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Tchibo: 10 erstaunliche Fakten über den Kaffeeröster in der Krise

Eine Weltmarke: Tchibo
Eine Weltmarke: Tchibo

Mit Tchibo verbinden Menschen von Deutschland über Russland bis Thailand vor allem eines: Kaffee. Dabei erzielt das Hamburger Traditionsunternehmen inzwischen den Löwenanteil seiner Umsätze von inzwischen mehr als 3,4 Milliarden Euro mit seinen Themenwelten, die aus Non-Food-Produkten bestehen. Ein Überblick über das Herzstück der zerstrittenen Hamburger Unternehmerfamilie Herz, die heute mit einem Schrumpfkurs zu kämpfen hat…

1. Die geniale Geschäftsidee, Kaffee mit der Post zu versenden

Der Hamburger Kaufmann Max Herz und sein Geschäftspartner Carl Tchilling haben im Nachkriegsdeutschland eine der ersten zündenden Geschäftsideen: Röstkaffee, der seinerzeit Mangelware war, zu einem fairen Preis per Post zu versenden. Kunden konnten zwischen Kaffeeverpackungen in Dosen und Taschentuch- oder Geschirrtuchbeuteln wählen. Am 15. März 1949 nahmen Herz und Tchilling die Geschäftstätigkeit als „Frisch-Röst-Kaffee Carl Tchilling GmbH“ auf.

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2. Firmenname Tchibo: Ein Kobold erobert Deutschland

Den Gründern ist jedoch schnell klar: Der Firmenname ist zu sperrig. Also entsteht in einer der eingängigsten Namenserfindungen der deutschen Nachkriegsgeschichte aus Tchilling und dem vertriebenen Produkt, der Kaffeebohne „Tchibo“. Der Unternehmensname wird von einem kleinen drolligen Kobold symbolisiert, der auf Handzetteln und später im Kundenmagazin Neuigkeiten rund um den Röstkaffee verbreitet.

3. Erste Filiale eröffnete vor 60 Jahren in Hamburg

In der Wirtschaftswunder-Ära der 50er-Jahre wächst Tchibo rasant – ein monatliches Kundenmagazin, das heute mit einer Auflage von über einer Million angeboten wird, sorgt für weitere Bekanntheit. Nachdem Kunden ab 1953 neben der Rösterei an der Hamburger Hoheluftchaussee direkt frischen Kaffee kaufen konnten, eröffnete zwei Jahre später die erste Tchibo-Filiale.

Am 13. Oktober 1955 ist es so weit: In der Hamburger Innenstadt, in der Caffamacherreihe 10, konnten Kunden für gerade mal einen Groschen eine Tasse Kaffee probieren, bevor sie die Viertelpfund-Packung für zu Hause kauften. Bundesweit gibt es heute über 700 Filialen, davon rund 500 mit Kaffee-Bar – international kommen noch mal 300 Filialen hinzu.

4. Nachkriegs-Erfolgsstory Tchibo: 12.500 Mitarbeiter beschäftigt

Tchibo ist eine der ganz großen Erfolgsgeschichten der deutschen Nachkriegszeit: Das 66 Jahre Jahre alte Hamburger Unternehmen, das seine Geschäfte weiter von der Konzernzentrale in der Hamburger City Nord führt, beschäftigt heute mehr als 12.500 Mitarbeiter (davon 8500 in Deutschland) und setzt 3,4 Milliarden Euro um.

5. Auslandsexpansion nach Osteuropa

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs witterte auch Tchibo wie viele andere deutsche Konzerne Wachstumschancen im früheren Ostblock. 1991 startet die Auslandsexpansion in Ungarn (Tchibo Budapest) und der Slowakei (Tchibo Slovensko), ein Jahr später wird die erste Filiale in Polen eröffnet. 1994 wurde die erste russische Niederlassung in St. Petersburg gegründet.

Heute ist Tchibo außerdem in Rumänien, Tschechien, Österreich, der Schweiz, Großbritannien, der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten mit Filialen präsent; Tchibo-Kaffee in Supermärkten wird zudem in Slowenien, der Ukraine, Israel, Thailand angeboten. Doch die Expansion verläuft nicht problemlos: In Großbritannien mussten die Hamburger 2009 nach nicht einmal einem Jahrzehnt schon wieder „Goodbye“ sagen. Die jahrelang angestrebte US-Expansion wurde zudem wieder verworfen.

6. Die größten Umsätze abseits des Kaffees – mit Themenwelten

Längst hat sich Tchibo von seinem Kerngeschäft, dem Verkauf von Kaffee in allen Sorten und mit jeglichem Zubehör, emanzipiert: Nach Branchenschätzungen generierte Tchibo im abgelaufenen Geschäftsjahr bereits 60 Prozent seiner Umsätze mit Non-Food-Produkten, wie sie im Online-Shop immer zahlreicher zu finden sind.

Mit sogenannten „Themenwelten“ lockt Tchibo seine Kunden jede Woche neu. Zu kaufen gibt es alles, was das Herz begehrt – oder zu begehren glaubt. Kaum ist der Sommer da, heißt es etwa „Ab an den Strand“. Aktuell werden Kunden „stylische Herbstfarben“ angeboten – eine Wendemütze für 15 Euro oder einen Rock für 20 Euro.

Die Themenwelten sind keinesfalls eine saisonale Laune, sondern werden nach Trends mit einem Vorlauf von 16 Monaten akribisch genau geplant. Wie hart das Geschäft mit günstigen Modeartikeln allerdings ist, musste ausgerechnet die Eigenmarke TCM (Tchibo Certified Merchandise) erfahren, die 2006 noch zu den zehn populärsten Marken in Deutschland zählte – ein Jahr später wurde sie eingestellt.

7. Tchibo-Kunden im deutschen Internet mit höchster Kaufwahrscheinlichkeit

Tchibo-Kunden wissen, was sie online wollen: Wie der Hamburger Marktforscher Statista vor einigen Monaten in einer Online-Shop-Studie ermittelte, drücken nicht Kunden von Amazon und Zalando am zielsichersten auf den „Kaufen“-Knopf, sondern Onlineshopper, die die Webseite von Tchibo.de aufrufen.

Mit einer Kaufwahrscheinlichkeit von 83 Prozent rangiert Tchibo einige Prozentpunkte vor dem boomenden Berliner Modeversender und dem mit Abstand größten Online-Warenhaus der Welt auf dem ersten Platz der deutschen Internet-Käufer.

8. Ungewöhnliche Produkte im Sortiment: Solaranlagen, Flugzeuge und Inseln

„Wir wollen unseren Kunden immer wieder etwas Überraschendes bieten, mit dem sie nicht rechnen“, erklärte ein Tchibo-Sprecher dieses Jahr gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“ die Motivation für immer ungewöhnlichere Angebote. So fand sich dieses Jahr
in den Themenwelten schon mal ein Windsurfboard für über 600 Euro oder ein Elektrobike für 1000 Euro.

Noch eine Schippe drauf legte Tchibo dann sogar mit Solaranlagen der Trina Solar Germany GmbH, die ab 10.000 Euro angeboten wurden. Doch damit nicht genug: Auch das Ultraleichtflugzeug Breezer B400, das es auf immerhin 100 PS bringt, war mit einem Klick zu haben – für schlappe 95.000 Euro. Vermeintlicher Coup für Tchibo-Kunden: Beim Kaffeeröster ist der Zweisitzer immerhin um 4.000 Euro billiger als direkt bei Breezer.

Höhepunkt der ungewöhnlichen Themenwelten im Sommer: Im Juli 2015 boten die Hamburger etwas betuchteren Kunden sogar Inseln an – von 60.000 Euro vor der Ostküste Kanadas bis zum paradiesischen Eiland in der Südsee für schlappe 999.000 Euro.

9. Tchibo in der Krise: Die Geschäfte schrumpfen seit Jahren

Die werbeträchtigen Aktionen können indes kaum davon ablenken, dass sich Tchibos Geschäfte seit Jahren rückläufig entwickeln. Zu Glanzzeiten in den Nullerjahren setzte das Konsumgüter- und Einzelhandelsunternehmen jährlich noch über 4 Milliarden Euro um, im vergangenen Geschäftsjahr waren es nur noch 3,4 Milliarden Euro – der Gewinn vor Zinsen und Steuern ging auf unter 200 Millionen Euro zurück.

Seit Jahren versucht Tchibo dem Abwärtstrend mit strikten Sparmaßnahmen zu begegnen – 300 Filialen wurden seit 2008 dichtgemacht, Hunderten Mitarbeitern gekündigt. Ob die intern unter dem Slogan „Fit for Growth" beschworene Rückkehr zum Wachstum bis 2017 gelingt, erscheint aktuell völlig offen.

10. Familienfehde der Herz-Geschwister

Die Quelle der Streitigkeiten über die richtige Unternehmensstrategie wird bis heute oft in der unklaren Erbregelung von Konzernpatriarch Max Herz gesehen, der die Kontrolle über Tchibo im Laufe der 50er-Jahre mit einer Zahlung von 225.000 DM an Geschäftspartner Tchilling vollständig übernahm. Herz leitete das Unternehmen bis zu seinem Tod 1965 in Folge eines Herzinfarkts, hinterließ aber kein Testament.

Die Folge: Die Zuteilung des Erbes erfolgte nach dem Gießkannenprinzip an Herz’ Frau Ingeburg und die fünf Kinder. Die Geschäfte wurden von Herz’ Sohn Günter bis nach der Jahrtausendwende erfolgreich geführt – dann kam es 2001 zur Familienfehde. Der jüngere Bruder Michael brachte seine Mutter Ingeburg und Bruder Joachim gegen Günter in Stellung, der Vertrag als Vorstandschef wurde nicht verlängert. Die Folge: Gemeinsam mit seiner Schwester Daniela ließ sich Günter auszahlen und verließ das Familien-Imperium.

Heute ist Michael Herz größter Anteilseigner an Tchibo, das in der Dachgesellschaft Maxingvest (Kunstname aus Max und Ingeburg Herz und ‚Investition‘) zu 100 Prozent gebündelt wurde. Die Unternehmerfamilie Herz kontrolliert über Maxingvest auch die Mehrheit am Hamburger Dax-Konzern Beiersdorf.

Günter und Daniela Herz ließen ihre ausgezahlten Milliarden unterdessen nicht auf der Bank liegen, sondern legten das Geld über ihre Investmentgesellschaft Mayfair erneut gewinnbringend an – u.a. in Puma vor der Übernahme durch PPR und in den Schiffsdienstleister Germanischer Lloyd. Die Rendite stimmt: Das Vermögen der Herzgeschwister dürfte sich bis heute auf 8 Milliarden Euro fast verdoppelt haben.

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