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Wall Street hat mit Rubelhandel nach Russland-Exits gut verdient

(Bloomberg) -- Das vergangene Jahr war für die Devisenhändler an der Wall Street ein außergewöhnlich erfolgreiches. Das betonen die Bankchefs derzeit immer wieder, wenn sie die im Vergleich eher schwachen Zahlen des laufenden Jahres erklären müssen.

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Selten angesprochen wird hingegen einer der Gründe für den Boom des letzten Jahres: ein Geldsegen in Milliardenhöhe, der von Russland über ehemalige Sowjetrepubliken an die Devisenhändler der Wall Street geflossen ist.

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Als westliche Unternehmen und internationale Investoren im Zuge der Invasion in der Ukraine und der darauf folgenden Sanktionen Russland fluchtartig verließen, suchten sie verzweifelt nach Wegen, ihre Rubel in Dollar zu wechseln. Für die Devisenhändler von Goldman Sachs, Citigroup und JPMorgan war das leicht verdientes Geld: Sie entdeckten einen Weg, die Rubel zu Dollar zu machen — und eine ordentliche Marge obendrein —, ohne dabei in Konflikt mit Sanktionen zu geraten, berichten Personen mit direkter Kenntnis der Transaktionen.

Um dies zu bewerkstelligen, so heißt es, wandten sich die Wall-Street-Banken an eher obskure Adressen, mit denen sie zuvor nur selten gehandelt hatten: Banken mit Sitz in Ländern, die einerseits von Moskau als “freundlich” eingestuft und andererseits von Washington nicht sanktioniert wurden. Dazu gehörten die Halyk Savings Bank of Kazakhstan, die First Heartland Jusan Bank und Kaspi.kz aus Kasachstan, sowie die Ameriabank aus Armenien. Diese Geldhäuser waren in der Lage direkt mit russischen Banken zu handeln, und zwar zum lokalen Rubelkurs, der zeitweise weit unter dem Offshore-Kurs lag, heißt es weiter.

Die Transaktionen trugen dazu bei, dass sich kleine Handelsabteilungen in Gelddruckmaschinen verwandelten, und trieben die Einnahmen aus dem Handel mit festverzinslichen Wertpapieren auf das zweithöchste Niveau seit einem Jahrzehnt. Goldman Sachs, Citigroup und JPMorgan verdienten jeweils Hunderte von Millionen Dollar mit dem Rubelhandel, während der Krieg im letzten Jahr weiterging, so die Personen, die um Anonymität baten.

“Im Krieg machen normalerweise zwei Branchen Geld”, sagt Jason Kennedy, Chef eines Personalvermittlers für die Finanzindustrie. “Waffenhändler und Banken.” Die Rubelhändler an der Wall Street haben wahrscheinlich ihre Boni verdoppelt, sagte Kennedy.

Der Handel geht weiter

Nach Angaben von Vali Analytics haben die größten Banken der Welt im vergangenen Jahr insgesamt 6 Milliarden Dollar mit dem Handel der russischen Währung verdient, etwa dreimal so viel wie normalerweise. Die Banken handeln auch heute noch mit kasachischen und armenischen Gegenparteien, obwohl die Geschäfte inzwischen weniger einträglich sind, heißt es.

Den Wall-Street-Banken wird in diesem Zusammenhang kein Fehlverhalten vorgeworfen, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Geschäfte gegen Sanktionen verstoßen haben. Die Banken haben damit ihren Kunden geholfen, die neuen Vorschriften einzuhalten und sich von problematisch gewordenen Beteiligungen zu trennen, heißt es. Die Beziehungen zu den Banken in Kasachstan und Armenien bestanden bereits vor Kriegsbeginn.

Dennoch hätten die beiden Gruppen vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine kaum nennenswerte Mengen an Devisen miteinander gehandelt, so die Personen. Jetzt seien sie schnell zu wichtigen Partnern geworden und handelten manchmal Dutzende Millionen Dollar pro Tag, so die Personen.

Die Wall-Street-Banken haben selbst erklärt, dass sie von der erhöhten Aktivität im Zusammenhang mit Kunden, die Russland verlassen haben, profitiert haben, aber über den Umfang und die Mechanismen des Rubelhandels wurde bisher nicht berichtet. Dagegen stehen auch Kosten, die der Krieg für die Banken verursacht hat, etwa durch den Abzug von Mitarbeitern aus Russland und die Einstellung der Geschäftstätigkeit im Land.

Mehr zum Thema: Russland-Bondabsturz: Goldman, JPMorgan auf Schnäppchenjagd

Goldman Sachs, Citigroup und JPMorgan lehnten eine Stellungnahme ab. E-Mails an Halyk und Jusan mit der Bitte um Stellungnahme wurden nicht beantwortet. Kaspi hat eigenen Angaben zufolge keine nennenswerten Mengen Rubel mit der Wall Street oder russischen Banken gehandelt.

Ein Sprecher der Ameriabank in Eriwan lehnte es ab, näher zu erläutern, wie viel Geld mit der Arbitrage verdient wurde. Es handele sich aber nur um einen “bescheidenen” Anteil an den gesamten Währungstransaktionen der Bank.

Andere Banken ließen sich von den Risiken abschrecken und hielten sich dem Vernehmen nach von dem Handel fern.

Händler bei der Bank of America etwa hielten sich an die Anweisung des Managements, alle Transaktionen zu vermeiden, die mit Russland zu tun haben könnten, heißt es in den Kreisen. Compliance-Verantwortliche bei der UBS befürchteten, dass das Geschäft als Umgehung von Sanktionen angesehen werden könnte, und hielten ihre Händler davon ab. HSBC, einer der größten Akteure auf dem Devisenmarkt, blieb ebenfalls an der Seitenlinie.

Bank of America, UBS und HSBC lehnten eine Stellungnahme ab. Auch das US-Finanzministerium wollte sich nicht zu den Transaktionen äußern.

Onshore - Offshore

Jahrzehntelang wurden Rubel und Dollar über die Moskauer Börse — den sogenannten Onshore-Markt — gehandelt. Daneben handelten Investoren auch über von Banken arrangierte Geschäfte auf dem sogenannten Offshore-Markt. Bis zum Einmarsch in der Ukraine im vergangenen Jahr gab es hier kaum Unterschiede. Doch Sanktionen des Westens und Kapitalverkehrskontrollen Moskaus sorgten seitdem zu einer deutlichen Diskrepanz zwischen den beiden Kursen.

Händler an der Wall Street waren aufgrund der Sanktionen nicht bereit oder in der Lage, direkt mit russischen Banken zu handeln. Für Banken in ehemaligen Sowjetrepubliken wie Kasachstan oder Armenien gab es jedoch weniger Beschränkungen und sie konnten gegen eine Gebühr als Vermittler fungieren.

“Dritte wie Kasachstan und Armenien haben keine Sanktionen gegen Russland verhängt und sehen darin eher eine Geschäftsmöglichkeit als ein Risiko”, sagte Maria Shagina, die am Internationalen Institut für Strategische Studien in Berlin über Sanktionen forscht. “Solange es keine eindeutigen Drohungen mit weiteren Sanktionen gibt, würden sie diese Chance gerne nutzen.”

Hilfeschreie der Kunden

Einen Mangel an verzweifelten Kunden hatten die Banken nicht. Große Unternehmen wollten oder mussten sich aus Russland zurückziehen. Wenn die Banken damit Gewinne machten, scherte sie das womöglich wenig.

“In dem Umfeld, in dem es zu einem Notverkauf kommt, ist man manchmal froh, überhaupt etwas zu bekommen, und nicht, den besten Preis zu erzielen”, sagte Naresh Aggarwal von der Association of Corporate Treasurers in London. “Sie hatten ohnehin schon viel Geld verloren, weil sie sich in Russland befanden. Wenn man wegen eines hohen Wechselkurses weitere 5% verliert, macht man sich darüber keine großen Gedanken.”

Selbst als sich die Onshore- und Offshore-Devisenkurse im Laufe des Jahres annäherten, blieb eine Lücke bestehen, die groß genug war, dass Händler sie ausnutzen konnten, sagen die Personen.

Die rechtliche Beurteilung der Geschäfte wird dadurch erschwert, dass die Sanktionsregelungen in den verschiedenen Jurisdiktionen unterschiedlich sind und zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft traten. Die meisten Juristen sehen jedoch keinen Verstoß gegen die Sanktionen.

“Alle diese Banken werden sehr stark anwaltlich beraten sein”, sagt etwa Anna Bradshaw, auf Sanktionen spezialisierte Partnerin bei der Kanzlei Peters & Peters in London. “Es ist schwer vorstellbar, dass sie sich zu diesem Zeitpunkt kollektiv darauf eingelassen haben könnten, ohne dass bei mindestens einer dieser Banken ein Anwalt an die Decke gegangen wäre.”

Zu den Moskauer Handelspartnern der kasachischen und armenischen Banken gehörte dem Vernehmen nach auch die österreichische Raiffeisen Bank International, die nach wie vor eine große russische Präsenz hat, auch wenn sie diese verkleinert und einen Verkauf oder eine Abspaltung prüft. Raiffeisen verzeichnete im letzten Jahr “außerordentlich hohe” Erträge aus dem Handel mit dem Rubel und anderen Devisen. Ein Sprecher wollte keine Stellungnahme abgeben.

Generell ist diese Art von Arbitragegeschäften typisch, wenn ein Land den Devisenhandel einschränkt, sagt Francis Breedon, ehemaliger Research-Leiter im Devisenbereich bei Lehman Brothers und jetzt Professor an der Queen Mary University of London. Dennoch, so Breedon, sei die Rubel-Arbitrage der Wall-Street-Banken etwas Außergewöhnliches.

“Was in diesem Fall ungewöhnlich erscheint, ist das Ausmaß und die Leichtigkeit, mit der das gemacht wird”, so Breedon.

Überschrift des Artikels im Original:Wall Street Reaped Ruble Fortune on Clients Fleeing From Russia

--Mit Hilfe von Srinivasan Sivabalan, Katherine Doherty, Mark Cudmore, Jennifer Surane, Irina Reznik, Jake Rudnitsky, Marton Eder, Sara Khojoyan und Helena Bedwell.

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