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Web.de-Gründer investiert in Longevity: „Abo-Produkte für vier Milliarden Menschen? Das beste Businessmodell aller Zeiten“

Michael Greve ist einer der erfolgreichsten, deutschen Internetunternehmer. Jetzt verfolgt er nur noch eine Mission: möglichst lange gesund zu leben. - Copyright: Kizoo
Michael Greve ist einer der erfolgreichsten, deutschen Internetunternehmer. Jetzt verfolgt er nur noch eine Mission: möglichst lange gesund zu leben. - Copyright: Kizoo

Es gibt da diese Typen wie Bryan Johnson. Der Youtube-Longevity-Papst. Laut, exzentrisch, polarisierend. Und es gibt Typen wie Michael Greve. Der 61-Jährige wirkt im Gegensatz dazu sehr geerdet. Den Videocall nimmt er in seiner Küche an. Schwarzes T-Shirt, voller Fokus. Uneitel und aufgeräumt.
Beide eint, dass sowohl Johnson als auch Greve in ihrer Karriere als Tech-Unternehmer sehr reich geworden sind und jetzt viel Geld in etwas stecken, dass andere für Humbug halten: die Idee, das Leben zu verlängern und den Tod aufzuschieben. Und auch: Länger jung sein und weniger schnell altern.

Einmalige Internet-Karriere

Dabei ist Michael Greves Leben jetzt schon so voll, es könnte die Leben von drei oder vier Menschen füllen. Greve ist einer der womöglich erfolgreichsten deutschen Internet-Unternehmer, einer der allerersten Generation. 1995 hat er gemeinsam mit seinem Bruder Matthias Greve das Portal Web.de gegründet. Fünf Jahre später ging Web.de an die Börse. 2005 kaufte United Internet die Firma. Da hatten die Greve-Brüder längst wieder gegründet: Flug.de, ein Flugpreisvergleichsportal, das der Otto-Konzern übernehmen sollte, genauso wie die Reiseplattform lastminute.de. Die hatten sie 1997 gestartet und 2004 an lastminute.com verkauft.

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Michael Greve verdiente bei diesen Exits sehr viel Geld. Damit stieg er ins VC-Geschäft ein – und wurde noch reicher. Er war einer der ersten Investoren von Firmen wie Mambu, Babbel oder Staffbase, allesamt spätere Unicorns.

Neues Thema: Gesundheit und langes Leben

2015 dann aber beginnt ihn ein anderes Thema zu packen. Das hat damals noch nicht so richtig einen Namen. Greve nennt deshalb seine Stiftung, mit der er anfängt, sein Geld einzusetzen, „Forever Healthy Foundation“. Dahinter verbirgt sich eine gemeinnützige Initiative zur Unterstützung der Langlebigkeitsforschung. Greve organisiert einen Summit zum Thema und finanziert Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die zu Ursachen des Alterns forschen und Therapien dagegen entwickeln wollen.

Aus seinem gemeinnützigem Wissenschaftsmäzenatentum macht Greve wenig später dann ein Business: Im Mai 2021 kündigt Greve an, fortan mit seinem VC Kizoo in Biotech-Startups investieren, die das Leben verlängern wollen. Die helfen, die gesunde Lebensspanne der Menschheit zu verlängern – so in etwa geht der Unternehmenssprech. Es geht um Zellverjüngung, Tumorbekämpfung, Arterienentkalkung, solche Sachen. Und um 100 Prozent neue Wege dahin. „Wir machen Seed-Finanzierung für Startups, die etwas machen, was noch nie gemacht wurde“, fasst Greve das zusammen. Er grinst: „Alles, wo ein normaler VC nie reingehen würde.“

Alles aus persönlichem Interesse

Ihn treibe ein „rein persönliches Interesse“, sagt Greve. „Ich habe mich gefragt: Was muss ich machen, um möglichst lange gesund zu bleiben?“ Eine Frage, die erst in der Mitte seines Lebens aufgekommen war. Denn in seinen 30ern verfolgte der Unternehmer noch einen anderen Lebensstil. In einem Interview mit der „Zeit“ beschrieb er den einmal so: „Red Bull zum Frühstück, dann den ganzen Tag Kaffee und drei Packungen Zigaretten. Abends Rotwein und Pizza zum Runterkommen“. Mit Anfang 40 aber änderte sich das. Keine Zigaretten mehr, keine Milchprodukte, kein Alkohol, kein Getreide und 20 Kilo weniger auf der Waage – so lebe er heute.

So persönlich wie sein Antrieb ist die ganze Verjüngungs-Mission des Unternehmers. Sein ganzes Leben widme er inzwischen diesem Thema – und auch sehr, sehr viel Geld: 300 Millionen Euro seines Vermögens stellt Greve für seinen Verjüngungs-Fonds bereit. Kizoo ist ein Single-LP VC. „Alles mein Geld“, erklärt Greve im Gespräch mit Gründerszene. „Es ist ganz angenehm, kein Geld Dritter zu investieren. Ich kann superschnell Entscheidungen treffen und bin niemandem Rechenschaft schuldig.“ Zum Beispiel, wenn es nicht klappt, wenn es keinen x-fachen Return of Investment gibt. Was ja passieren kann. „Die Sachen, die wir machen, haben ein sehr hohes Risiko. Der Reward ist aber halt auch unglaublich.“

Rejuvination statt Longevity

Michael Greve verwendet nicht gern das Wort Longevity. Er hat stattdessen ein noch komplizierteres: Rejuvenation. Verjüngung also. Longevity, das sei ja im Grunde jede Medizin. Medizin habe irgendwie immer das Ziel, die gesunde Lebensspanne zu verlängern. „Rejuvenation ist ein neues Feld innerhalb der Medizin“, erklärt Greve. Dort gehe es darum, speziell die altersbedingten Krankheiten zu vermeiden und zu heilen, indem man an der Ursache selbst ansetzt: dem Altern. Und diese Ursache möglichst ausmerzt.

Noch passiere das so gut wie gar nicht, gibt Greve zu. Zwei, drei Rejuvenation-Therapien, die direkt auf den Alterungsprozess Einfluss nehmen, existierten – alle anderen steckten noch in der Erforschung. Und dafür brauchen Rejuventaion-Biotech Startups Geld. Viel Geld.

Aus der Uni in den Rejuvenation-Fund

Firmen, in die Kizoo investiert, hole er in der Regel aus der Uni, erklärt der Investor. So hat er etwa in das Harvard-Spin-Off Cellvie investiert, das Brainchild zweier Professoren, die seit Jahrzehnten erforschen, wie sie Mitochondrien, die für den Energiestoffwechsel in den Zellen zuständig sind, verjüngen können. Mogling Bio ist ebenfalls ein Startup aus den USA und hat einen Wirkstoff entwickelt, der in Stammzellen eindringt. Stammzellen im Knochenmark bilden Blut- und Antikörper. Je älter sie sind, desto schwerer fällt ihnen das. Das ist der Grund, warum das Immunsystem im Alter nachlässt. „Man kann unter dem Elektronenmikroskop sehen, wie dieser Wirkstoff in die Stammzellen eindringt und sie von innen aufräumt“, erzählt Greve. Junge Stammzellen seien nämlich sortiert, ältere sehen aus wie eine vollgestelle Garage, erklärt er.

Michael Greve ist völlig klar, dass das, was er da erzählt, total nach Science Fiction klingt. „Oder wie Märchen“, sagt er. Glauben viele erst, wenn sie es selbst erleben. „Als Produktmensch und Unternehmer weiß ich: Wir brauchen Startups, die wirklich Therapien entwickeln.“ Wenn das alles erstmal zu kaufen gebe, werden endlich alle kapieren, dass es keine Science Fiction ist. Davon ist Greve überzeugt.

Investment in das „beste Businessmodell aller Zeiten“

Deshalb steckt er 300 Millionen in Rejuvenation: „Wie wollen zeigen, dass es real ist. Wir wollen zeigen, dass es unkompliziert ist; eine Pille, vielleicht eine Injektion, die man in regelmäßigen Abständen bekommt. Wir wollen beweisen, dass es günstig sein kann.“ Und dann ist da nicht zuletzt natürlich auch noch dieser Grund: „Das wird das beste Businessmodell aller Zeiten und, davon bin ich überzeugt, die größte Industrie aller Zeiten.“

Was diese Startups machen, oder: in Zukunft machen können, seien im Grunde Abo-Produkte für vier Milliarden Menschen. Denn die Zielgruppe für Maßnahmen, Medikamente und Therapien gegen das Altern sind alle Erwachsenen auf der Welt. Und: „Wenn es eine erschwingliche Möglichkeit zur Prävention von Herzinfarkten gäbe, wer wollte dann noch das Risiko eingehen?“ fragt Greve. Wer würde nicht die Produkte seiner Firmen kaufen?

Einmalige Value Proposition

War es eben noch die Begeisterung für Wissenschaft und Forschung, spricht jetzt ganz und gar der Investor aus ihm: „Die Value Proposition ist einfach einmalig: zehn Dollar im Monat, kein Herzinfarkt im Leben.“ Wenn man diese zehn Dollar mit vier Milliarden multipliziere und dann mal zwölf Monate nehme: „480 Milliarden Dollar Jahresumsatz.“ Mit nur einem Produkt. Seine Investments in den Verjüngungsmarkt könnten also äußerst lukrativ sein.

Genauso sei die „Risk-Reward Ratio“ noch nie da gewesen, sagt Greve. Natürlich können seine Investments scheitern – und zwar im Gegensatz zu Techfirmen, in die er früher investiert hat auch nach etlichen Jahren der Forschung noch und nachdem bereits viele Millionen hineingeflossen sind. Wenn etwa ein Wirkstoff nach teuren und zeitaufwendigen Testverfahren doch keine Zulassung bekommt. Es sei sogar sehr wahrscheinlich, dass das geschieht. Nur: „Jetzt ist die Frage: Was ist es dir wert, dass du vielleicht dann doch zehn Prozent an der Firma hast, die möglicherweise mal 500 Milliarden wert ist?“

Michael Greve hat diese Frage längst für sich beantwortet. Nun ist er dabei, andere zu überzeugen, mitzumachen. Das kann zwar eine Weile dauern – aber wenn alles läuft, wie es soll, hat der 61-Jährige ja noch viel Zeit. Mehr als andere 61-Jährige zumindest.