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Überschuldung nimmt zu – Niedriglöhne führen immer öfter in die Schuldenfalle

Die Zahl derer, die in eine existenzbedrohende finanzielle Lage geraten sind, steigt. Professionelle Hilfe holen sich jedoch immer weniger von ihnen.

Job weg, Partner weg, krank: Der Großteil der knapp sieben Millionen Menschen im Land, die ihre Rechnungen nicht mehr begleichen können, erlebt einen Schicksalsschlag. Mit Abstand am häufigsten beginnt eine solche finanzielle Abwärtsspirale mit dem Verlust des Arbeitsplatzes. Trennungen und Krankheit spielen ebenfalls eine gewichtige Rolle. Immer häufiger sind zudem ein zu geringes Einkommen und falsches Konsumverhalten der Grund für eine Finanzklemme.

Dennoch lassen sich aber immer weniger Menschen in Finanznot beraten. Das ist fatal, denn wer sich darauf einlässt, hat gute Chancen, seine Schulden loszuwerden. Das stellt das Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen IFF in seinem „IFF-Überschuldungsreport 2019“ fest.

Der auf Finanzthemen für Verbraucher spezialisierte Verein hat ihn gemeinsam mit der Stiftung „Deutschland im Plus“ in Hamburg vorgestellt. Für den Report wurden anonymisiert mehr als 120.000 Fälle in 44 deutschen Schuldnerberatungen ausgewertet.

„Viele Menschen haben vom Konjunkturaufschwung der letzten zehn Jahre nichts gehabt“, sagt Dirk Ulbricht, IFF-Geschäftsführer. Der mit Abstand wichtigste Grund für eine Überschuldung ist nach wie vor der Verlust des Arbeitsplatzes, wie die IFF-Experten aus den Daten von 5500 neuen Teilnehmern der Schuldnerberatung entnehmen. Ein knappes Viertel nennt den Jobverlust und ein damit einhergehendes geringeres Einkommen als Grund für eine finanzielle Überforderung.

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Warum Menschen über die eigenen Verhältnisse leben

Gegenüber dem Report 2018 hat der Anteil allerdings leicht abgenommen. Andere Schicksalsschläge wie die Trennung vom Partner und Krankheit nennen die Betroffenen als zweit- und drittwichtigsten Grund für eine Überschuldung. Beide Gründe werden in rund zehn Prozent der Fälle genannt. Als weitere wichtige Gründe nennt das IFF ein Konsumverhalten, das nicht zum eigenen Finanzrahmen passt und ein insgesamt zu geringes Einkommen.

Der zu lässige Umgang mit dem eigenen Geld hat als Ursache für Überschuldung ebenfalls zugenommen, auf rund zehn Prozent. Das könnte auch am Online-Shopping liegen. Eine immer größere Versuchung, schnell online Geld auszugeben, könnte Menschen dazu verleiten, mehr auszugeben, meint Andrea Brinkmann von der Stiftung Deutschland im Plus.

Seit der Finanzkrise am stärksten zugenommen hat die sogenannte Einkommensarmut: Finanzielle Not wegen eines zu niedrigen Einkommens hat sich seit 2008 fast vervierfacht, auf knapp zehn Prozent. Trotz sich insgesamt verbessernder Arbeitsmarktbedingungen habe die Gruppe der Überschuldeten davon nicht profitieren können, sagt Ulbricht vom IFF. Das gleiche gelte für die positive Netto-Lohnentwicklung.

Das Pro-Kopf-Einkommen der Überschuldeten habe sich zwar von 2017 auf 2018 durchschnittlich um elf Euro erhöht. Überschuldete liegen mit im Schnitt 900 Euro Netto-Einkommen im Monat unterhalb der Armutsschwelle, die bei 1100 Euro liege. Als überschuldet gilt ein Mensch, der nicht mehr über genügend verfügbares Kapital hat, um seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.

In Deutschland gab es im Herbst 2018 nach Daten der Auskunftei Creditreform 6,93 Millionen Menschen mit Negativmerkmalen in ihrer Bonität. Das waren 20.000 mehr als ein Jahr zuvor. Allerdings waren in den Vorjahren noch mehr Menschen in die Überschuldung gerutscht. Besonders häufig trifft es laut Schuldnerberatern Alleinlebende und Haushalte mit Kindern.

Weniger Bürger lassen sich beraten

Die meisten Betroffenen sind mit relativ geringen Summen überschuldet: Mehr als die Hälfte haben Schulden von weniger als 20.000 Euro, im Schnitt sind es 14.255 Euro. Meist stehen die Menschen bei Banken in der Kreide oder bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern wie dem Finanzamt oder der Bundesagentur für Arbeit.

Interessant ist, dass trotz offenbar größerer Geldprobleme weniger Menschen eine Schuldnerberatung aufsuchen: Das IFF schätzt, dass 2018 mit rund 520.000 Personen rund 40.000 weniger Menschen in der Kartei der Schuldnerberatungen stehen, als im Jahr davor. Insgesamt sind das laut IFF nur noch knapp acht Prozent der Überschuldeten.

„Offenbar sind die Hürden, sich beraten zu lassen und sich damit einzugestehen, überschuldet zu sein, zu hoch“, sagt Ulbricht. Eher versuchten die Menschen, über immer neue Schulden doch noch zurechtzukommen. „Die relativ einfache, schnelle Online-Kreditvergabe ohne gründliche Prüfung der Finanzverhältnisse halte ich in dem Zusammenhang nicht für sinnvoll“, moniert der IFF-Experte.

Schuldnerberatungen hätten allerdings auch knappe Mittel, könnten damit nicht werben und hätten oft zu wenige Berater. Dabei könne gerade Beratung helfen, eine Privatinsolvenz zu erwirken. Das geschieht in knapp der Hälfte der Beratungsgespräche.

Wichtig sei auch, Folgekosten einzudämmen. Zinsen und Kosten für säumige Zahlungen etwa an Versicherer, Versandhändler, Inkassounternehmen oder Anwälte summieren sich laut den Schuldnerberatern rasch auf rund ein Fünftel der eigentlichen Forderung.

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