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Die 8 wichtigsten Fakten zur Stahlfusion von Thyssen-Krupp und Tata

Thyssen-Krupp und Tata legen ihre europäischen Stahlsparten zusammen. Acht Fakten zu dem Milliarden-Deal.

Nach mehr als zweijährigen Verhandlungen ist der Deal perfekt: Thyssen-Krupp und Tata Steel Europe haben den Vertrag zur Zusammenlegung ihrer europäischen Stahlsparten am Samstagmorgen unterzeichnet. Zusammen formen die beiden Industriekonzerne so den zweitgrößten Stahlhersteller des Kontinents nach Arcelor-Mittal. Was Sie über das Joint Venture wissen müssen:

Warum lagert Thyssen-Krupp seine Stahlsparte aus?

Der Ruhrkonzern kämpft schon seit dem Antritt des Vorstandschefs Heinrich Hiesinger im Jahr 2011 mit roten Zahlen und hohen Schulden. Vor allem das konjunkturanfällige Stahlgeschäft verhagelte Hiesinger regelmäßig die Bilanz. Der Manager will Thyssen-Krupp daher zu einem Technologiekonzern umbauen und sich künftig auf die stabileren Sparten Aufzug, Komponenten und Anlagenbau konzentrieren.

Welches Interesse hat Tata an dem Geschäft?

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Der indische Mischkonzern übernahm den britisch-niederländischen Stahlkonzern Corus im Jahr 2007, hatte seither aber wenig Freude an seiner Neuerwerbung. Vor allem die britischen Werke der zu Tata Steel Europe (TSE) umfirmierten Gesellschaft litten lange unter hohen Verlusten. Auch wenn sie zuletzt wieder einen kleinen Gewinn abwarfen: Technologisch blieb TSE hinter der Konkurrenz. Mit einem Partner wie Thyssen-Krupp, so das Kalkül, ließe sich der Vorsprung der anderen aufholen. Zudem rechnen beide Konzerne mit Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe

Wie ist das Joint Venture aufgestellt?

Das Gemeinschaftsunternehmen soll mit rund 48.000 Angestellten rund 22 Millionen Tonnen Stahl pro Jahr produzieren. Nach derzeitigem Stand käme das Unternehmen Thyssen-Krupp Tata Steel Europe auf einen Umsatz von etwa 17 Milliarden Euro. Das Einsparpotenzial schätzen die Konzerne auf einen Betrag zwischen 400 und 500 Millionen Euro.

Was sagen die Arbeitnehmer?

Sowohl der Betriebsrat von TSE als auch von Thyssen-Krupp Steel Europe (TKSE) haben dem Vorhaben bereits zugestimmt. Dafür waren weitreichende Zugeständnisse seitens des Managements notwendig. So erhielten die Arbeitnehmer beider Parteien nach anfänglichen Protesten Jobgarantien bis 2026 und weitreichende Investitionszusagen für die kommenden Jahre. „Das hat es vorher so nie gegeben. Die Kollegen aus anderen Sparten beneiden uns darum“, erklärte TKSE-Gesamtbetriebsratschef Tekin Nasikkol bei einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche.

Langfristig könnten durch das Joint Venture insgesamt 4000 Jobs wegfallen, davon 2000 bei Thyssen-Krupp. Personalvorstand Oliver Burkhard hat allerdings sozialverträgliche Lösungen zugesagt.

Was waren die strittigen Punkte?

Bis zuletzt war unklar, wie die Eigentumsverhältnisse bei dem Joint Venture aussehen würden. Im September 2017 hatten Thyssen-Krupp und Tata zwar vereinbart, dass beide Konzerne je einen 50-prozentigen Anteil an dem Gemeinschaftsunternehmen halten würden. Bestehende Wertunterschiede sollten zunächst dadurch ausgeglichen werden, dass Thyssen-Krupp mit vier Milliarden Euro mehr Schulden in das Unternehmen einbringen darf als Tata mit 2,5 Milliarden Euro.

Doch zuletzt entwickelte sich das Stahlgeschäft bei den Indern deutlich schlechter als bei den Essenern. Daher ließ Finanzchef Guido Kerkhoff den Deal nachverhandeln: Zwar bleibt es bei der 50-50-Aufteilung. Sollte das Gemeinschaftsunternehmen allerdings an die Börse gehen, erhält Thyssen-Krupp 55 Prozent des Erlöses, Tata hingegen 45 Prozent.

Wie sehen die Aktionäre den Deal?

Überwiegend positiv. Nach ersten Meldungen über eine Einigung stieg der Aktienkurs von Thyssen-Krupp in der vergangenen Woche sprunghaft um fast neun Prozent auf mehr als 21 Euro an. Die Commerzbank erhöhte daraufhin ihr Kursziel auf 30 Euro, die Credit Suisse auf 28 Euro. Thomas Hechtfischer, Geschäftsführer der Deutschen Schutzgesellschaft für Wertpapierbesitz (DSW) erklärte der dpa: „Man hat jetzt die Chance, zum großen Wurf anzusetzen.“ Die Aktionäre hofften auf einen „Befreiungsschlag“.

Gilt das für alle?

Nein. Vor allem die beiden aktivistischen Investmentfonds Cevian und Elliott dürften darauf drängen, den komplexen Ruhrkonzern weiter zu entflechten. Selbst eine komplette Aufspaltung des diversifizierten Konzerns brachte Cevian-Gründer Lars Förberg bereits ins Spiel. Bisher allerdings haben sich sowohl das Management als auch der Aufsichtsrat den Vorschlägen Cevians, mit einem Anteil von rund 18 Prozent zweitgrößter Aktionär bei Thyssen-Krupp, verweigert.

Unklar ist derzeit, wie sich der US-Hedgefonds Elliott nun verhält. Bei seinem Einstieg vor wenigen Wochen verkündete der Fonds noch, Hiesinger aus dem Amt jagen zu wollen. Ob sich Starinvestor und Elliott-Gründer Paul Singer mit dem jetzigen Deal zufrieden gibt, wird sich zeigen müssen. Vor der Entscheidung über die Fusion hatte sich Thyssen-Krupps Aufsichtsratschef Ulrich Lehner in dieser Woche mit einem Elliott-Vertreter getroffen. Derzeit hält der Fonds einen Anteil von weniger als drei Prozent.

Wie geht es weiter?

Nach dem Signing muss der Deal durch die Wettbewerbsbehörden überprüft werden, anschließend wird der Vertrag unterschrieben und das neue Unternehmen gegründet. In den Monaten darauf muss das zukünftige Management die Integration der britischen, niederländischen und deutschen Werke vorantreiben.

Thyssen-Krupp-Vorstandschef Hiesinger hatte mehrfach angekündigt, nach der Abspaltung des Stahlgeschäfts die Konzernstrategie nachzuschärfen. Beobachter rechnen damit, dass er neben dem Stahlgeschäft auch den Werkstoffhandel (Material Services) zur Disposition stellen wird. Auch eine Trennung vom Marineschiffbau ist im Gespräch. „Zeit zum Ausruhen wird es da nicht geben“, sagte ein hochrangiger Manager. „Die Reise ist noch nicht zu Ende.“