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Was der Abgang von Aufsichtsratschef Lehner für Thyssen-Krupp bedeutet

Noch vor wenigen Tagen sah es so aus, als würde wieder Ruhe einkehren bei Thyssen-Krupp – Ruhe unter den Aktionären, die zuletzt erbittert um den weiteren Kurs des Industriekonzerns stritten, unter den Arbeitnehmern, die nach dem Abgang ihres Vorstandschefs über ihr weiteres Schicksal rätseln mussten und im Aufsichtsrat, der sich bei der Suche nach einem Nachfolger auf die weitere Strategie hätte einigen können.

Doch wie so oft beim Ruhrkonzern: Es kam letztlich anders. Mit dem Rücktritt von Aufsichtsratschef Ulrich Lehner am Montagabend erreichte der Streit um die weitere Ausrichtung des Industriekonzerns eine neue Eskalationsstufe.

Beide Seiten stehen sich unversöhnlich gegenüber: auf der einen die Investmentfonds Cevian und Elliott, die eine Aufspaltung des komplexen Industriekonglomerats fordern. Auf der anderen die Arbeitnehmer und die bisherige Führung, die an der Einheit des Konzerngebildes festhalten wollen.

Mit der Krupp-Stiftung als größtem Aktionär galt der Wunsch des letzten Erben Alfried Krupp von Bohlen und Halbach lange als unantastbares Prinzip von Thyssen-Krupp: „die Einheit des Unternehmens für die fernere Zukunft möglichst zu wahren.“

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Doch mit Lehner verlässt nun der zweite erbitterte Gegner einer Zerschlagung das Unternehmen. Zuvor hatte schon Vorstandschef Heinrich Hiesinger, der in dieser Frage auf einer Linie mit Lehner liegt, seinen Rücktritt erklärt. Er wollte die Aufzugssparte zusammen mit dem Anlagenbau und der Komponentenfertigung als ein Unternehmen fortführen.

Dass der Aufsichtsrat noch am Freitag Finanzchef Guido Kerkhoff als Interimsnachfolger die Aufgabe mitgab, diesen Kurs zu halten und für Stabilität zu sorgen, ist im Rückblick mehr Nebelkerze als Signal. Das Gremium ist offensichtlich tief zerstritten.

Lehners Abgang offenbart, wie sich die Stimmung langsam dreht – zugunsten jener, die die Konzernteile lieber gestern als heute als Einzelunternehmen fortgeführt sähen.

Da ist der Aufseher René Obermann, der nach einer Gegenstimme zur Stahlfusion mit Tata ebenfalls seinen Rücktritt angeboten hat.

Da ist die Chefin der Krupp-Stiftung Ursula Gather, die trotz ihrer grundsätzlichen Unterstützung für Hiesinger bereits vor zwei Jahren mit dem Konkurrenten Kone den Verkauf der Aufzugssparte erörtert hat.

Da ist der Großaktionär Cevian, dessen Vertreter Jens Tischendorf schon mehrmals eine Aufspaltung forderte.

Da ist die Aufsichtsrätin Carola von Schmettow, die sich der Entscheidung über das Stahl-Joint-Venture enthielt.

Von zehn Vertretern der Kapitalseite hatten Lehner somit mindestens zwei die Gefolgschaft entsagt und mindestens zwei an ihm gezweifelt. Zum Abschied erklärte Lehner entsprechend, das Vertrauen der großen Aktionäre und ein gemeinsames Verständnis im Aufsichtsrat über die strategische Ausrichtung von Thyssen-Krupp seien aus seiner Sicht „nicht mehr gegeben“. Noch deutlicher als schon bei Hiesingers Abschiedsstatement vor anderthalb Wochen sollte das heißen: Für ein Weiter-so fehlt die Unterstützung.

Leidtragende dieser Entwicklung könnten freilich die Arbeitnehmer sein. Denn Elliott und Cevian erhoffen sich durch die Entflechtung des Konglomerats letztlich vor allem Einsparungseffekte, die den Wert des Unternehmens steigern sollen. Dass das ohne Arbeitsplatzabbau funktioniert, ist zu bezweifeln.

So klingt es fast wie ein frommer Wunsch, wenn Lehner zum Abschied erklärt: „Meine Entscheidung möge dazu beitragen, das notwendige Bewusstsein bei allen Beteiligten zu schaffen, dass eine Zerschlagung des Unternehmens und der damit verbundene Verlust von vielen Arbeitsplätzen keine Option darstellt.“

Die Option liegt längst auf dem Tisch. Ob sie Realität wird, hängt davon ab, wer sich in dem Machtkampf durchsetzt. Zumindest die Unterstützung der zehn Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat wäre Lehner wohl sicher gewesen.