deutschen Industrie- und Hightech-Unternehmen ist ungebrochen“, sagt China-Expertin Yi Sun von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY. Wo sich interessante Gelegenheiten ergeben, ständen chinesische Investoren bereit. In ihrer Einkaufspolitik verfolgt die Volksrepublik ehrgeizige Ziele.

Der Masterplan „Made in China 2025“ soll das Land von einer billigen Werkbank zu einem weltweit führenden Hightech-Produzenten und -Entwickler machen. Im Fokus stehen das Internet, die Medizintechnik, die Luft- und Raumfahrt, der Schienenverkehr und erneuerbare Antriebe.

Wie zielorientiert die chinesische Regierung vorgeht, belegte gerade eine umfangreiche Studie der Bertelsmann Stiftung, die 175 chinesische Firmenbeteiligungen ab einem Anteil von zehn Prozent für den Zeitraum 2014 bis 2017 untersucht hat. Demnach vollzogen sich fast zwei Drittel dieser Beteiligungen in den von Peking definierten zehn Schlüsselbranchen.

Was chinesische Firmen also sehr erfolgreich im Ausland praktizieren, ist deutschen Unternehmen nur sehr eingeschränkt möglich. Doch viel Kritik ist dazu von deutschen Unternehmen nicht zu hören. Für sie steht in China viel auf dem Spiel. Im Schnitt erzielen die mehr als drei Millionen deutschen Firmen rund sieben Prozent ihrer Umsätze in China.

Allein die 30 Dax-Konzerne unterhalten dort knapp 700 Tochtergesellschaften und erwirtschafteten nach Handelsblatt-Berechnungen im abgelaufenen Geschäftsjahr gut 15 Prozent ihrer Umsätze dort. Das entspricht knapp 200 Milliarden Euro – so viel wie noch nie. Für Unternehmen wie Volkswagen oder den Sportartikelhersteller Adidas ist China sogar der wichtigste Markt.

Vor allem bei den Autobauern hängt viel von der Volksrepublik ab: Hier setzt VW knapp vier von zehn weltweit verkauften Modellen ab, bei BMW liegt der Anteil bei 24 Prozent, bei Daimler sind es 23 Prozent.

Die meisten deutschen Unternehmen handeln nach dem Motto: Die gute Ausgangsposition verteidigen und ausbauen – und diese nicht leichtfertig mit offener Kritik an chinesischen Handelspraktiken aufs Spiel setzen.