Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    18.161,13
    +243,85 (+1,36%)
     
  • Euro Stoxx 50

    5.006,69
    +67,68 (+1,37%)
     
  • Dow Jones 30

    38.180,04
    +94,24 (+0,25%)
     
  • Gold

    2.344,70
    +2,20 (+0,09%)
     
  • EUR/USD

    1,0684
    -0,0049 (-0,46%)
     
  • Bitcoin EUR

    59.406,69
    -209,25 (-0,35%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.324,36
    -72,17 (-5,16%)
     
  • Öl (Brent)

    83,89
    +0,32 (+0,38%)
     
  • MDAX

    26.248,32
    +205,14 (+0,79%)
     
  • TecDAX

    3.327,58
    +60,82 (+1,86%)
     
  • SDAX

    14.269,05
    +273,28 (+1,95%)
     
  • Nikkei 225

    37.934,76
    +306,28 (+0,81%)
     
  • FTSE 100

    8.141,01
    +62,15 (+0,77%)
     
  • CAC 40

    8.091,95
    +75,30 (+0,94%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.918,12
    +306,36 (+1,96%)
     

Angriff auf das Anti-Hass-Gesetz

Drei Fraktionen im Bundestag attackieren das Gesetz gegen Hasskommentare im Internet. Dabei deutet sich eine ungewollte Allianz an. Anders als die Linken wollen FDP und AfD eine Aufhebung des Regelwerks durchsetzen.

Dass die AfD das umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) gegen Hasskommentare in sozialen Medien wie Facebook torpediert, ist keine Überraschung. Die Rechtspopulisten zählen seit jeher zu den heftigsten Kritikern des Regelwerks von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Heute sehen sie ihre Chance gekommen, das NetzDG zu kippen.

„Wir halten Wort! Das #NetzDG muss weg“, schreibt die AfD-Bundestagsabgeordnete Joana Cotar auf Twitter. Was sie damit meint, ließ sich am frühen Nachmittag im Bundestag verfolgen. Dort stand das Netzwerkdurchsetzungsgesetz auf der Tagesordnung des Bundestags. Drei Gesetzentwürfe stehen zur Debatte. Das Ziel der Initiativen von AfD, Linken und FDP ist jedoch nicht immer genau dasselbe. Während die AfD eine generelle Aufhebung des Gesetzes anstrebt und dabei fast auf einer Linie mit der FDP ist, die bis auf einen Aspekt das Gesetz ebenfalls aufheben will, will die Linksfraktion an einer ganzen Reihe von Punkten festhalten.

"Die heutige Debatte hätte ich mir bereits im Sommer vor der überhasteten Verabschiedung des Gesetzes gewünscht", sagte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast dem Handelsblatt. "Für dieses komplexe Problem braucht es differenzierte Antworten."
Bemerkenswert ist, dass die Liberalen zu hoffen scheinen, sich Zustimmung für ihre Vorstellungen sichern zu können, indem sie ihren Gesetzentwurf breiter fassen und nicht nur das NetzDG in den Blick nehmen. Daher nennen sie ihre Initiative auch Bürgerrechtestärkungsgesetz. Bei der AfD ist von einem „Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes“ die Rede und bei der Linken von „Entwurf eines Gesetzes zur Teilaufhebung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes“.

Die FDP will mit ihrem Vorhaben zusätzlich die endgültige Aussetzung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung erreichen. Wohlwissend, dass in den gescheiterten Jamaika-Sondierungen auch die Grünen darauf bestanden, das Prinzip der anlasslosen Datenspeicherung durch ein anlassbezogenes Vorgehen zu ersetzen. Zudem ist es ein offenes Geheimnis, dass auch die SPD nicht uneingeschränkt die Vorratsdatenspeicherung befürwortet.

WERBUNG

Bei der Abstimmung über das neue Fahndungsinstrument vor zwei Jahren votierten zahlreiche SPD-Abgeordnete mit Nein. Zu den Abweichlern gehörten unter anderem der SPD-Netzpolitiker und heutige Generalsekretär der Partei Lars Klingbeil sowie der Sprecher der SPD-Linken im Bundestag, Matthias Miersch. Auch außerhalb des Bundestags ist der Druck groß, in dieser Frage sowie beim Anti-Hass-Gesetz zu Änderungen zu kommen. Gegen die Vorratsdatenspeicherung sind zahlreiche Verfassungsbeschwerden anhängig. Geklagt haben etwa die FDP, mehrere Grünen-Politiker, Bürgerrechtler und Datenschützer. Und auch gegen das NetzDG hat sich eine breite außerparlamentarische Front gebildet.

Der FDP schwebt daher auch vor, eine „Trendwende in der Innen- und Rechtspolitik“ einzuleiten, wie es in dem Gesetzentwurf heißt. Die Grundrechte der Bürger müssten wieder respektiert werden. Das gelte in der Auseinandersetzung mit Kriminalität und Terrorismus und genauso wie beim Vorgehen gegen Hassreden im Internet. Daher sei es erforderlich, diese Trendwende mit „ersten Schritten“ zu beginnen. „Dazu gehört die Abschaffung der verfassungswidrigen und europarechtswidrigen Vorratsdatenspeicherung sowie des verfassungsrechtlich mindestens zweifelhaften Netzwerkdurchsetzungsgesetzes.“

Das NetzDG war am 1. Oktober mit einer Übergangsregelung in Kraft getreten. Es verpflichtet Online-Netzwerke, Beschwerden über Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte umfassender zu bearbeiten und diese schneller zu löschen. Die am heftigsten diskutierten Regelungen des Gesetzes wie die Fristen von 24 Stunden bzw. einer Woche zum Löschen strafbarer Inhalte greifen erst nach einer Übergangsregelung zum 1. Januar. Dann sollen sich Nutzer auch beim Bundesamt für Justiz beschweren können, wenn eine Beschwerde aus ihrer Sicht nicht ordnungsgemäß bearbeitet wurde.

Die FDP dürfte sich auch deshalb jetzt zum Handeln veranlasst sehen, weil sie im Bundestagswahlkampf, aber auch in den Jamaika-Sondierungen in der Wirtschaft hohe Erwartungen geweckt hat. Im Falle einer Jamaika-Koalition wäre es nur konsequent, das NetzDG zurückzunehmen und an einem runden Tisch offen und transparent neue Strategien zum Umgang mit rechtswidrigen Inhalten im Netz zu erarbeiten, hatte der Chef des Verbands der Internetwirtschaft Eco, Oliver Süme, schon frühzeitig erklärt. Er erinnerte daran, dass Grüne und FDP sich vor der Wahl „sehr kritisch“ zu dem Gesetz geäußert und Nachbesserungen gefordert hätten. Liberalen-Chef Lindner habe sogar eine Klage angekündigt.

Mit ihrem Gesetzentwurf will die FDP-Fraktion das Netzwerkdurchsetzungsgesetz aufheben, da von den „bußgeldbewehrten Pflichten zur Löschung innerhalb starrer Fristen das Risiko einer vorsorglichen Löschung zulässiger Meinungen“ ausgehe. Nur die Pflicht zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten wollen die Liberalen erhalten, indem dieser Passus in das Telemediengesetz (TMG) übernommen wird. Allerdings hält es die Fraktion ohnehin für zweifelhaft, wie es in dem Entwurf weiter heißt, ob dem Bund für die Regulierung von Telemedien im Umgang mit rechtswidrigen Inhalten überhaupt die Gesetzgebungszuständigkeit zustehe.


Journalistenverband wirbt für FDP-Initiative

Wie die FDP sieht auch die AfD die Meinungsfreiheit durch das NetzDG bedroht. In ihrem Gesetzentwurf sprechen die Rechtspopulisten von einem „schwerwiegenden Eingriff in das Recht der freien Meinungsäußerung“. Aufgrund „nicht legal definierter Begriffe“ wie „Hasskriminalität“ oder „strafbare Falschnachrichten“ bestehe „eine nicht von der Hand zu weisende Gefahr eines über Gebühr ausgedehnten Anwendungsbereichs“ der Strafmaßnahmen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes „gegen jede abweichende Meinung“.

Die Fraktion beklagt zudem „eine Privatisierung der Rechtsdurchsetzung, denn die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit der Kommentare obliegt entweder den Betreibern der sozialen Netzwerke oder den durch sie finanzierten Einrichtungen zur Regulierten Selbstregulierung“, wodurch „dem Rechtsstaat die Verantwortung entzogen wird“. Im Gegensatz zu rechtswidrigen oder falschen Inhalten im Rundfunk- oder Verlagswesen, die „regelmäßig bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts über den Rechtsweg der ordentlichen Gerichte weder widerrufen noch gelöscht werden“, seien „die Netzwerkbetreiber angehalten, bereits beim Verdacht auf Rechtswidrigkeit die Kommentare unverzüglich selbst zu löschen“.

Die Linke will das Netzwerkdurchsetzungsgesetz hingegen teilweise erhalten. Entfallen sollen vor allem die Vorschriften, die Vorgaben zur Gestaltung des Beschwerdemanagements durch Anbieter sozialer Netzwerke machen. Erhalten bleiben sollen die Regelungen, „deren Sinnhaftigkeit oder jedenfalls Unschädlichkeit“ unstrittig ist. Dazu zählten vor allem die Verpflichtung, einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, die grundsätzliche Verpflichtung, ein zugängliches Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden anzubieten und ein Verfahren zum Umgang damit vorzuhalten, aber auch ein verpflichtendes Berichtswesen über diese Verfahren.

„Einer weiterführenden gründlichen Debatte über den Umgang mit strafbaren Inhalten im Netz, hetzerischen und diskriminierenden Äußerungen und der Verbreitung von Falschinformationen, auch im Hinblick auf gesetzgeberischen Handlungsbedarf, wird dabei ausdrücklich nicht vorgegriffen“, schreibt die Linke.

Wie die Linken wollen auch die Grünen die erhaltenswerten Aspekte des Gesetzes wie den inländischen Zustellungsbevollmächtigten, die Transparenzvorschriften und strengere Vorgaben zur Vorhaltung eines Beschwerdemanagements erhalten und konkretisieren. "Eine Privatisierung des Rechts kann niemand wollen", sagte die Grünen-Politikerin Künast. "Wir sollten darum auch zentrale, bundesweit zuständige Gerichte diskutieren", fügte sie hinzu. "Entsprechend spezialisierte Gerichte könnten für eine schnellere und einheitliche Rechtsprechung sorgen.“

Mit der Beratung der Gesetzentwürfe im Bundestag ist der Anfang gemacht. Die Entwürfe sollen im Anschluss zur weiteren Beratung an den Hauptausschuss überwiesen werden. Unter den gegebenen, noch unklaren politischen Verhältnissen ist es unwahrscheinlich, dass die Initiativen Erfolg haben werden.

Daran dürfte auch die Unterstützung für den FDP-Vorstoß durch den Deutschen Journalisten-Verband (DJV) wenig nützen. Zwar werde sich das Bundesverfassungsgericht mit der Vorratsdatenspeicherung befassen, aber schneller und einfacher wäre es, wenn der Bundestag das Gesetz kippen würde, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. Beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz habe der DJV zwar das Interesse des Staates anerkannt, gegen Hass und Gewaltaufrufe in sozialen Netzwerken vorzugehen. Aber wegen der fehlenden Abgrenzungen zu den Netzauftritten von Medien und Journalisten sei das Gesetz problematisch. „Man kann es reformieren oder ganz abschaffen“, so Überall. „Hauptsache ist, dass es in seiner bestehenden Form verschwindet.“

KONTEXT

Warum das Gesetz gegen Hass umstritten ist

Welche Neuerungen schreibt das Gesetz vor?

Online-Netzwerke wie Facebook, Twitter und YouTube sollen "offenkundig strafbare Inhalte" binnen 24 Stunden nach dem Hinweis darauf löschen. Bei weniger eindeutigen Fällen ist eine Frist von sieben Tagen vorgesehen. Bei Verstößen sind Strafen von bis zu 50 Millionen Euro vorgesehen. Dazu soll es aber nur bei systematischer Missachtung der Regeln kommen und nicht bei einzelnen Fällen, betont die Bundesregierung. Auch sollen die Unternehmen künftig einen Ansprechpartner in Deutschland benennen, an den sich Bürger und Behörden mit Beschwerden wenden können und der binnen 48 Stunden reagieren soll.

Warum gibt es Widerstand gegen das Gesetz?

Die Internet-Firmen sehen sich dadurch gezwungen, selbst über die Rechtswidrigkeit von Inhalten zu entscheiden - was aber Sache der Gerichte wäre. Denn neben klar strafbaren Äußerungen gibt es viele nicht eindeutige Fälle. Netzaktivist Markus Beckedahl von Netzpolitik.org sprach von einer "Privatisierung der Rechtsdurchsetzung". Kritiker der Gesetzes sehen auch die Gefahr, Online-Netzwerke könnten in Zweifelsfällen Beiträge eher löschen, statt sie auf der Plattform zu lassen - um auf der sicheren Seite zu sein. Sie befürchten dadurch Einschnitte bei der Meinungsfreiheit.

Was sagt die Bundesregierung dazu?

Bundesjustizminister Maas erwartet kein "Overblocking" - weil Strafen nicht bei jedem Verstoß fällig würden und die Anbieter zum Geldverdienen grundsätzlich an mehr Inhalten interessiert seien. Stattdessen sei das Gesetz eine "Garantie der Meinungsfreiheit", weil damit Hetze gegen Andersdenkende beendet werden könne. Als Kompromissangebot an die Unternehmen sollen sie die Entscheidung in schwierigen Fällen auch einem neuen unabhängigen Gremium überlassen können, das dem Bundesamt für Justiz untersteht. Wie genau dieses Gremium ausgestaltet und besetzt werden soll, ist aber zunächst noch unklar.

Warum hält die Bundesregierung das Gesetz überhaupt für notwendig?

Die Politik kritisiert schon lange, Hass, Hetze und gefälschte Nachrichten würden nicht konsequent genug gelöscht - auch nachdem die Online-Firmen ihr Vorgehen Schritt für Schritt verschärft hatten. Laut einer jüngsten Studie von jugendschutz.net entfernte Twitter nur ein Prozent der gemeldeten strafbaren Inhalte, Facebook immerhin 39 Prozent. Maas versichert, es gehe bei dem Gesetz nur "darum, dass Äußerungen, die gegen Strafgesetze verstoßen, aus dem Netz gelöscht werden". In 14-monatigen Verhandlungen mit den Internet-Firmen sei aber zu wenig passiert.

Wie weit könnte der Widerstand der Internet-Branche gegen das Gesetz gehen?

Facebook beschritt den ungewöhnlichen Weg, eine ausführliche Stellungnahme zu dem Gesetz zu veröffentlichen. Darin argumentierte das weltgrößte Online-Netzwerk, der Entwurf sei verfassungswidrig, zu unklar formuliert und könne die Meinungsfreiheit einschränken. Es wird aber erwartet, dass die Konzerne nicht selbst vor das Verfassungsgericht ziehen, sondern stattdessen auf mögliche Klagen von Bürgern warten. Unterdessen versuchen Facebook und Googles Videoplattform YouTube unter anderem mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz, den Kampf gegen Terror-Propaganda effizienter zu machen und damit etwas vom politischen Druck zu nehmen.

KONTEXT

Was man zu Hasskommentaren wissen sollte

Was ist "Hate Speech"?

Eine feste Definition des Begriffs "Hate Speech" gibt es nicht. Gemeint sind allgemein Meinungsäußerungen, die bestimmte Personen oder Personengruppen herabsetzen und verunglimpfen sollen. In der politischen Debatte geht es nur um solche Formen von Hate Speech, die gegen Gesetze verstoßen, insbesondere gegen Paragraphen des Strafgesetzbuchs (StGB). Ein Beispiel ist § 130 des Strafgesetzbuchs (Volksverhetzung). Diese Vorschrift verbietet es, zum Hass gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe aufzustacheln oder zu Gewalt gegen sie aufzufordern. Außerdem ist danach unter bestimmten Umständen die Leugnung des Holocaust strafbar.

Quelle: Bundesjustizministerium.

Bundesjustizministerium

Wer definiert, welche Äußerungen rechtswidrige "Hate Speech" sind?

Weder das Bundesjustizministerium noch die vom Ministerium eingerichtete Task Force prüfen, ob konkrete Inhalte gegen Gesetze verstoßen und entscheiden daher auch nicht über die Entfernung von rechtswidrigen Inhalten. Diese Prüfung führen die in der Task Force vertretenen Unternehmen vielmehr in eigener Verantwortung und in eigener Zuständigkeit durch. Die Unternehmen haben zugesagt, hasserfüllte Inhalte und Aufstachelung zu Gewalt einerseits auf ihre Gemeinschaftsrichtlinien ("Community Standards") hin und andererseits auf Grundlage des deutschen Rechts zu überprüfen, sobald ihnen konkrete Inhalte dieser Art gemeldet worden sind.

Welche Themen werden betrachtet?

Thema der Task Force ist ganz generell der Umgang mit rechtswidrigen Hassbotschaften im Internet. Die Diskussion ist nicht auf rechtsextremistische Inhalte beschränkt, sondern umfasst rechtswidrige Aufrufe zu Hass und Gewalt unabhängig von ihren Motiven oder den Personen, gegen die sie sich richten. Fragen im Zusammenhang mit der Löschung konkreter Beiträge können nur die Unternehmen beantworten.

Verstößt die Löschung von Hassbotschaften gegen die Meinungsfreiheit?

In Deutschland gilt Meinungs- und Pressefreiheit. Das ist im Grundgesetz verankert. In Absatz 2 des entsprechenden Artikels 5 steht allerdings auch: "Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre." Das heißt: Niemand darf sein Recht auf Meinungsfreiheit dafür nutzen, die Rechte anderer zu verletzen, zum Beispiel, indem er gegen sie hetzt, zu Gewalt aufruft oder sie verleumdet. Diese Gesetze gelten - sie müssen in sozialen Netzwerken aber konsequenter als bislang zur Anwendung kommen. Und nur darum geht es: Dass Kommentare, die gegen das Strafrecht verstoßen, gelöscht werden.

Wie unterscheidet sich das Löschen von rechtswidriger "Hate Speech" von der Strafverfolgung?

Die Strafverfolgung dient dazu, den verantwortlichen Autor zur Rechenschaft zu ziehen. Dies ist Sache der zuständigen Strafverfolgungsbehörden. Die Staatsanwaltschaften werden Anzeigen schnell prüfen und zur Anklage bringen, wenn die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Ziel des Löschens von rechtswidrigen Beiträgen ist es, für eine angemessene Kommunikationskultur zu sorgen und die vom Hass betroffenen Gruppen und Personen zu schützen. Die beiden Ziele ergänzen sich.

In welchem Verhältnis steht das Vorgehen der Task Force zum normalen Rechtsweg?

Die Task Force nimmt keine Prüfung von Inhalten vor und entscheidet auch nicht über die Entfernung von strafbaren Inhalten. Die strafrechtliche Verfolgung von Hasskriminalität im Internet obliegt den zuständigen Strafverfolgungsbehörden.

KONTEXT

Wichtigste Erfolge aus Verbraucherschutzsicht

Wechsel des Verbraucherschutzes in das Justizministerium

Der Wechsel des Verbraucherschutzes vom Landwirtschaftsministerium in das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) bringt große Vorteile - zum Beispiel mit dem Initiativrecht des BMJV, Gesetzesentwürfe einzubringen.

Quelle: Bilanz der Legislaturperiode 2013-2017 des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV)

Quelle: Bilanz der Legislaturperiode 2013-2017 des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV)

Reform der Finanzmarktaufsicht (BaFin)

Die BaFin sollte sich um schwarze Schafe im Finanzbereich kümmern, forderte der vzbv. Durch das Kleinanlegerschutzgesetz, das im Juli 2015 in Kraft trat, ist der kollektive Verbraucherschutz als gleichberechtigtes Aufsichtsziel in der BaFin formal abgesichert.

Verbandsklagebefugnisse im Bereich Datenschutz

Seit Anfang des Jahres 2016 können Verbraucherverbände gegen Datenschutzverstöße vorgehen. Jetzt kann der vzbv die Rechte der Verbraucher in der digitalen Welt besser durchsetzen.

Zwei Marktwächter: Finanzen und Digitale Welt

Die beiden Marktwächter liefern empirische Erkenntnisse für Politik und Entscheidungsträger. Sie tragen zu einer fundierten Verbraucherpolitik bei, indem sie Märkte aus Verbrauchersicht analysieren und Beschwerden auswerten. Ein dritter Marktwächter zum Thema Energie ist im Aufbau.

Neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff: ein gerechteres System

Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff ermöglicht erstmals allen Pflegebedürftigen, auch solchen mit kognitiven Beeinträchtigungen, gleichberechtigten Zugang zu Leistungen der Pflegeversicherung. Der vzbv hatte dies viele Jahre lang gefordert.

KONTEXT

Größte Versäumnisse beim Verbraucherschutz

Energiewende: Umsetzung zweifelhaft

Durch die EEG-Umlage steigen die Kosten für den deutschen Durchschnittshaushalt um bis zu sieben Euro im Jahr. Damit zahlen die Verbraucher weiterhin einen großen Teil der Rechnung für die Energiewende. Die Große Koalition hat ihr Versprechen nicht eingehalten, nur energie- und handelsintensiven Unternehmen Vergünstigungen bei der EEG-Umlage zu gewähren.

Quelle: Bilanz der Legislaturperiode 2013-2017 des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV)

Quelle: Bilanz der Legislaturperiode 2013-2017 des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV)

VW-Skandal: Politik und VW machen keine gute Figur

Mangelhafte Informationen, eine schleppende Rückrufaktion sowie bislang keine Entschädigung für betroffene Verbraucher - das schadet nicht nur dem Verbraucher, sondern auch der Umwelt und Gesundheit. Denn die meisten Autos sind weiterhin mit erhöhten Abgaswerten unterwegs.

GKV-Beitragsreform ungerecht für Verbraucher

Die Einfrierung des Arbeitgeberanteils auf 7,3 Prozent bedeutet für Verbraucher, dass sie weitere Kostensteigerungen alleine tragen müssen.

Nur Empfehlungen der Lebensmittelbuchkommission verbessert

Von den Vorschlägen der Großen Koalition im Bereich Lebensmittel wurde viel zu wenig umgesetzt. Sie hatte Verbesserungen der Lebensmittelüberwachung, eine Änderung des Lebens- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) und die verpflichtende Kennzeichnung von Herkunft und Produktionsort versprochen.

Musterfeststellungsklage: noch kein Gesetz

Es gibt immer noch kein Gesetz zur Musterfeststellungsklage. Das ist ärgerlich für Verbraucher, die aufgrund des Aufwands von eigenen Klagen gegen Unternehmen absehen und damit auf ihrem Schaden sitzen bleiben. Angesichts des Diesel-Skandals hätte die Politik hier ein Zeichen setzen können.