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Auch CSU-Politiker Friedrich will Anti-Hass-Gesetz stoppen

Seit Tagen stehen die neuen Vorschriften zum Löschen von Hassbotschaften im Internet massiv in der Kritik. FDP und AfD wollen das NetzDG aufheben stellen – und erhalten nun Unterstützung aus der Union.

Das laute Trommeln von FDP und AfD zeigt Wirkung: Obwohl es die Union im vergangenen Jahr mitbeschlossen hat, regt sich nun auch dort massiver Widerstand gegen das umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Der CSU-Bundestagsabgeordnete und Bundestagsvize-Präsident Hans-Peter Friedrich kündigte an, nicht nur den Kurs der Liberalen gegen die seit Januar geltenden neuen Löschfristen zu unterstützen.

Im Zweifel würde er auch im Bundestag für einen Gesetzentwurf der AfD stimmen, um das im vergangenen Jahr von SPD, CDU und CSU beschlossene Gesetz wieder abzuschaffen. „Ich war von Anfang an dagegen und werde alles dafür tun, dieses Gesetz zu kippen. Wenn es keine andere vernünftige Möglichkeit gibt, dann bleibt mir nichts anderes übrig als mit der AfD zu stimmen“, sagte Friedrich dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Die AfD zeigte sich erfreut über den Zuspruch.

Friedrich liebäugelt auch damit, die Liberalen zu unterstützen. „Die FDP hat einen Antrag zur Aufhebung des #NetzDG gestellt, dem ich zustimmen werde“, schrieb der ehemalige Innenminister auf Twitter. Friedrich war bei der Abstimmung über das Gesetz im Bundestag einer der wenigen aus der Unions-Fraktion, der dagegen gestimmt hat.

Der FDP war das NetzDG schon im Wahlkampf ein Dorn im Auge. Jetzt, wo sie wieder im Bundestag vertreten ist, sieht sie die Chance, es aufzuheben. Immerhin stehen auch Grüne und Linke dem Gesetz kritisch gegenüber. Die AfD will es ersatzlos streichen.

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Die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) begründete die Position ihrer Partei unter anderem mit der weltweiten Digitalisierung, der man nicht mit mehr nationalen Regelungen begegnen dürfe. „Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz muss schnell wieder aufgehoben werden“, schrieb Leutheusser-Schnarrenberger in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt. Die FDP-Politikerin fordert stattdessen, europaweit einheitliche Transparenzpflichten einzuführen und ein einheitliches Beschwerdesystem, etwa mit einem Obmann.

„Die zurecht beklagte Privatisierung der Rechtsdurchsetzung führt in der EU zu einem Flickenteppich mit eigenen nationalen Gesetzen“, kritisierte Leutheusser-Schnarrenberger. So sei eine Reihe von „Titanic“-Tweets in Deutschland gesperrt, aber in Österreich nicht. „Was für Gerichte im demokratischen Rechtsstaat eine oft schwierige Antwort bedeutet, wird von den Plattformbetreibern innerhalb von 24 Stunden entschieden, um hohen Strafzahlungen zu entgehen“, so die FDP-Politikerin.

Die FDP will nun im Bundestag das NetzDG zur Disposition stellen. Der Plan ist, es durch ein „Bürgerrechtestärkungsgesetz“ zu ersetzen. Dahinter steht die Absicht, zusätzlich die endgültige Aussetzung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung zu erreichen. Das aber lehnt der CSU-Mann Friedrich strikt ab. Wenn die FDP mit ihrer Initiative gegen das NetzDG auch die Abschaffung der vorübergehenden Speicherung von Kommunikationsdaten verknüpfe, „ist das natürlich nicht zustimmungsfähig“, erklärte er auf Twitter.

Mit ihrem Gesetzentwurf will die FDP-Fraktion vom NetzDG nur die Pflicht zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten erhalten, indem dieser Passus in das Telemediengesetz (TMG) übernommen wird. Allerdings hält es die Fraktion ohnehin für zweifelhaft, wie es in dem Entwurf weiter heißt, ob dem Bund für die Regulierung von Telemedien im Umgang mit rechtswidrigen Inhalten überhaupt die Gesetzgebungszuständigkeit zustehe.

Das mit Jahresbeginn in Kraft getretene NetzDG verpflichtet Internetplattformen wie Twitter und Facebook, Hinweisen auf rassistische oder andere strafbare Äußerungen nachzugehen. Die Betreiber müssen Posts oder Videos binnen 24 Stunden löschen, wenn sie diese für verboten halten. Werden strafbare Inhalte nach Hinweisen nicht gelöscht, droht ihnen ein Bußgeld von bis zu 50 Millionen Euro. Für Aufregung hatte die Löschung eines Flüchtlings-feindlichen Tweets der AfD-Politikerin Beatrix von Storch gesorgt. Die Kölner Polizei zeigte die Politikerin wegen Volksverhetzung an. Twitter sperrte auch einen „Titanic“-Tweet, in dem von Storchs Äußerungen aufs Korn genommen wurden.

Die FDP warf dem für das Gesetz verantwortlichen Justizminister Heiko Maas (SPD) vor diesem Hintergrund Versagen vor. „Der Bundesjustizminister hat mit seinem Netzwerkdurchsetzungsgesetz den Rechtsstaat aufgegeben und kapituliert. Wir dürfen die Justiz nicht teilprivatisieren“, sagte der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki der „Passauer Neuen Presse“. Konzerne wie Facebook, Twitter und andere sollten demnach nicht entscheiden müssen, ob bei ihnen hochgeladene Inhalte rechtswidrig sind. „Ein Justizminister, der das zulässt und für die Selbstaufgabe mitverantwortlich ist, ist in seinem Amt nicht mehr tragbar.“

KONTEXT

Netzwerkdurchsetzungsgesetz - was soll es bewirken?

Worum geht es beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz?

Hassrede, Aufrufe zur Gewalt und Fake News haben sich in sozialen Netzwerken zu einem schnell wachsenden Problem entwickelt und rütteln an den demokratischen Grundfesten. Je länger solche Beiträge gelesen und geteilt werden, umso verheerender ist meist die Wirkung. Facebook etwa unterhält zwar auch in Berlin eigene Löschteams, die solche Beiträge sichten und gegebenenfalls sperren. Von der Politik wurde den Unternehmen aber immer wieder vorgeworfen, nicht genug gegen Hass und Gewalt auf ihren Plattformen zu unternehmen. Das neue Netz-Gesetz soll das ändern.

Was sieht das Gesetz vor?

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) gilt seit dem 1. Januar. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will damit Plattformbetreiber wie Facebook und Twitter noch stärker in die Pflicht nehmen. Das Gesetz setzt bestimmte Löschfristen bei offensichtlich strafbaren Inhalten wie Volksverhetzung. Offenkundig strafbare Inhalte sollen innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden, bei schwieriger zu entscheidenden Fällen soll innerhalb von sieben Tagen dagegen vorgegangen werden. Wer dieser Forderung wiederholt und systematisch nicht nachkommt, dem drohen Bußgelder in Millionenhöhe.

Was monieren Kritiker des Gesetzes?

Das Gesetz ist nach Einschätzung seiner Kritiker mit heißer Nadel gestrickt und legt es in die Hand der Plattformbetreiber, neben klaren Rechtsverstößen auch über viele juristisch zweifelhafte Fälle zu urteilen. Das sei aber die Sache von Gerichten. Befürchtet wird zudem, dass die Betreiber in vorauseilendem Gehorsam in Zweifelsfällen lieber löschen oder sperren. Das könne zu einer Zensur von unliebsamen Beiträgen jedweder Couleur führen und letztlich zur Einschränkung der Meinungsfreiheit. Mit der Sperrung des Twitter-Accounts der Satire-Zeitschrift "Titanic" hätten sich ihre Befürchtungen bestätigt, sagte Frank Überall, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV). Das Magazin hatte in einem Tweet einen umstrittenen Beitrag der AfD-Politikerin Beatrix von Storch parodistisch aufs Korn genommen und dabei den Begriff "Barbarenhorden" verwendet.

Wie steht das Justizministerium dazu?

Justizminister Maas hält trotz der wachsenden Kritik an dem Gesetz fest. Auch bei Leserbriefen von Zeitungen müsse vorab geklärt werden, ob diese veröffentlicht werden könnten oder nicht, sagte Maas der "Bild"-Zeitung (Montag). Ein solches Vergehen müsse auch von den Plattformbetreibern eingefordert werden können. "Das ist auf den Leserbriefseiten aller Zeitungen so, warum soll das bei Twitter und Facebook anders sein?" Die Löschpraxis scheine aber öfter nicht richtig zu funktionieren. Unklar blieb der Verbleib eines verschwundenen Tweets von Maas selbst, in dem er vor rund acht Jahren den Ex-Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin als "Idiot" bezeichnet hatte. Weder von Maas noch von einem Mitarbeiter des Ministeriums sei er gelöscht worden, betonte das Justizministerium. Twitter betonte auf Anfrage, selbst keine Tweets zu löschen, das könnten nur die Nutzer selbst.

Wie geht es weiter?

Die Plattformbetreiber müssen laut NetzDG halbjährlich Bericht über ihre Sperr- oder Löschpraxis abgeben. Das Bundesjustizministerium geht davon aus, dass ab Juni/Juli erste Berichte vorliegen werden. Dann solle Transparenz geschaffen werden, auf deren Basis die Wirksamkeit des Gesetzes überhaupt erst beurteilt werden könne, hieß es am Montag. Es müsse "sehr genau evaluiert werden, wie sich das Gesetz auswirkt und welche Erfahrungen gemacht werden", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit sei dabei von allerhöchstem Wert.

KONTEXT

Was man zu Hasskommentaren wissen sollte

Was ist "Hate Speech"?

Eine feste Definition des Begriffs "Hate Speech" gibt es nicht. Gemeint sind allgemein Meinungsäußerungen, die bestimmte Personen oder Personengruppen herabsetzen und verunglimpfen sollen. In der politischen Debatte geht es nur um solche Formen von Hate Speech, die gegen Gesetze verstoßen, insbesondere gegen Paragraphen des Strafgesetzbuchs (StGB). Ein Beispiel ist § 130 des Strafgesetzbuchs (Volksverhetzung). Diese Vorschrift verbietet es, zum Hass gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe aufzustacheln oder zu Gewalt gegen sie aufzufordern. Außerdem ist danach unter bestimmten Umständen die Leugnung des Holocaust strafbar.

Quelle: Bundesjustizministerium.

Bundesjustizministerium

Wer definiert, welche Äußerungen rechtswidrige "Hate Speech" sind?

Weder das Bundesjustizministerium noch die vom Ministerium eingerichtete Task Force prüfen, ob konkrete Inhalte gegen Gesetze verstoßen und entscheiden daher auch nicht über die Entfernung von rechtswidrigen Inhalten. Diese Prüfung führen die in der Task Force vertretenen Unternehmen vielmehr in eigener Verantwortung und in eigener Zuständigkeit durch. Die Unternehmen haben zugesagt, hasserfüllte Inhalte und Aufstachelung zu Gewalt einerseits auf ihre Gemeinschaftsrichtlinien ("Community Standards") hin und andererseits auf Grundlage des deutschen Rechts zu überprüfen, sobald ihnen konkrete Inhalte dieser Art gemeldet worden sind.

Welche Themen werden betrachtet?

Thema der Task Force ist ganz generell der Umgang mit rechtswidrigen Hassbotschaften im Internet. Die Diskussion ist nicht auf rechtsextremistische Inhalte beschränkt, sondern umfasst rechtswidrige Aufrufe zu Hass und Gewalt unabhängig von ihren Motiven oder den Personen, gegen die sie sich richten. Fragen im Zusammenhang mit der Löschung konkreter Beiträge können nur die Unternehmen beantworten.

Verstößt die Löschung von Hassbotschaften gegen die Meinungsfreiheit?

In Deutschland gilt Meinungs- und Pressefreiheit. Das ist im Grundgesetz verankert. In Absatz 2 des entsprechenden Artikels 5 steht allerdings auch: "Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre." Das heißt: Niemand darf sein Recht auf Meinungsfreiheit dafür nutzen, die Rechte anderer zu verletzen, zum Beispiel, indem er gegen sie hetzt, zu Gewalt aufruft oder sie verleumdet. Diese Gesetze gelten - sie müssen in sozialen Netzwerken aber konsequenter als bislang zur Anwendung kommen. Und nur darum geht es: Dass Kommentare, die gegen das Strafrecht verstoßen, gelöscht werden.

Wie unterscheidet sich das Löschen von rechtswidriger "Hate Speech" von der Strafverfolgung?

Die Strafverfolgung dient dazu, den verantwortlichen Autor zur Rechenschaft zu ziehen. Dies ist Sache der zuständigen Strafverfolgungsbehörden. Die Staatsanwaltschaften werden Anzeigen schnell prüfen und zur Anklage bringen, wenn die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Ziel des Löschens von rechtswidrigen Beiträgen ist es, für eine angemessene Kommunikationskultur zu sorgen und die vom Hass betroffenen Gruppen und Personen zu schützen. Die beiden Ziele ergänzen sich.

In welchem Verhältnis steht das Vorgehen der Task Force zum normalen Rechtsweg?

Die Task Force nimmt keine Prüfung von Inhalten vor und entscheidet auch nicht über die Entfernung von strafbaren Inhalten. Die strafrechtliche Verfolgung von Hasskriminalität im Internet obliegt den zuständigen Strafverfolgungsbehörden.