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Wells Fargo ächzt unter der schweren Last der Vergangenheit

Eine gewisse Ironie der Lage ist nicht zu übersehen. Wells Fargo hat sich jahrelang als besonders ethische Bank positioniert, die eigene Firmenkultur ins Rampenlicht gestellt und sich gern distanziert von den skandalgeplagten Banken der Wall Street, die sich in der Finanzkrise mit riskanten Wetten auf den Häusermarkt verzockt haben.

„Die Kultur verspeist die Strategie zum Frühstück – jeden Tag“, gab der damalige Vorstandschef John Stumpf zu Protokoll, als er 2009 von der Aufklärungskommission dazu befragt wurde, warum seine Bank vergleichsweise gut durch die Krise gekommen sei.

Nun jedoch ist es ausgerechnet die Firmenkultur, die der Bank immer neue Probleme bereitet. Es fing an vor knapp zwei Jahren mit einem Skandal um Scheinkonten. Wells-Fargo-Mitarbeiter hatten ohne das Wissen ihrer Kunden Millionen von zusätzlichen Konten eröffnet, um ihre eigenen Zielvorgaben zu erfüllen.

„Cross-Selling“ hieß Stumpfs Mantra. Jeder Kunde sollte mindestens acht verschiedene Dienste der Bank beanspruchen. Acht (englisch „eight“), reime sich schließlich auf „great“ – großartig, so Stumpf.

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Die Affäre kostete ihn schließlich den Job. Doch damit hörten die Probleme nicht auf. Hinzu kamen 2017 Skandale um unrechtmäßige Gebühren für Hausbesitzer und Autoversicherungen, die die Bank unnötigerweise für ihre Kunden abgeschlossen hatte. Vergangene Woche wurde bekannt, dass eine Abteilung der Bank Dokumente für Geschäftskunden gefälscht haben soll.

Der Druck auf Tim Sloan, Stumpfs Nachfolger, wächst. Er war lange Zeit die Nummer zwei der Bank, hat die Strategie also stets mitgetragen. Die Senatorin Elizabeth Warren von der Partei der Demokraten forderte vergangene Woche auf Twitter seinen Rücktritt. Mit ihren bohrenden Fragen hatte sie auch schon Stumpf bloßgestellt.

Wer in Wells Fargo investieren will, braucht also eine gute Portion Zuversicht und einen langen Atem. Der Aktienkurs hat seit Bekanntwerden der Scheinkontenaffäre im September 2016 um 13 Prozent zugelegt. Andere Banken dagegen konnten deutlich profitieren.

Die wachsende US-Wirtschaft, die gestiegenen Zinsen, die Aussicht auf weniger strenge Regulierung und die Steuerreform haben Bankaktien in die Höhe getrieben. Die Aktie von JP Morgan, Amerikas größter Bank nach Vermögenswerten, legte in dem Zeitraum um 70 Prozent zu. Das Papier der Bank of America hat sich mehr als verdoppelt.

Analysten glauben an die Zukunft der Bank

Immerhin: Wells Fargo stand vor der Krise glänzend da und zehrt immer noch von alter Stärke. Die Bank ist jetzt relativ niedrig bewertet und hat eine hohe Dividendenrendite von fast drei Prozent. Einst das profitabelste Finanzinstitut des Landes, liegt sie heute noch auf Platz vier mit einer Eigenkapitalrendite von über elf Prozent – davon können vor allem europäische Banken nur träumen.

Sie fährt allen Krisen zum Trotz satte Gewinne ein. 22 Milliarden Dollar waren es 2017, im ersten Quartal 2018 knapp sieben Milliarden. Damit ist Wells eines von nur sechs börsennotierten US-Unternehmen, die seit 2010 jedes Jahr jeweils mehr als zehn Milliarden Dollar an Gewinnen produziert haben, wie aus Daten des Finanzdienstleisters Bloomberg hervorgeht.

Sloan bekommt für seine Aufräumarbeit prominente Unterstützung. Starinvestor Warren Buffett gab ihm Anfang Mai Rückendeckung: „Ich mag Tim Sloan als Manager. Er korrigiert Fehler, die andere gemacht haben.“ Buffetts Holding Berkshire Hathaway ist der größte Aktionär der Bank mit knapp zehn Prozent Anteil.

Auch Analysten glauben an die Zukunft des 1852 gegründeten Unternehmens aus San Francisco. 13 empfehlen die Aktie derzeit zum Kauf, fünf raten zum Verkauf. Deutsche-Bank-Analyst Matthew O’Connor etwa rät, jetzt zuzuschlagen. Er erwartet „robuste“ Ausschüttungen an die Aktionäre durch Aktienrückkäufe und Dividenden.

Zwar sei das Ertragswachstum noch bis 2019 gedämpft. Schuld daran ist eine Auflage der US-Notenbank Federal Reserve, die gleichzeitig ein wichtiger Bankenaufseher ist. Sie hat der Bank bereits im Februar eine Wachstumssperre verhängt. Die Bilanzsumme des Instituts darf die Marke von zwei Billionen Dollar nicht überschreiten. Das ist das Niveau von Ende 2017. Doch die Auswirkungen auf die Gewinne seien mit 100 Millionen Dollar geringer als anfänglich mit 300 bis 400 Millionen erwartet, schreibt O’Connor.

Die Analysten von KBW haben Mitte Mai nach einem Investor Day der Bank die Schätzung für das Ergebnis je Aktie im laufenden Jahr leicht auf 4,47 Dollar und das Preisziel um drei Dollar auf 58 Dollar angehoben. Solange die Bank nicht wirklich die Wende schafft, sei sie aber nur wegen Einsparungen und hohen Ausschüttungen interessant – und damit als defensive Aktie für schlechte Zeiten.

Anfang der Woche hat die Bank immerhin ihre Erwartungen für die Eigenkapitalrendite nach oben korrigiert. Für dieses und nächstes Jahr soll sie in der Spanne von zwölf bis 15 Prozent liegen – angetrieben durch die Steuerreform von US-Präsident Trump, die die Körperschaftsteuer von 35 auf 21 Prozent senkt. Morningstar-Analyst Jim Sinegal glaubt jedoch nicht, dass die Krise überstanden ist.

„Weitere Veränderungen könnten nötig sein, um das Comeback der Bank in den Augen der Verbraucher und Investoren zu besiegeln“, stellt er klar. „Die große Frage ist, ob das Management wirklich an einer schonungslosen Veränderung der Unternehmenskultur interessiert ist.“ Die turbulenten Zeiten sind noch nicht vorüber.