Der Aktionär, das ungeliebte Wesen: Fünf Themen des Tages

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(Bloomberg) -- Eyk Henning über Formfragen. — Abonnieren Sie unseren Newsletter Fünf Themen des Tages täglich direkt in ihre Mailbox.

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Geld ja, Mitsprache nein

Für Unternehmen, die gerne das Geld der Aktionäre nehmen, aber sie nicht so richtig gerne mit entscheiden lassen, hat das deutsche Firmenrecht eine passende Struktur im Angebot: Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA). Bei Investoren nicht übermäßig populär, schien die KGaA zuletzt eher auf dem Weg zum Müllhaufen der Geschichte — Fresenius Medical Care plant eine Neuaufstellung, und auch bei der DWS sollen sich einige Manager etwas mehr Unabhängigkeit vom Komplementär Deutsche Bank wünschen. Schaeffler ist zwar keine KGaA, will aber im ähnlichen Geist stimmrechtslose Vorzüge in Stammaktien umwandeln.

Anders beim Windfarm-Entwickler Abo Wind, wo auf der heutigen HV die Umwandlung in eine KGaA auf der Tagesordnung steht. Der Vorstand will damit die Kapitalaufnahme erleichtern und und “gleichzeitig den familienunternehmerischen Charakter erhalten”. Einige Aktionäre rebellieren, der 5%-Investor Enkraft Capital hat eine Sonderprüfung beantragt. Am Ende dürfte es auf die Haltung des Energieversorgers Mainova ankommen, mit 10% drittgrößter Aktionär und wohl Zünglein an der Waage.

Gemeinhin gilt: Brummt der Laden, scheren sich die Minderheitsaktionäre wenig um die Mitspracherechte, ist die Rechtsform egal. Sobald es aber nicht mehr so rund läuft und das Unternehmen frisches Geld braucht, wird die Struktur zum Thema beim Umwerben der Investoren — siehe Fresenius Medical Care, siehe Schaeffler. Ob der Formwechsel bei Abo Wind die Kapitalaufnahme wirklich erleichtert, wird sich zeigen: Die Aktie hat seit Ankündigung des Plans im Juni über 30% verloren.

Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Rainer Bürgin und Boris Groendahl: Noch’n Problem, von Frau zu Frau, Naher Osten köchelt, robuste US-Wirtschaft, und look what you made me do.

Noch’n Problem

Als ob die verbaselte Energiewende für Wirtschafts- (und Klima-) Minister Habeck nicht schon herausfordernd genug wäre, hat er mit dem Hilfeschrei von Siemens Energy nun ein weiteres, multidimensionales Problem an der Backe. Die will Garantien in Höhe von 16 Milliarden Euro von der Bundesregierung, um das — an sich gut laufende — Geschäft mit Gasturbinen und Netztechnik abzusichern, während das Windturbinenproblem endlich in Ordnung gebracht wird. Hauptaktionär Siemens macht sich bei der Aktion derweil einen schlanken Fuß. Wie soll Habeck das seinem marktnahen FDP-Koalitionspartner und seiner antikapitalistischen Basis erklären? Hilfreich könnte da sein, dass Siemens Energy mit seinem Portfolio aus Windmühlen und Gaskraftwerken — wenn mal wieder kein Lüftchen weht — ein Kernelement der Ampel-Umbaupläne für die deutsche Wirtschaft darstellt. Systemrelevant, sozusagen. Die ganze europäische Branche ist in der Krise, mit unrentablen Verträgen, Konkurrenz durch billigere chinesische Produkte und einem schleppenden Ausbau von Windparks, auf die niemand starren möchte. “Siemens Gamesa ist ein tragischer Fall, aber nicht symbolisch für die gesamte Windindustrie”, behauptet standhaft DIW-Ökonomin Claudia Kemfert.