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Arbeitgeber bangen um Werkverträge

Nach Corona-Ausbrüchen auf Schlachthöfen hat der Bund Werkverträge in der Fleischindustrie verboten. Jetzt fürchten Arbeitgeberverbände weitere Einschränkungen.

Die Arbeitgeber fordern bessere Kontrollen statt eines Verbots von Werkverträgen. Foto: dpa
Die Arbeitgeber fordern bessere Kontrollen statt eines Verbots von Werkverträgen. Foto: dpa

Ab Anfang 2021 sollen in der Fleischindustrie nur noch Betriebsangehörige Tiere schlachten und zerteilen dürfen. Die gängige Praxis, die harte Arbeit über Werkverträge an meist osteuropäische Beschäftigte zu vergeben, wird verboten. So hat es die Große Koalition entschieden, nachdem es unter Schlachthofmitarbeitern zu massenhaften Infektionen mit dem Coronavirus gekommen war.

Die Coronakrise zeige einmal mehr die unhaltbaren Zustände in weiten Teilen der Fleischwirtschaft, sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). „Ein Grund dafür liegt in dem missbräuchlichen und systematischen Einsatz von Werkverträgen in dieser Branche, welcher zu undurchschaubaren Geflechten von Subunternehmen führt.“

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Doch im Arbeitgeberlager wächst die Sorge, dass die Fleischbranche nur der Anfang sein könnte für eine weitergehende Regulierung. So hatte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich in einem Interview betont, er wolle „dass der Missbrauch von Leih- und Werkverträgen in allen Bereichen der Wirtschaft verboten wird“.

Missbrauch will auch die Arbeitgebervereinigung BDA unterbinden. Aber: „Das Verbot einzelner Vertragsgestaltungen oder Beschäftigungsinstrumente ist hierfür der falsche und mit Grundrechtspositionen nicht in Übereinstimmung zu bringende Weg“, heißt es in einem Positionspapier, das dem Handelsblatt vorliegt.

Bei einem Werkvertrag verpflichtet sich ein Unternehmer, für einen festgesetzten Preis ein bestimmtes „Werk“ zu erbringen. Wie viele Beschäftigte er dafür einsetzt und wo er sie rekrutiert, bleibt ihm überlassen. Das gilt für den Maler, der eine Wohnung tapezieren soll, wie für den IT-Dienstleister, der eine neue Firmensoftware aufspielt.

Eine Beschränkung von Werkverträgen oder auch der Leiharbeit würde nicht nur tief in bewährte Vertragsinstrumente eingreifen, heißt es in dem BDA-Papier. „Sie würde in vielen Fällen Aufgabenteilung und Spezialisierung in Deutschland unmöglich machen.“ Diese würden aber in der globalisierten und zunehmend digitalisierten Wirtschaftswelt wichtiger.

Nicht die erste Regulierung

Die Sorge der Arbeitgeber rührt auch daher, dass die damalige Bundesregierung schon 2017 strengere Regeln zu Zeitarbeit und Werkverträgen in Kraft gesetzt hatte – auch unter dem Eindruck der Missstände in der Fleischwirtschaft. Die Regelungen sollten verhindern, dass Zeitarbeiter oder über Werkverträge beschäftigte Scheinselbstständige Stammbelegschaften verdrängen.

An den Zuständen in der Fleischindustrie hat sich dadurch wenig geändert. Aus Sicht der BDA gibt es weniger ein Rechtssetzungs- als ein Rechtsdurchsetzungsproblem. Den Missbrauch einer bestimmten Beschäftigungs- und Tätigkeitsform dürfe und müsse der Staat nicht tolerieren, heißt es in dem Papier. „Dabei muss er allerdings die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit beachten.“

Das sieht auch der Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit der Universität Bonn, Gregor Thüsing, so. „Werkverträge zu verbieten stellt einen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit der Unternehmer dar.“ Mildere, zielgerichtetere Mittel seien verfassungsrechtlich und im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit auch europarechtlich vorzuziehen.

Dazu zählen etwa schärfere Kontrollen durch die Aufsichtsbehörden oder höhere Bußgelder bei Verstößen. Beides ist auch in der Fleischindustrie geplant. „Es gilt, an den Arbeits- und Unterkunftsbedingungen der Arbeitnehmer anzusetzen, nicht am Vertragstypus“, betont Thüsing.

Zudem müsse man fragen, warum ein Werkvertragsverbot nur die Fleischbranche treffen soll. Arbeitsbedingungen und Unterkünfte dürften in anderen Branchen nicht besser sein, Sub-Sub-Konstruktionen gebe es auch beim Bau und in der Logistik. Der SPD-Fraktionschef habe ja schon die Ausweitung auf andere Branchen gefordert.

Für die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) sind die Argumente der Arbeitgeber nur Ausflüchte: In der Fleischindustrie würden seit 20 Jahren Werkverträge missbraucht, sagt NGG-Vize Freddy Adjane.

Es sei ein krankes System, wenn bis zu 80 Prozent der Belegschaft aus Kernbereichen der Produktion ausgegliedert seien und die Arbeitgeber sich ihrer Verantwortung für Arbeitsschutz, korrekte Arbeitszeiterfassung und Lohnzahlung entledigen könnten. „Dieses System muss auf gesunde Füße gestellt werden.“