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Ich wohne in einem Zelt ohne Wasser und Elektrik – es gibt nichts, was ich vermisse in meinem friedlichen Leben

Cami Ostman lebt teilweise in einer Jurte im Osten Washingtons. - Copyright: Courtesy of Cami Ostman
Cami Ostman lebt teilweise in einer Jurte im Osten Washingtons. - Copyright: Courtesy of Cami Ostman

Dieser Essay basiert auf einem Gespräch mit Cami Ostman, einer 56-jährigen Schriftstellerin und Schreibcoachin aus Shoreline, Washington. Er wurde aus Gründen der Länge und Klarheit überarbeitet.

Solange ich mich erinnern kann, hatte ich von einem Grundstück gehört, das meinen Großeltern drei Stunden von Seattle entfernt im Osten Washingtons gehörte. In meinen 30ern besuchte ich es zum ersten Mal, und es war einfach wunderschön: 20 Hektar Salbeisträucher und ein ungehinderter Blick auf die Berge. Von da an stellte ich mir jeden Abend, wenn ich einschlief, die Hütte vor, die ich darauf bauen würde und in der ich wohnen würde.

Zu dieser Zeit war ich verheiratet und lebte in Bellingham, Washington. Als Ehefrau hatte ich manchmal das Gefühl, nicht meine eigene Person zu sein. Das war nicht die Schuld meines Partners. Ich fühlte mich in die Rolle der Betreuerin gedrängt — etwas, das ich bei Frauen oft erlebe.

Ich bekam nicht den Raum und die Zeit für mich allein, die ich brauchte — bis ich es selbst in die Hand nahm

Ende 2015 verließ ich meine Ehe und begann mein Leben neu zu gestalten. Ich wollte so wohnen, wie ich es wollte.

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Nachdem meine Großeltern drei Jahre später gestorben waren, wandte ich mich an meine Tante, der das Grundstück gehörte. Ich fragte sie, ob ich es ihr abkaufen könne. Sie hatte nicht vor, irgendetwas mit dem Land zu tun, also sagte sie, ich könne es haben. Ich kaufte es für einen Handschlag.

Ich besorgte mir eine Campingausrüstung und begann, einmal im Monat dorthin zu fahren. Auf dem Grundstück befand sich nichts außer einem alten Wohnwagen, der mit Gerümpel gefüllt war. Ich saß auf der Terrasse, die mein Großvater um den Wohnwagen herum gebaut hatte und starrte auf die Berge.

Ich habe den Wohnwagen entkernt und einen Bodenbelag über dem Asbest verlegt, um ihn bewohnbar zu machen, aber ich wusste, dass die Konstruktion nicht mehr viele Jahre halten würde.

Ich liebte die Idee einer Jurte

Die Jurte bei Nacht. - Copyright: Courtesy of Cami Ostman
Die Jurte bei Nacht. - Copyright: Courtesy of Cami Ostman

Eine Jurte ist eine kreisförmige, zeltartige Kuppel aus Filz oder Fellen, die über ein zusammenklappbares Gerüst gespannt ist. Traditionell wohnen Nomadenvölkern in der Mongolei, Sibirien und der Türkei in solchen Jurten. Mir gefiel die Idee einer Jurte, weil sie schnell aufgebaut werden konnte und etwas isoliert war.

Ich recherchierte viel und fand eine Firma namens Pacific Yurts, bei der ich die Materialien für knapp 19.000 US-Dollar – also etwa 17.500 Euro – kaufte, die ich in Raten abzahlte. Ich überredete meine Brüder und meinen Vater, mir beim Bau zu helfen. Wir alle haben die ausführliche Anleitung gründlich gelesen und uns zahlreiche Videos angesehen.

Wir bauten eine Plattform aus Sperrholz, die zu einem Kreis mit einem Durchmesser von 24 Fuß (das sind etwa sieben Meter) zugeschnitten wurde. Dann installierten wir eine Tropfkante – ein Brett, das eineinhalb Zentimeter um die Plattform herum hochsteht und die Hauptstruktur, eine Gitterwand aus Holz, hält – um den Umfang herum. Wir haben unsere mit Wolle bedeckt.

Der Bau der Plattform dauerte ein ganzes Wochenende und die Jurte ein weiteres Wochenende. Als sie fertig gebaut war, waren wir erschöpft. Ich weinte vor Freude, dass mein Traum wahr geworden war und ich endlich in meiner Jurte wohnen konnte.

Meine Jurte wurde mein zweites Zuhause

Im Inneren der Jurte. - Copyright: Courtesy of Cami Ostman
Im Inneren der Jurte. - Copyright: Courtesy of Cami Ostman

Ich bleibe jeweils zwei bis fünf Nächte und wohne den Rest der Woche in meiner Eigentumswohnung in Shoreline, einem nördlichen Vorort von Seattle.

Ich entschied mich für eine "hippie-schicke" Einrichtung. Ich habe Sofas und Stühle gefunden, die sich in Betten verwandeln lassen, sodass ich bei Konzerten in der Nähe Schlummerpartys veranstalten kann. Für mich selbst habe ein Hochbett gekauft, damit ich darunter einen Bereich für meine Hunde einrichten kann. Ich habe überall an der Innendecke Edison-Lampen angebracht.

Als Kunstwerke habe ich Drucke aufgehängt, die ursprünglich von meinem Tätowierer gemalt wurden, der mein Lieblingskünstler ist. Der allgemeine Stil ist sehr gemütlich und farbenfroh.

Von meiner Jurte aus schaue ich oft auf die Berge. Ich schreibe. Ich gehe auf dem Grundstück spazieren und singe. Manchmal bringe ich Freunde mit und wir sitzen am Feuer und trinken Wein. Ich bringe alles mit, was ich brauche, wenn ich ankomme, denn es sind 25 Minuten Fahrt in die Zivilisation.

Eine Toilette gibt es nicht. Wenn die Natur ruft, gehe ich entweder nach draußen, benutze das Plumpsklo, das mein Großvater gebaut hat (obwohl es alt und unsicher ist), oder ich benutze ein Luggable Loo, einen Fünf-Gallonen-Eimer (fünf Gallonen sind etwa 18 Liter) mit einem kompostierbaren Beutel, von dem mir meine Van-Lifer-Freundin Pam erzählt hat.

Es gibt weder Strom noch fließendes Wasser

Je nachdem, wie lange ich bleiben will, nehme ich fünf bis zehn Gallonen (also zwischen 18 und 37 Liter) Wasser zum Trinken und Geschirrspülen mit. Um sauber zu bleiben, benutze ich Feuchttücher. Alle drei Tage fahre ich zu Planet Fitness, um eine richtige Dusche zu nehmen.

Ein Generator versorgt einen kleinen Kühlschrank und eine Mikrowelle mit Strom und lädt alle meine Geräte auf. Nach Einbruch der Dunkelheit lese ich mit der Stirnlampe oder schaue mir Filme auf meinem Computer an. Es gibt kein Wlan, aber ich habe einen Hotspot auf meinem Handy, der ziemlich gut funktioniert.

Draußen gehen die Solarleuchten an, wenn die Sonne untergeht. Ich habe nie Angst, aber ich lasse meine Hunde an der Leine, wenn ich Kojoten höre.

Das Leben jenseits des Stromnetzes ist herrlich

Der Blick aus der Jurte. - Copyright: Courtesy of Cami Ostman
Der Blick aus der Jurte. - Copyright: Courtesy of Cami Ostman

Jedes Mal, wenn ich hierherkomme, sind die Farben anders, und es gibt verschiedene Käfer oder Bienen im Frühling. Das Grundstück fällt in ein Tal ab, sodass es einen Bach gibt, wenn der Schnee nach dem Winter schmilzt. Ansonsten ist es im Sommer sehr staubig.

Der größte Teil des Grundstücks um mein Land herum ist leer. Ein bisschen wird für den Weizen- oder Maisanbau genutzt. Auf einigen wenigen Flächen stehen Häuser, aber alle Grundstücke sind mindestens 20 Hektar groß, sodass mein nächster Nachbar ziemlich weit von mir entfernt ist.

Viele Frauen, die ich kenne, wohnen heutzutage zumindest teilweise jenseits des Stromnetzes. Mir fallen sieben Freundinnen in meinem Alter ein, die sich ein Stück Land außerhalb der Zivilisation gekauft oder einen Sprinter oder ein Wohnmobil gekauft haben. Die Einsamkeit ist sehr wertvoll.

Ich betreibe zwei Unternehmen, darunter The Narrative Project, ein neunmonatiges Programm, das Autoren bei der Fertigstellung von Projekten in Buchlänge unterstützt. In Seattle bin ich meinen Studenten und Angestellten gegenüber rechenschaftspflichtig, aber wenn ich auf meinem Land bin, lasse ich meine Arbeit hinter mir.

Es gibt nichts, was ich vermisse, wenn ich in der Jurte bin – es ist so lächerlich friedlich. Es gibt nur mich, die Rehe und die Eulen.

Lest den Originalartikel auf Business Insider