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Nach der EZB-Zinswende: Das folgt daraus für Sparer, Kredite, Bauzinsen und den Euro

Die EZB hat die Zinswende begonnen und die Leitzinsen gesenkt.  - Copyright: Picture Alliance
Die EZB hat die Zinswende begonnen und die Leitzinsen gesenkt. - Copyright: Picture Alliance

Die Zinswende ist da: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Leitzinsen am Donnerstag wie erwartet um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Sie leitete damit als erste große Zentralbank die Zinswende ein. Die EZB signalisierte, dass sie aktuell keine große Inflationsgefahr sieht. Sie behalte die Risiken - etwa durch stark steigende Löhne und Gehälter - aber genau im Blick. Ob und wann weitere Zinssenkungen folgen, ließ die EZB ausdrücklich offen. Sie habe keinen Zins-Pfad festlegt.

Im Kampf gegen die hohe Inflation hatte die EZB die Zinsen zwischen Juli 2022 und September 2023 aggressiv in zehn Schritten um 4,5 Prozentpunkte erhöht. Nun also die erste Zinssetzung seit sechs Jahren: Der Einlagezins, den Banken bekommen, wenn sie Geld bei der EZB anlegen, beträgt jetzt 3,75 Prozent. Der Refinanzierungssatz, zu dem Banken sich Geld bei der EZB leihen können, ist jetzt 4,25 Prozent.

Die Inflation hat sich zwar deutlich abgekühlt. Auf dem Höhepunkt lag die Teuerungsrate in der Eurozone im Herbst 2022 über zehn Prozent. Seither ging sie bis auf 2,4 Prozent im April zurück. Allerdings war die im Mai leicht auf 2,6 Prozent gestiegen. In Deutschland beträgt die Inflationsrate aktuell 2,4 Prozent.

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Die EZB begründet ihre Zinssenkung mit diesen Erfolgen, stellt aber auch fest: „Gleichzeitig bleibt der inländische Preisdruck aufgrund des hohen Lohnwachstums hoch, und die Inflation dürfte bis weit ins nächste Jahr hinein über dem Zielwert (von zwei Prozent) liegen.“

Die Veränderung von Leitzinsen hat über die Preise hinaus viele Folgen. Sie betreffen Sparer und Kreditkunde, Anleger und Bauwillige, beeinflussen Währungen und die Konjunktur. Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten zur Zinswende – sowie die wichtigsten Folgen für Euer Geld.

Inflation: So entwickeln sich die Preise

Die EZB ist allein der Geldwertstabilität verpflichtet. Sie strebt dafür eine Inflationsrate von mittelfristig zwei Prozent an. Ihre Zinssenkung ist ein Signal, dass sie davon ausgeht, dass die Teuerungsrate von aktuell 2,6 Prozent weiter sinkt. Für Deutschland rechnet Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser sogar damit, dass die Inflation in Deutschland im Sommer unter zwei Prozent fällt.

Es gibt aber auch Risiken für ein wiederaufflammen der Inflation. Dazu gehören unverändert Russlands Krieg gegen die Ukraine sowie der Krieg zwischen Israel und der Hamas. In Folge eine Eskalation könnten die Energiepreise und die Frachtkosten im Welthandel wieder steigen - und in der Folge viele Preise.

Das zweite Risiko betrifft die Löhne und Gehälter. Sie steigen in Europa selbst derzeit deutlich, zuletzt im Jahresvergleich um 4,7 Prozent. Dies macht Druck auf die Preise - vor allem bei lohnintensiven Dienstleistungen. Die EZB betrachtet dies mit besonderer Sorge.

Die Volkswirte der EZB hoben ihre Prognose für die Preise in diesem Jahr sogar leicht an. Sie rechnen rechnen jetzt mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von 2,5 Prozent in diesem und 2,2 Prozent im kommenden Jahr.

So stark haben EZB und Fed die Leitzinsen erhöht

Die EZB hatte die Leitzinsen seit dem Sommer 2022 um insgesamt 4,5 Prozentpunkte angehoben. Dies waren die stärksten Zinserhöhungen ihrer Geschichte. Nimmt man die Ära der D-Mark hinzu, waren es für Deutschland die schärfsten Zinserhöhungen seit 50 Jahren.

Die folgende Grafik macht deutlich, dass die EZB die Zinsen erst später und weniger stark angehoben hat als die US-Notenbank Fed. Mit ihrer Zinssenkung hat die EZB den Zinszyklus nun auch früher beendet - und erstmals seit 14 Jahren schneller agiert als die Fed. In den USA liegt der Leitzins in einer Spanne zwischen 5,25 und 5,5 Prozent. Die Fed entscheidet am kommenden Mittwoch über den Leitzins. Ökonomen erwarten überwiegend, dass die Fed den Leitzins vorerst unverändert lässt. In den USA ist die Inflation noch höher als in Europa. Auch die Konjunktur ist stärker. Einige Ökonomen fordern die Fed dennoch auf, bei ihrer übernächsten Sitzung im Juli die Zinsen zu senken.

Wie schnell und weit wird die EZB die Zinsen senken

So erwartbar die erste Zinssenkung der EZB war, so offen ist, wie es nun weitergeht. Wirtschaftsminister Robert Habeck hofft zwar, dass die EZB die Zinsen zeitnah weiter senkt, weil die Inflation sich dem EZB-Ziel nähere. Die EZB hält sich dies aber offen und will weitere Daten zur Entwicklung der Preise, aber auch der Löhne und Gehälter abwarten.

Schon vor der EZB-Entscheidung äußerten sich auch Analysten von Banken zurückhaltend. „Der Zinspfad im weiteren Jahresverlauf ist noch nicht klar vorgezeichnet“, merkte die Landesbank Helaba an. „Nach jüngsten Aussagen aus der EZB zu urteilen, ist eine weitere Zinssenkung im Juli unwahrscheinlich, urteilte Daniel Loughney, Anleihenexperte beim Fonds Mediolanum International.

Viele Ökonomen erwarten zwar weitere, kleine Zinsschritte der EZB, dies aber eher im September und Dezember. „In unserer Prognose gehen wir von jeweils einer weiteren Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte je Quartal aus", sagt Holthusen und ergänzt: „Wir gehen auch davon aus, dass wir damit noch nicht das Ende der Zinssenkungen erreicht haben werden und 2025 weitere Zinsschritte folgen.“

Beleben Zinssenkungen jetzt die Konjunktur?

Niedrigere Zinsen machen für Unternehmen Investitionen günstiger. Für Verbraucher wird der Konsum relativ zum Sparen attraktiver, wenn es weniger Zinsen gibt. Beides stärkt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Dies wirkt aber erst mit einer Verzögerung von vielen Monaten. Eine schneller Push für die Konjunktur ist von einer Zinssenkung also ebensowenig zu erwarten wie von der Fußball-EM.

Dennoch helfen Zinssenkungen. Denn auf der anderen Seite waren die hohen Zinsen für die deutsche Wirtschaft besonders hart. Deutschland ist beim Wachstum Schlusslicht in Europa. Die Wirtschaft ist 2023 geschrumpft und wird auch 2024 kaum wachsen. Je schneller und stärker die Zinsen sinken, um so günstiger ist es für die Konjunktur auch in Deutschland.

Auch Habeck erwartet, dass die Konjunktur endlich wieder anspringt. Nach eineinhalb sehr schwierigen Jahren für die Wirtschaft verbessere sich die Konjunkturlaune. „Viele Indikatoren zeigen jetzt nach oben", sagte der Minister Anfang der Woche. Sinkende Zinsen würden auch ihm helfen.

Die Volkswirte der EZB erwarten für die Eurozone ein Wirtschaftswachstum von 0,9 Prozent in diesem und 1,4 Prozent im nächsten Jahr.

Die Folgen der Zinswende für Tages- und Festgeld

Für Sparer hatten die Zinserhöhungen der EZB die Zeit niedriger, teils negativer Sparzinsen beendet. Banken und Sparkassen hoben ihre Zinsen für Tages- und Festgeld deutlich an. Vor allem Neukunden bieten einige Institute seither attraktive Zinsen, die seit einiger Zeit auch über der Inflationsrate liegen.

Eine Auswertung des Vergleichsportals Verivox zeigt, welche Banken derzeit die höchsten Zinsen für Tagesgeld und Festgeld zahlen.

Für zweijähriges Festgeld zahlte die Haitong Bank aus Portugal mit 3,65 Prozent Mitte Mai am meisten. In der Spitze des Zinszyklus lagen die Angebote noch einen Prozentpunkt höher. Wer sein Geld lieber bei einer Bank in Deutschland anlegen möchte, muss mit etwas geringeren Zinsen rechnen.

Für Tagesgeld zahlt Trade Republic aktuell mit 4,0 Prozent sogar höhere Zinsen. Ihr müsst dafür aber ein Konto bei dem Online-Broker haben. Die Bank Norwegian zahlt immerhin 3,8 Prozent. Dass die Zinsen für längere Laufzeiten niedriger sind, zeigt, dass Banken mit sinkenden Zinsen rechnen.

„Bei den Zinsen für Tagesgeld und Festgeld haben wir den Höhepunkt erreicht und wohl überschritten“, sagt Holthusen. „Die Zinsen dürften bei einer Senkung der Leitzinsen in einer ähnlichen Größenordnung sinken.“

Bauzinsen: Endlich Planungssicherheit für Bauwillige und Käufer

Die Hypothekenzinsen orientieren sich an den Kapitalmarktrenditen. Wichtig sind vor allem die Bundesanleihen. Deren Zinssätze waren im jetzt endenden Zyklus von minus 0,8 Prozent bis rund 3 Prozent gestiegen. Aktuell liegen sie bereits wieder etwa bei 2,5 Prozent. „Wenn die EZB die Leitzinsen senkt, dürften auch die Kapitalmarktzinsen ein Stück nach unten gehen“, sagt Holthusen. „Ich rechne perspektivisch mit Renditen um die zwei Prozent. In der Folge sollten auch die Hypothekenzinsen zwischen 0,5 und 0,7 Prozentpunkten sinken.“

Wichtiger für Bauherren und Immobilienkäufer sei aber etwas anderes: „Dass sie jetzt wieder planen können. In der Phase steigender Zinsen sind die Finanzierungskosten für viele Vorhaben weggelaufen. Jetzt wissen Bauwillige, dass die Zinsen vorerst zumindest nicht steigen, im Zweifel eher sinken werden. Das gibt Sicherheit.“

Michael Neumann, Zinsexperte des Finanzvermittlers Dr. Klein, sagte uns: „Für Privatanleger, die eine Immobilie kaufen möchten, ist der 6. Juni nicht so entscheidend.“ Dennoch sei jetzt ein guter Zeitpunkt für einen Kauf. Er vermutet, dass viele Immobilien heute günstiger sind als in zwölf oder 18 Monaten. Aber: „Der Spielraum für Rückgänge bei den Baufinanzierungszinsen ist gering, selbst wenn die EZB weitere Senkungen durchführt.“

Dirk Eilinghoff, Finanztip-Experte für Baufinanzierung, nennt für Bauzinsen eine Spanne von 3,7 bis 4,2 Prozent. Seit Januar seien sie leicht etwa 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte gestiegen.

Wie bei den Sparzinsen ist die Zinskurve auch bei Bauzinsen leicht invers. Kredite mit kurzer Zinsbindung sind teilweise teurer als Darlehen mit längerer Laufzeit. Das zeige, dass Banken auf Sicht der nächsten Jahre mit sinkenden Zinsen rechnen, so Eilinghoff.

Ratenkredite und Dispokredite werden günstiger

Ganz anders ist die Situation für Kreditnehmer: Die Zinsen für Ratenkredite waren über den Zinszyklus stark gestiegen. Nun könnten sie etwas zurückgehen. Die Erfahrung zeigt, dass viele Banken ihre Kreditzinsen zwar schnell erhöhen, aber nur langsam senken. Gerade in Zeiten von Zinswenden lohnt daher ein Vergleich. Für manche Kreditnehmer kann auch eine Umschuldung lohnend sein.

Aktien und Währungen

An den Aktien- und Devisenmärkten rechneten Akteure nicht mir starken Ausschlägen. „Die EZB hat die Märkte gut auf eine Zinssenkung vorbereitet“, betont Holthusen. Das bedeutet, dass eine Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte an den Märkten weitgehend eingepreist sei.

Die Sorge, dass der Euro unter Druck geraten könnte, wenn die EZB die Zinsen in der Eurozone drückt, die Fed die US-Zinsen aber hoch hält, teilt er nicht. „Beim Euro halte ich das Risiko für begrenzt. In den USA gibt es ohnehin attraktivere Zinsen. Die Zinsdifferenz würde jetzt nicht so viel größer werden, dass der Euro unter Druck geraten würde.“