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Wirecard-Geschäfte: Verdächtiger Bafin-Mitarbeiter arbeitete in sensibler Abteilung

Der unter Insiderverdacht stehende Beschäftigte hat im Referat Marktanalyse gearbeitet. Die EU-Wertpapieraufsicht sah darin schon früh ein Problem.

Der Fall des unter Insiderverdachts mit Wirecard stehenden Bafin-Mitarbeiters legt nachträglich noch einmal die Schwächen der bisherigen internen Kontrollsysteme der Finanzaufsichtsbehörde offen. Denn der oder die mittlerweile freigestellte Beschäftigte saß in einer sensiblen Abteilung – dem Referat Marktanalyse –, in der er oder sie Zugang zu Insiderinformationen bekommen konnte.

Dennoch wurde das fragliche Wertpapiergeschäft durch den Fachvorgesetzten genehmigt – weil die betroffene Person zu dem Zeitpunkt nicht offiziell mit einer Wirecard-relevanten Aufgabe betraut war. Das lässt sich aus mehreren öffentlichen Dokumenten herauslesen, die das Handelsblatt analysiert hat. Die Bafin nahm dazu zunächst nicht Stellung.

Die Bafin hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass der von ihr angezeigte Mitarbeiter aus der Wertpapieraufsicht am 17. Juni ein strukturiertes Produkt auf Wirecard verkauft hatte. Am Tag darauf musste der Zahlungsdienstleister Luftbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro einräumen.

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Aus einer Kleinen Anfrage von Frank Schäffler und weiterer FDP-Bundestagsabgeordneter (Drucksache 19/24580) geht hervor, dass an diesem Tag nur eine Person aus der Wertpapieraufsicht ein strukturiertes Produkt verkauft hatte: ein Discount-Zertifikat zu Wirecard mit der ISIN DE000JM3TR30.

Dieselbe Transaktion – nach Datum und ISIN – taucht auch in der weiteren Kleinen Anfrage von Bettina Stark-Watzinger und weiterer FDP-Abgeordneter (Drucksache 19/25415) auf. Dort sind Transaktionen von zwei Mitarbeitern aufgelistet, die prinzipiell Zugang zu Insiderinformationen hatten, weil sie im Referat Marktanalyse arbeiten, und die mit Wirecard-Papieren gehandelt hatten. In der Antwort auf diese Anfrage taucht der betreffende Mitarbeiter als „P2“ auf.

Der Bafin war das Wertpapiergeschäft bekannt. Denn eine solche Konstellation war unter den damals noch geltenden, sehr freizügigen Regelungen noch möglich: Danach konnten Bafin-Mitarbeiter mit so ziemlich allen Wertpapieren handeln, egal wo sie arbeiteten. Sie durften nur nicht direkt mit dem Unternehmen befasst sein, dessen Wertpapiere sie handeln wollten, und mussten behaupten, dass sie auch sonst keine Insiderinformationen besaßen. Ihre Vorgesetzten mussten das glauben.

Bei dem nun unter Verdacht stehenden Geschäft war das der Fall. „Die beiden Beschäftigten besaßen zu den von ihnen angezeigten und durchgeführten Geschäften keine Kenntnisse von Insiderinformationen“, heißt es in der Anfrage, die auf den 17. Dezember 2020 datiert.

„Jedes angezeigte Geschäft wird durch den/die direkte Fachvorgesetzte dahingehend geprüft, ob hierzu bestimmungsgemäße Kenntnisse zu Insiderinformationen vorlagen.“ Dieses Votum der direkten Fachvorgesetzten habe zu den Geschäften vorgelegen und bestätigt, „dass zu diesen Geschäften keine bestimmungsgemäßen Kenntnisse zu Insiderinformationen vorlagen“.

Scharfe Kritik von der EU-Wertpapieraufsicht

Der EU-Wertpapierbehörde Esma, die das Verhalten der Bafin im Wirecard-Skandal geprüft hatte, war das eindeutig zu freizügig. Sie kritisieren in ihrem im November veröffentlichten Bericht nicht nur, dass die Bafin vor dem Wirecard-Skandal gar keinen Überblick über die Aktienbestände ihrer Mitarbeiter hatte, sondern zweifelten auch die „Robustheit“ der internen Kontrollsysteme mit Blick auf Interessenkonflikte an.

Ganz konkret griff sie auch die Handelsaktivitäten der Mitarbeiter aus dem Bereich an, der eigentlich Marktmissbrauch und Insiderhandel aufdecken und verhindern soll. Die Bafin hatte gegenüber den Esma-Prüfern eingeräumt, dass „ein sehr kleiner Anteil von Mitarbeitern mit ausgewiesenem Zugang zu Insiderinformationen im Marktmissbrauchsteam der Bafin mit Wirecard-Aktien und -Derivaten“, gehandelt hatten.

Auch gegenüber der Esma hatte die Bafin darauf verwiesen, dass der Fachvorgesetzte die Transaktionen freizeichnen müsse. Die Esma überzeugte das nicht. Sie bezeichnete die Transaktionen – zu denen auch das nun angezeigte Geschäft zählte – als „besorgniserregend“.

Es könne ein Interessenkonflikt darin bestehen, dass Mitarbeiter, „die eine zentrale Rolle bei der Beschaffung von Marktinformationen zur Identifizierung von Risiken spielen, mit Wirecard-Wertpapieren handelten“, so die Esma. „Die Tatsache, dass ein Teil der Beschäftigten, selbst ein 'sehr kleiner Anteil', mit Wirecard-Aktien handelte, ist besorgniserregend und rechtfertigt sicher weitere Untersuchungen“, schreibt die Esma der Bafin ins Aufgabenheft.

Zu diesem Zeitpunkt hatte die Bafin ihre Sonderauswertung zu den Wirecard-Transaktionen bereits angestoßen. Denn die privaten Wertpapiergeschäfte von Mitarbeitern der Aufsichtsbehörde mit Wirecard-Papieren hatten seit August hohe Wellen geschlagen. Im Oktober verschärfte die Behörde dann erstmals ihre Regeln für Aktienkäufe – und verbot grundsätzlich den Handel mit Wertpapieren von Finanzfirmen. Die Bundesregierung will den Wertpapierhandel noch drastischer einschränken.

Noch im Dezember „keinerlei Kenntnisse“

Offen ist die Frage, wann der Bafin erstmals der Verdacht kam, dass die nun angezeigte Transaktion doch ein Insidergeschäft gewesen sein könnte. Noch im Dezember sprach die Behörde davon, dass sie „keinerlei Kenntnisse“ über Mitarbeitergeschäfte habe, die „im Konflikt zu den insiderrechtlichen Vorgaben des Wertpapierhandelsgesetzes beziehungsweise der Marktmissbrauchsverordnung“ stünden.

Die Behörde verwies nur darauf, dass ihre Sonderprüfung der Transaktionen noch nicht abgeschlossen war. „Die Ergebnisse der Sonderauswertung werden unter Hinzuziehung externer Experten derzeit qualitätsgesichert. Im Anschluss wird die Bafin zu den Ergebnissen berichten“, hieß es im Dezember.