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Börsengang zu 25 Milliarden Dollar: Ist Snapchat reif für die Wall Street?

Börsengang zu 25 Milliarden Dollar: Ist Snapchat reif für die Wall Street?


Keine Frage: Die Foto-Message-App Snapchat erfreut sich ungebrochener Beliebtheit und dreistelliger Umsatzsprünge. Aber reichen 150 Millionen Teenager, die sich täglich Snaps schicken, für den größten Internet-Börsengang seit Alibaba 2014, bei dem Gründer Evan Spiegel einen Börsenwert von 25 Milliarden Dollar aufrufen will?

Das unmoralische Angebot ist bereits vier Jahre alt. „Hey Evan, ich bin ein großer Fan davon, was Du mit Snapchat anstellst. Ich würde mich sehr freuen, Dich einmal kennenzulernen und Deine Vision zu hören. Lass mich wissen, ob Du Interesse hast, dann können wir einmal einen Nachmittag auf dem Facebook Hauptquartier spazieren. Mark“.

Der Absender Mark war natürlich niemand Geringerer als Facebook-Chef Mark Zuckerberg, der darauf drängte, Evan Spiegel kennenzulernen. Und zwar aus einem einfachen Grund: Dem CEO des weltgrößten Social Network gefiel, was die Stanford-Studenten Evan Spiegel und Bobby Murphy programmiert hatten – eine Foto-App, die wie aus einem „Mission Impossible“-Film wirkt: Die versandten Fotos werden mit Timer-Funktion versendet und zerstören sich selbst!

Durchbruch mit Storys-Feature

Mark Zuckerberg schien die Gründergeschichte – auch Spiegel brach das Studium für seinen jungen Unternehmertraum ab – offenkundig an seine eigene Biografie zu erinnern. Zuckerberg erkannte, welches Potenzial die seinerzeit gerade einmal ein Jahr alte Foto-App besaß, die sich an Colleges so rasend verbreitete wie früher Facebook, nur dass diesmal weniger geschrieben wurde. Die Bilder sprachen schließlich für sich selbst – besonders, weil sie nach spätestens 24 Stunden wieder verschwanden.

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Der eigentliche Durchbruch gelang Spiegel und Murphy vor drei Jahren mit der Einführung des neuen Features ‚Storys‘. Snapchatter konnten von nun an kurze Augenblicke – die sogenannten ‚Snaps’ – per Foto und Video zu einer Story zusammenfügen, die üblicherweise einen Tag in chronologischer Reihenfolge erzählt. Die lückenlose Dokumentation des eigenen Lebens per Smartphone wird so immer weiter perfektioniert.

Snapchat lehnte Übernahmeangebot von Facebook über 3 Milliarden Dollar ab

Auch Medien wurde die neue Form des visuellen Storytellings für Millennials und Generation Z durch das Feature ‚Discover’, das einzelne Inhalte ebenfalls Smartphone-gerecht für eine bestimmte Zeit aneinanderreiht, schmackhaft gemacht – und so eine Erlösquelle erschlossen.

Wie der Facebook-Chef widerstand auch Snapchat-Gründer Evan Spiegel den Verlockungen des schnellen Geldes und wollte partout nicht verkaufen. Über drei Milliarden Dollar belief sich Zuckerbergs letzte Offerte aus dem Jahr 2013, die für ein gerade mal zwei Jahre altes Unternehmen ohne Umsätze extrem verlockend aussah.

Wall Street Journal: Börsenpläne in Vorbereitung

Drei Jahre später können sich Spiegel und Murphy für ihre Standfestigkeit beglückwünschen – der Unternehmenswert hat sich nämlich bis heute mehr als versiebenfacht. Tatsächlich bereits mit 22 Milliarden Dollar wurde Snapchat in der jüngsten Finanzierungsrunde im Mai bewertet.

Da überrascht es nicht, dass die erst 26 und 27 Jahre alten Multimilliardäre im Falle eines Börsengangs die Bewertung noch ein bisschen ausreizen wollen. Dazu könnte sich nun schneller als zuletzt erwartet möglicherweise die Gelegenheit bieten: Wie das Wall Street Journal (WSJ) Ende vergangener Woche berichtete, laufen bei Snapchat dafür nämlich bereits die Vorbereitungen auf Hochtouren, wie vor Wochen schon in einer namentlichen Umfirmierung zu erkennen war.

Aus Snapchat, der App, wird Snap Inc., der Mutterkonzern, der die App als mit Abstand wichtigstes Produkt anbietet. Aber auch mit einer anderen Neuheit überraschte Evan Spiegel Ende September: Snap wird zum Hardware-Anbieter, der eine Sonnenbrille namens ‚Spectacles' für 130 Dollar vertreibt. Der Clou: Spectacles zeichnet zehnsekündige Videoclips auf, die drahtlos ans Smartphone übertragen und von dort in Snapchat gepostet werden können.

Mindestbewertung von 25 Milliarden Dollar angestrebt 

Mit zusätzlichen Erlösquellen will Spiegel die Fantasie der Anleger vor einem IPO offenbar zusätzlich beflügeln: So berichtet das WSJ, dass Snap bereits im kommenden März an die New Yorker Börse gehen könnte – und zwar zu einer Bewertung von stolzen 25 Milliarden Dollar. Es wäre der größte Börsengang eines Internet-Unternehmens seit dem chinesischen E-Commerce-Riesen Alibaba, der im September 2014 aus dem Stand gar eine Bewertung von 168 Milliarden Dollar aufrief.

Es ist der vorläufige Höhepunkt unter einer fünfjährigen Erfolgsgeschichte, die fast noch furioser verläuft als die des heimlichen Vorbilds Facebook, das nach vier Jahren mit 15 Milliarden Dollar bewertet wurde, um dann acht Jahre nach der Gründung zu einer Bewertung von mehr als 100 Milliarden an der Börse zu debütieren.

Bleibt die Frage, ob Snapchat die angestrebte Bewertung, die etwa die Marktkapitalisierung des Social Media-Pioniers Twitter bereits um 80 Prozent übertrifft, rechtfertigen kann?

Snapchat ist derzeit die größte Wachstumsstory der US-Internetszene 

Nach fundamentalen Kriterien kaum. 2015 soll der Foto-Messenger gerade mal 60 Millionen Dollar umgesetzt haben, in diesem Jahr sollen die durch Werbung erzielten Erlöse aber bereits auf 300 bis 350 Millionen Dollar emporschnellen. Für 2017, das Jahr des wahrscheinlichen IPOs, peilt das fünf Jahre alte US-Unternehmen bereits Umsätze in Höhe von einer Milliarde Dollar an.

Das würde einem Umsatzzuwachs von rund 200 Prozent nach 500 Prozent im vergangenen Jahr entsprechen – Dimensionen, die aktuell kein anderes größeres Internet-Unternehmen aufweisen kann. Dennoch dürfte Snapchat im laufenden Jahr gerade einmal ein Achtel der Umsätze von Twitter erlösen und im kommenden Jahr wohl kaum mehr als ein Drittel des 140-Zeichen-Dienstes. Wie der Kurznachrichten-Dienst arbeitet Snapchat aktuell weiter verlustreich.

Bereits täglich mehr aktive Nutzer als Twitter – aber Instagram kontert mit Stories 

Nach anderen Kriterien liegt Snapchat dagegen vor Twitter: Mit den 150 Millionen aktiven Nutzern, die täglich die Foto-App mit Selbstzerstörungsfunktion verwenden, kann der Social-Media-Pionier nicht mithalten. Vor allem aus dem Leben von Teenagern ist die Smartphone-App mit den Geisterlogo nicht mehr wegzudenken: Nach einer Studie der Investmentbank Piper Jaffray hat Snapchat sogar schon Instagram und Facebook als beliebtestes Social Network abgelöst.

Doch in Sicherheit wiegen können sich Spiegel und Murphy dennoch nicht: Im August launchte Instagram aus dem Nichts ein eigenes Stories-Feature das eins zu eins Snapchats Erfolgskonzept kopierte. Bemerkenswerte 100 der 500 Millionen Instagram-Mitglieder nutzen das neue Feature bereits – Snapchat hat über Nacht erkennbar mächtige Konkurrenz bekommen. Es scheint, als wollte Mark Zuckerberg bei der Facebook-Tochter im Hintergrund späte Rache für die misslungene Akquisition nehmen…

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