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5G-Auktionsstart: Streng geheim und mit viel Geld in Richtung Echtzeit-Netz

Das schmucklose Bürogebäude in der Canisiusstraße 21 in Mainz dürfte in den kommenden Wochen einer der am strengsten bewachten Orte der Republik sein. Ein ganzer Trakt des Hauses wird abgeriegelt, Fensterscheiben werden mit Spezialfolien bespannt, um Gespräche vor Lauschangriffen zu schützen. Abends werden die Räume versiegelt und ohnehin Tag und Nacht überwacht. Wer das Gebäude betreten darf, muss sein Mobiltelefon am Eingang abgeben.

Experten vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik haben das Bürogebäude so abhörsicher wie möglich umgebaut. Um 10 Uhr morgens wird Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, eine Auktion starten, an der sich die etablierten Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica sowie die die United-Internet Tochter 1 & 1 Drillisch, beteiligen.

Es geht um nichts weniger als die Auktion kurzwelliger Frequenzen für den Mobilfunk. Was technisch und trocken klingt, ermöglicht den erfolgreichen Bietern, das Echtzeit-Mobilfunknetz der Zukunft aufzubauen: den Mobilfunkstandard 5G. Weltweit findet derzeit ein Wettrennen statt, bei dem Deutschland als Industrienation vorne dabei sein will, gilt es doch, Maschinen made in Germany zu vernetzen und als Industrie 4.0, das Internet der Dinge, weltweit zu vermarkten.

Von Dienstag an beginnt ein komplexes Verfahren, bei dem Frequenzen in den Bereichen 2,0 bis 3,6 Gigahertz versteigert werden. Die Bundesnetzagentur hat die Frequenzen in ein Spektrum mit 41 Blöcken eingeteilt, auf die die zugelassenen Bieter gleichzeitig bieten müssen. Für jeden Block gilt ein Mindestgebot zwischen 1,7 und fünf Millionen Euro. Insgesamt belaufen sich die Mindestgebote auf 104,6 Millionen Euro.

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Doch die Erlöse der Auktion dürften letztlich in Milliardenhöhe liegen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) geht von Einnahmen von vier bis fünf Milliarden Euro aus. Bei früheren Auktionen, etwa in den Jahren 2010 und 2015, lagen die Einnahmen bei 4,4 und 5,1 Milliarden Euro. Die Zeiten, als der Mobilfunkhype begann und die Netzebetreiber wie im Jahr 2000 für die UMTS-Lizenzen 50 Milliarden Euro zahlten, sind allerdings Vergangenheit.

Doch wie wird es dieses Mal? Die Unternehmen werden genau überlegen, wie viel sie bieten. Erst wenn es keine Gebote mehr auf einen der Blöcke gibt, endet die Versteigerung. 2015 waren dafür 181 Runden über drei Wochen nötig. Dabei waren sich die Netzbetreiber eigentlich schnell einig. Allerdings gab es noch einen Frequenzblock, um den Telekom, Vodafone und Telefónica weitere rund 90 Bieterrunden rangen.

Wie lange es dieses Mal dauern wird, ist ungewiss. Die Unternehmen haben sich auf mehrere Wochen eingestellt. Jedem Konzern hat die Bundesnetzagentur per Losverfahren einen spartanisch eingerichteten Raum zugeteilt, in dem das Team vor Ort für sich das Verfahren steuern kann. Von dem Raum aus haben sie per Fax eine gesicherte Verbindung in ihre Firmenzentralen.

Über Monate sah es so aus, als könnte die Auktion relativ unspektakulär ablaufen. „Wir können jeden Euro nur einmal ausgeben“, hatte Telekom-Chef Timotheus Höttges frühzeitig klargestellt: Schließlich wird der Aufbau des 5G-Netzes viel Geld kosten, flächendeckend müsste jeder mit 50 Milliarden Euro rechnen.

Je weniger Geld in die Lizenzen für die Frequenzen fließt, desto mehr bleibt für den Netzausbau. Kein Wunder, dass die Deutschlandchefs von Vodafone, Hannes Ametsreiter, und Telefónica, Markus Haas, Höttges beigepflichtet hatten. Die drei Platzhirsche wollten sich damit frühzeitig signalisieren, dass niemand auf ein Bietergefecht aus sei.

Seit dem 24. Januar ist allerdings nichts mehr so, wie es in den vergangenen Jahren auf dem deutschen Mobilfunkmarkt war: An jenem Tag kündigte die United-Internet-Tochter 1 & 1 Drillisch per Ad-hoc-Mitteilung an, auf die Mobilfunkfrequenzen mitbieten zu wollen.

„Natürlich werden wir nicht mit einem Messer zu einer Schießerei gehen“, sagte Gründer Ralph Dommermuth im Interview mit dem Handelsblatt. Er deutete an, ausreichend Finanzmittel für die Auktion und den anschießenden Netzausbau organisiert zu haben. Bei einem Bankenkonsortium hatte sich das Unternehmen eine Kreditlinie von 2,8 Milliarden Euro gesichert.

Da das Bietergefecht komplex ist, lassen sich die Unternehmen seit Wochen von Auktionsexperten beraten. Spieltheoretiker sollen ihnen helfen, die besten Strategien für das Verfahren zu entwickeln. Stephan Knapek ist einer dieser Experten, der in den vergangenen Jahren bereits Unternehmen beraten hat. „Mit 1 & 1 haben wir eine veränderte Situation“, sagte er dem Handelsblatt und hält es für gut möglich, dass die Auktion für die Bieter kostspielig werden könne.

Fast wäre es nicht zur Auktion gekommen. Erst hatte Telefónica per Eilantrag die Aussetzung des Verfahrens bei Gericht beantragt, es folgten Vodafone und Telekom und schließlich auch der Mobilfunkdiscounter Freenet. Doch das zuständige Verwaltungsgericht in Köln sah alle Bedenken als unbegründet an und wies die Klagen am Freitag ab.

Die Entscheidung sorgte für Aufatmen im Bund und bei den Ländern, wo sich Politiker mit der Auktion und den mit ihr verbundenen Versorgungsauflagen erhoffen, dass es bald deutlich weniger Funklöcher geben wird. „Ich bin froh, dass es endlich losgehen kann“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Nadine Schön. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol erklärte: „Die Telekommunikationsunternehmen müssen akzeptieren, dass bei der Versteigerung gilt: Wer mit Frequenzen gutes Geld verdienen will, muss dafür harte Versorgungsauflagen akzeptieren.“

Gegen diese hatten die Unternehmen geklagt. Sie müssen zugleich noch mit weiteren Hürden rechnen. So will die Große Koalition das Telekommunikationsgesetz ändern und darin eine Regelung zum lokalen Roaming beschließen, damit die Netzbetreiber Kunden der Konkurrenz ins Netz lassen, damit diese nicht mehr ins Funkloch fallen.

Politik droht mit Auflagen

Der Bundesrat hatte am Freitag zudem noch ein Bundesförderprogramm mit großer Mehrheit gefordert, um die Mobilfunk- und Breitbandversorgung in unwirtschaft- lichen Regionen zu verbessern. Auch sollen die Netzbetreiber hart sanktioniert werden, wenn sie Auflagen nicht erfüllen. Entsprechend zufrieden zeigte sich Heike Raab, als Staatssekretärin in Rheinland-Pfalz Koordinatorin der SPD-regierten Länder. „Erstmals haben wir bei den Auflagen auch die Versorgung der Fläche und damit der ländlichen Räume in den Blick genommen.“

Der stellvertretende Vorsitzende des Beirats der Bundesnetzagentur, Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD), stellte klar, dass mit der Versteigerung der Einstieg in eine flächendeckende Versorgung mit 5G beginne. „Wichtig ist mir vor allem, dass wir auch bei der Nutzung der Frequenzen für die Industrie zügig vorankommen“, sagte er.

„Das sind in der Anwendung für mich die Hauptinnovationstreiber.“ Deshalb sei es richtig, dass ein Viertel der zur Verfügung stehenden Frequenzen für lokale Anwendungen reserviert seien, also auch für Industrieunternehmen selbst. „Für mich ist das entscheidend, um technologisch die Weltspitze für den Bereich 5G-Anwendungen zu erreichen.“

In der Tat wird die Bundesnetzagentur in einem separaten Verfahren Frequenzen für die Industrie zur Verfügung stellen, damit Unternehmen eigene Netze auf ihrem Werksgelände errichten können. Besonders die Autobauer hatten eine Lösung gefordert, bei der sie unabhängig von Telekom, Vodafone und Telefónica selbst die Hoheit über ihre Netze haben. Die Vergabe erfolgt in der zweiten Jahreshälfte – dann aber ohne Auktion.