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EU und Japan einig über Freihandelspakt

Donald Trump musste US-Präsident werden, damit Europa und Japan den Wert eines gemeinsamen Handelsabkommen erkannten. Seit 2013 verhandelten beide Seiten, die Gespräche dümpelten vor sich hin, ohne dass die Unterhändler einen Durchbruch erzielt hätten. Doch als US-Präsident Trump den transpazifischen Handelspakt (TPP) aufkündigte, wuchs in Japan das Interesse an einem Handelsabkommen mit Europa rasant. In Rekordtempo haben die EU und Japan seit Jahresbeginn die Grundzüge des Handelsabkommens Jefta ausbuchstabiert und an diesem Donnerstag auf einem Gipfeltreffen in Brüssel eine erste Einigung erzielt.

Auch wenn die Details noch ausgearbeitet werden müssen: Der Deal ist ein Signal gegen Protektionismus. Das Signal ist umso mächtiger, da Europa und Japan gemeinsam beinahe ein Drittel der weltweiten Wirtschaftsleistung abdecken. Noch nie gab es ein so großes Freihandelsabkommen.

Deutschland, das bisher rund ein Drittel aller EU-Exporte nach Japan stellt, dürfte zu den Gewinnern des Handelsabkommens zählen. Das ifo-Institut schätzt, dass sich das deutsche Bruttoinlandsprodukt gut ein Jahrzehnt nach Inkrafttreten des Abkommens um 3,4 Milliarden Euro bis 20 Milliarden Euro erhöhen könnte – je nachdem wie sehr nicht-tarifäre Handelshemmnisse abgebaut werden.


Am meisten dürfte die Lebensmittel- und Süßwarenbranche profitieren, deren Produkte derzeit in Japan mit von Zöllen von 30 bis 40 Prozent belegt werden. Ritter Sport Schokolade und Gummibärchen von Haribo sind zwar heute in Japan erhältlich, aber zu horrenden Preisen.

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Deutschland ist bereits der größte Exporteur von Käse nach Japan. Deutsche Marken sind in den Kühltheken allerdings kaum präsent, da ein Großteil der Ware weiterverarbeitet wird und etwa auf Tiefkühlpizza landet. Die EU-Kommission geht davon aus, dass die europäischen Exporte von Nahrungsmitteln um bis zu 180 Prozent steigen werden, wenn Japan seinen bisher stark abgeschotteten Markt für Lebensmittel öffnet.
Erhebliche Chancen ergeben sich, wenn Japan öffentliche Beschaffungen, die aktuell rund 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen, für europäische Anbieter öffnet. Wegen einer speziellen Sicherheitsklausel waren bisher europäische Hersteller wie Siemens oder Alstom de facto aus dem Markt für Eisenbahnen ausgeschlossen. Da Japan mehr Zugpassagiere zählt als die gesamte EU, ist der japanische Markt von großem Interesse für europäische Hersteller.


Die deutsche Automobilbranche steht dem Abkommen skeptisch gegenüber, da der europäische Zoll auf europäische Importe, der bisher zehn Prozent beträgt, über einen Zeitraum von sieben Jahren auslaufen soll. Die EU-Kommission rechnet jedoch nicht mit einem sprunghaften Anstieg von Pkw aus Japan, da japanische Hersteller bisher zwei Drittel ihrer in der EU verkauften Modelle schon in der EU produzieren. Auch hat sich beim Freihandelsabkommen mit Südkorea gezeigt, dass Exporte aus Europa viel stärker stiegen als Importe – ganz im Gegensatz zu den Erwartungen der europäischen Hersteller.

Der Weg ist noch weit

Bis deutsche Unternehmen von der Marktöffnung in Japan profitieren, kann es allerdings noch eine Weile dauern, wie das Beispiel Ceta zeigt, das Freihandelsabkommen zwischen EU und Kanada. Die EU erzielte im Herbst 2014 eine politische Einigung, aber erst im Frühjahr 2017 wurde es vom Europäischen Parlament ratifiziert und muss nun noch von nationalen Parlamenten und teilweise regionalen Parlamenten in den Mitgliedsstaaten abgesegnet werden.


Der Prozess wird auch im Fall des Freihandelsabkommens mit Japan komplex, da Nicht-Regierungsorganisationen wie Greenpeace Europa und Japan bei den Verhandlungen Geheimniskrämerei vorwerfen und kritisieren, dass im Abkommen der kommerzielle Walfang nicht behandelt wird. „Bis zu einem guten Abkommen ist der Weg noch weit“, sagt der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, Bernd Lange (SPD).

Einen positiven Nebeneffekt hat das Abkommen mit Japan allerdings schon jetzt: Die deutsche Wirtschaft interessiert sich wieder sehr viel mehr für Japan. Marcus Schürmann, Leiter der Außenhandelskammer Tokio: „Viele deutsche Unternehmen besinnen sich - auch angesichts der Unwägbarkeiten in anderen Teilen der Welt - auf Japan zurück.

KONTEXT

Jefta: Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick

Die 2013 gestarteten Verhandlungen gestalteten sich lange schwierig. Warum geht nun alles so schnell?

Beide Seiten wollen vor dem G20-Gipfel an diesem Freitag und Samstag ein Zeichen für freien Handel setzen. Zu dem Treffen in Hamburg wird auch US-Präsident Donald Trump erwartet, dessen Politik als protektionistisch wahrgenommenen wird. Ihm soll gezeigt werden, dass er sein Land isoliert und der US-Wirtschaft schadet, wenn er auf Protektionismus setzt. Wirtschaftlich gesehen würde durch das EU-Japan-Abkommen die größte Freihandelszone der Welt entstehen. Zusammen erwirtschafteten die EU-Staaten und Japan zuletzt mehr als ein Drittel des globalen Bruttoinlandsprodukts.

Quelle: dpa

Was verspricht sich die EU von dem Freihandelsabkommen?

Im Endeffekt geht es um Wohlstand und Jobs. Über einen besseren Zugang zum japanischen Markt sollen europäische Unternehmen neue Wachstumsmöglichkeiten bekommen. Wichtig für die Industrie ist es zum Beispiel, dass sie ihre Produkte ohne zusätzliche Prüfungen, Zertifizierungen oder Kennzeichnungen in Japan verkaufen kann. Europäische Landwirte sollen von einem weitreichenden Abbau von Zöllen auf Agrarprodukte profitieren.

Warum ist der japanische Markt so interessant?

Japan ist nach den USA und China die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. In dem Land lebten zuletzt rund 127 Millionen Menschen. Die Europäische Union erwartet, dass allein der Export von verarbeiteten Nahrungsmitteln von der EU in Richtung Japan um bis zu 180 Prozent steigen könnte. Dies würde einem zusätzlichen Umsatz in Höhe von 10 Milliarden Euro entsprechen.

Und was erhofft sich Japan?

Was für die EU gilt, gilt auch für Japan. Die EU-Staaten sind ein wichtiger Absatzmarkt für japanische Unternehmen. Japan ist vor allem an raschen Zollsenkungen für Industriegüter - insbesondere Autos - interessiert. Auf japanische Personenfahrzeuge wird in der EU derzeit eine Abgabe in Höhe von 10 Prozent erhoben. Sie soll innerhalb einer Übergangsfrist von sieben Jahren wegfallen. Für den japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe ist das Abkommen zudem politisch wichtig. Er hatte bislang vor allem auf die mit den USA und zehn anderen Ländern geplante transpazifische Freihandelszone (TPP) gesetzt. US-Präsident Trump kündigte allerdings im Januar an, das bereits ausgehandelte Projekt platzen zu lassen.

Was kritisieren Umwelt- und Verbraucherschützer?

Sie befürchten, dass über Jefta - so die inoffizielle Abkürzung für das Abkommen - europäische Standards im Bereich des Umwelt- und Verbraucherschutzes ausgehebelt werden könnten. Zudem warnen sie vor negativen Auswirkungen auf Entwicklungsländer, die unter dem verstärkten Wettbewerb in der neuen Freihandelszone leiden könnten.

Sind die Sorgen berechtigt?

Die EU-Kommission, die auf EU-Seite für die Verhandlungen zuständig ist, sagt Nein. „EU-Standards in Bereichen wie Umwelt- und Verbraucherschutz stehen nicht zur Disposition“, heißt aus der Brüsseler Behörde. Mit Blick auf die Entwicklungsländer wird darauf gesetzt, dass es über ein stärkeres Wirtschaftswachstum in der EU und Japan auch zu einer stärkere Nachfrage nach Produkten aus Entwicklungsländern kommt.

Wann ist mit einem endgültigen Abschluss und Inkrafttreten des Abkommens zu rechnen?

Zu der Frage wollten sich EU-Vertreter bis zuletzt nicht äußern. Theoretisch wird es für denkbar gehalten, dass die Verhandlungen bis Ende des Jahres beendet werden können. Versprechen will dies aber niemand. Ein noch offener Punkt ist zum Beispiel die Frage, vor welchen Gerichten Streitigkeiten zwischen Unternehmen und Staaten geklärt werden sollen. Die EU hat angekündigt, dass die früher üblichen, aber als intransparent kritisierten Schiedsgerichtsverfahren nicht mehr akzeptiert werden sollen. Stattdessen soll es einen neuen Investitionsgerichtshof mit öffentlich bestellten Richtern und einer Berufungsinstanz geben. Dies lehnt Japan bislang aber ab.