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Der Luftkampf um Europa

Die Kundennamen können sich sehen lassen: Der britische Premierminister David Cameron, Springer-Boss Matthias Döpfner und der neue Chef des umstrittenen Weltverbandes , Gianni Infantino, wurden bereits in einer Maschine der britischen Billigflug-Gesellschaft Easyjet gesichtet. Es sind nicht mehr nur Schnäppchenjäger, sondern auch wichtige Führungskräfte, die so gerne einmal ein Zeichen der Sparsamkeit setzen wollen.

Doch selbst die prominenten Namen können angesichts geringerer Nachfrage nach den Anschlägen in Paris und Brüssel, Flugausfällen in Ägypten sowie Streiks in Frankreich nicht verhindern, dass der größte britische Billigflieger ein ungewohntes Zeichen der Schwäche sendet. So hat Easyjet in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres 2015/16 einen Vorsteuerverlust von 24 Millionen Pfund hinnehmen müssen, wie Chefin Carolyn McCall am Dienstag in London berichtete. Die Zuversicht der Briten kann das jedoch nicht trüben: Trotz der Verluste will die Airline ihre Ausschüttungspolitik erhöhen.

Die roten Zahlen der Lowcost-Gesellschaft werfen ein Schlaglicht auf die schwierige Lage am europäischen Himmel. „April war wegen Brüssel und auch Paris besonders schlecht für die Rendite, aber die Tendenz für Mai und Juni ist deutlich besser", sagte McCall in London.
Dank des Interesses an Flügen in Urlaubsgebiete hält Easyjet an seinen Jahreszielen unverändert fest. Demnach will der Konzern im Geschäftsjahr zu Ende September einen Vorsteuergewinn von 912 Millionen Euro erzielen. Dies entspräche auch den Erwartungen von Analysten. Die Easyjet-Aktie legte in London bis zum Nachmittag zwei Prozent zu. Die Aktionäre sollen zudem künftig mehr Dividende erhalten. Easyjet will die Ausschüttungsquote auf 50 Prozent anheben.

Für die deutschen Konkurrenten Lufthansa und Air Berlin birgt der ungewohnte Dämpfer bei den Briten allerdings einen Hoffnungsschimmer. Denn längst konkurriert der britische Rivale, der sein Hauptquartier in einem ehemaligen Hangar auf dem Flughafen Luton aufgeschlagen hat, nicht mehr allein um die Preissensibelsten unter den Kunden der deutschen Konkurrenten.

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Ein Angreifer in knalligem Orange

Der Preisbrecher wildert mittlerweile immer stärker im bislang noch profitabelsten Terrain der traditionellen Fluggesellschaften: Mit Angeboten wie Sitzplatzreservierungen und einem Meilen-Programm wirbt Vorstandschefin Carolyn McCall nun auch vermehrt erfolgreich um Geschäftsreisende.

Um Vielflieger, zu denen Geschäftsleute normalerweise mehrheitlich gehören, noch stärker an sich zu binden, hat Easyjet zum 20. Jubiläum im vergangenen November nun ein neues Loyalitätsprogramm namens „Flight Club“ einführen. Es stehe den „häufigsten und die treuesten Kunden“ offen, die mindestens 20 Mal pro Jahr mit der Airline fliegen, so das Unternehmen. Auch Europas größte Low-Cost-Airline Ryanair führte eine Art Business Class Light ein, um sparsame Geschäftskunden zu gewinnen und strich viele der berüchtigten Sondergebühren.

Der Wettbewerb zwischen Lufthansa und seiner Billigtochter Eurowings und den etablierten Low-Cost-Fliegern gewinnt damit an Schärfe. Zumal Ryanair die gefallenen Ölpreise nutzt, um auf dem deutschen Markt seinen aggressiven Wachstumskurs weiter zu verschärfen. Auch bei Easyjet gingen die Ticketpreise im ersten Halbjahr um sechs Prozent zurück.

Der Preiskampf in Deutschland gewinnt damit an Fahrt – was vor allem schwächelnden Rivalen wie Air Berlin zu schaffen macht. Erst Ende Oktober eröffneten die Iren in Berlin-Schönefeld ihre sechste Basis in Deutschland – doch Ryanair-Boss Michael O' Leary will noch mehr. Das Geschäft in Deutschland soll deutlich ausgebaut werden: Er peilt hierzulande in den kommenden Jahren einen Sprung von fünf auf 20 Prozent Marktanteil an. Derzeit ist Ryanair hinter und noch die Nummer drei auf dem deutschen Markt.


McCall beweist Selbstbewusstsein

Doch das soll sich bald ändern. Nach Stuttgart und Köln/Bonn wolle die Airline weiter auf große deutsche Airports drängen, ohne dabei ihr Engagement an den kleineren Standorten wie Weeze oder Memmingen aufzugeben, skizzierte die Deutschland-Strategie seiner Airline.

Auch Easyjet hat Deutschland im Fokus, weil hier die Billigfliegerei unterentwickelt sei. Sie mache nur ein Viertel des Gesamtmarkts aus, der europäische Schnitt liege bei 45 Prozent. „Deutschland ist für uns einer der wichtigsten Märkte, auf dem wir bereits seit zwölf Jahren aktiv sind“, sagte Easyjet-Deutschlandchef Thomas Haagensen dem Handelsblatt. Der Fokus der Briten liegt dabei vor allem auf den Airports Berlin und Hamburg.

Anders als O’ Leary wollen die Briten sich allerdings nicht auf Marktanteilsziele festlegen, da sie nur an profitablem Wachstum interessiert sei. „Disziplin beim Kapazitätsausbau ist einer unserer Grundregeln“, betont Haagensen. Doch die Vorstandschefin lässt keinen Zweifel daran, dass sie weiter expandieren will: „Deutschland ist ein wichtiger Markt für Easyjet. Wir wollen dort wachsen“, gibt sie die Richtung vor.

Es ist ein Kurs, der die Fantasie der Branche bereits anstachelt. Auf der Berliner Tourismusmesse ITB wurde im Frühjahr spekuliert, Easyjet könnte enger mit der angeschlagenen Air Berlin zusammenrücken, sogar von einer Übernahme war die Rede. „Wir sind keine Airline, die andere übernimmt“, stellte McCall vor wenigen Tagen in der „Wirtschaftswoche“ klar. Aber die lukrativen Strecken von in Richtung Mallorca könnten die Briten, die Zubringerflüge für andere Fluggesellschaften in Erwägung ziehen, durchaus interessieren.

Wie groß das Selbstbewusstsein des Billigfliegers ungeachtet der aktuellen Verluste ist, beweist McCalls Vorhersage für die eigene Airline in 20 Jahren: „Wir werden eine von zwei großen Airlines in Europa sein, ungemein erfolgreich.“ Lufthansa-Boss Carsten Spohr sollte allerdings zu denken geben, dass die studierte Historikerin sich über den Namen der anderen Fluggesellschaft neben Easyjet lieber höflich ausschweigt.

KONTEXT

Das sind die beliebtesten Billigflieger Deutschlands

10. Aer Lingus

Starts pro Woche: 69 (Veränderung zum Vorjahr: -2,8 Prozent)

Sitze: 11.616 (-6,0 Prozent)

Strecken: 7 (-12,5 Prozent)

9. Flybe

Starts: 74 (-3,9 Prozent)

Sitze: 6.210 (-3,5 Prozent)

Strecken: 8 (0,0 Prozent)

8. Norwegian

Starts: 89 (-2,2 Prozent)

Sitze: 16.516 (+ 0,5 Prozent)

Strecken: 27 (0,0 Prozent)

7. Intersky

Starts: 112 (+36,6 Prozent)

Sitze: 7.272 (+37,9 Prozent)

Strecken: 17 (+30,8 Prozent)

6. Vueling

Starts: 121 (+3,4 Prozent)

Sitze: 21.524 (+3,6 Prozent)

Strecken: 22 (+10,0 Prozent)

5. Wizz

Starts: 146 (+52,1 Prozent)

Sitze: 26.280 (+52,1 Prozent)

Strecken: 45 (80,0 Prozent)

4. Easyjet

Starts: 483 (+12,3 Prozent)

Sitze: 78.276 (+12,7 Prozent)

Strecken: 82 (+20,6 Prozent)

3. Ryanair

Starts: 630 (+12,1 Prozent)

Sitze: 119.070 (+12,2 Prozent)

Strecken: 169 (0,0 Prozent)

2. Germanwings

Starts: 2.174 (+11,6 Prozent)

Sitze: 290.356 (+16,0 Prozent)

Strecken: 310 (+7,3 Prozent)

1. Air Berlin

Starts: 2.212 (-2,2 Prozent)

Sitze: 329.606 (-5,6 Prozent)

Strecken: 134 (-2,9 Prozent)

Zahlen für Juli 2015. Quelle: DLR Low Cost Monitor 2/2015