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Vieles hängt jetzt am Ölpreis: Das bedeutet der Angriff auf Israel für die Weltwirtschaft und die Konjunktur in Deutschland

Raketenbeschuss der Hamas auf Israel. - Copyright: MAHMUD HAMS/AFP via Getty Images
Raketenbeschuss der Hamas auf Israel. - Copyright: MAHMUD HAMS/AFP via Getty Images

Der neue Krieg im Nahen Osten nach dem Terrorangriff der Hamas gegen Israel ist menschlich und politisch eine Katastrophe. In Israel und den Palästinensergebieten wird er auch wirtschaftlich tiefe Spuren hinterlassen. Die Folgen für die Weltwirtschaft und Länder wie Deutschland schätzen Ökonomen dagegen als zunächst begrenzt ein. Es gibt neue, zusätzliche Sorgen, aber keine Panik. So lässt sich auch die Reaktion an den Märkten zusammenfassen. Die Ausschläge bei Aktien und Devisen blieben moderat, selbst beim Ölpreis blieb ein starker Anstieg bisher aus. Solange der Krieg auf Israel und die Palästinensergebiete beschränkt bleibt, blieben es auch die wirtschaftlichen Folgen, so die einhellige Einschätzung von Experten.

Damit ist aber auch das größte Risiko benannt: nämlich, dass der Konflikt sich auf andere Länder ausweitet. Die größte Sorge gilt einem dann erneut steigenden Ölpreises mit entsprechenden Folgen für die Inflation, für Verbraucher und viele Wirtschaftszweige.

Wie sehen die Entwicklungen am vierten Tag nach dem Überfall der Hamas auf Israel aus. Und wie schätzen Experten Lage aus Aussichten ein?

Der Ölpreis steigt, aber weniger stark als befürchtet:

Der Ölpreis war auf dem Weltmarkt in der vergangenen Woche um zehn Prozent gefallen. Nach dem Überfall der Hamas legte er gut vier Prozent zu. Am Montag kostete ein Fass Öl der Nordseesorte Brent rund 88 Dollar. Am Dienstag ging der Preis leicht auf 87,60 Dollar zurück. Zum Vergleich: Nach Russlands Angriff auf die Ukraine war der Preis für Rohöl der Marke Brent bis auf 130 Dollar gestiegen – allerdings auch nicht unmittelbar. „Der Ölpreis verhält sich seit dem Wochenende eher unauffällig“ resümiert Stefan Kooths vom Kieler IfW.

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Israel und die Palästinensergebiete spielen keine Rolle als Öllieferanten. Der Krieg birgt aber Gefahren für die globale Ölversorgung. Zum einen könnten wichtige arabische Förderländer ihre Produktion drosseln. Zum anderen könnten Verkehrswege für die Versorgung blockiert werden, etwa der Suez-Kanal oder die Straße von Hormuz. Jede Störung würden den Ölpreis nach oben treiben.

Der Überfall der Hamas auf Israel weckt Erinnerungen an den Jom-Kippur-Krieg vor genau 50 Jahren. Damals griffen Ägypten und Syrien an. Israel konnte den Krieg militärisch bald für sich entscheiden. Mit dem Jom-Kippur-Krieg begann aber die erste Ölkrise, die in westlichen Ländern eine hohe Inflation und eine lange und tiefe Rezession auslöste.

Damals steig der Ölpreise von drei auf sieben US-Dollar je Barrel. Nicht nur der Preis, auch die wirtschaftliche Konstellation ist heute anders. Anfang der 70er-Jahre kontrollierte das Kartell OPEC rund 50 Prozent der Weltölproduktion. Heute sind es rund 36 Prozent.

Allerdings haben die 13 Opec-Staaten gerade eine Kooperation mit zehn weiteren Ländern vereinbart, die OPEC-plus. Ihr gehören auch Russland und Mexiko an. Der Anteil von OPEC-plus an der weltweiten Ölproduktion ist mit 55 Prozent sogar höher als 1973. Jedoch liegen die Interessen der Mitgliedsländer weiter auseinander. Einige arabische Ölförderländer wie Saudi-Arabien hatten gerade eine vorsichtige Annäherung an Israel gesucht. Sie verfolgen aktuell eher eigene wirtschaftliche Ziele.

Eine besondere Rolle kommt jetzt dem Iran zu. Das Mullah-Regime unterstützt die Terrororganisationen Hamas sowie die Hisbollah im Libanon. Im Iran ist der Kampf gegen Israel Staatsräson. Der Iran ist ein großer Ölexporteur, seine Bedeutung für den Westen ist aufgrund vielfältiger Sanktionen begrenzt. Allerdings hat der Iran Einfluss auf die Straße von Hormuz, die wichtigste Schifffahrtsroute für Öltanker.

Neue, zusätzliche Unsicherheit bremst

Zwei Jahrzehnte lang war die Weltwirtschaft seit dem Jahr 2000 ebenso stetig wie kräftig gewachsen. Die Finanzkrise 2008/2009 wurde schnell überwunden. Doch seit der Corona-Pandemie 2020 belasten eine wachsende Unsicherheit und zunehmende Konflikte die globale Wirtschaft. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat gerade seine Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft für 2024 auf nur noch 2,9 Prozent gesenkt. Sie kommt nicht aus dem Krisenmodus heraus. Daher ist der neue Krieg im Nahen Osten auch wegen der zusätzlichen Verunsicherung eine zusätzliche Last.

„Unsicherheit wirkt immer dämpfend auf die Wirtschaft, weil man Investitions- und Kaufentscheidungen möglicherweise verschiebt", sagte die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer der FAZ. „Wenn der Konflikt weiter eskalieren sollte, und das ist aktuell nicht auszuschließen, könnten wir deshalb auch deutliche Auswirkungen auf unser Wirtschaft zu spüren bekommen. Das könnte insbesondere die Erholung, die wir für die nächsten Jahre erwarten, gefährden".


Devisen: Der US-Dollar bleibt der sichere Hafen

Viel ist darüber diskutiert worden, ob der US-Dollar seine Rolle als Leitwährung der Welt behaupten kann. Vor allem China und Russland versuchen, den Dollar zu schwächen. Die BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika wollen sich als Gegengewicht zu den von USA dominierten G7 positionieren. Doch die Stärke einer Währung zeigt sich in Krisen. Und wie schon nach Russlands Überfall auf die Ukraine hat der US-Dollar auch vom Überfall der Hamas auf Israel profitiert. Die US-Währung gilt bei Anlegern als der sicherste Hafen.

In der Folge stieg der US-Dollar zum Rubel zeitweise wieder über die in Moskau als kritisch angesehene Marke von 100 Rubel für einen Dollar. Israels Landeswährung, der Schekel, verlor am Montag zunächst deutlich, holte die Verluste nach einer Intervention der israelischen Zentralbank am Devisenmarkt aber wieder auf. Der Euro legte zum Dollar sogar leicht von 1,05 auf 1,06 Euro je Dollar zu.

Die wirtschaftliche Bedeutung Israels

Israel ist ein starkes, aber kleines Land mit etwa 9,5 Millionen Einwohnern. Gemessen an der gesamten Wirtschaftsleistung, zählt es nicht zu den großen Volkswirtschaften. Israel hat aber eine sehr erfolgreiche Tech-Industrie, vor allem für Software.

Die Mobilmachung von mehr als 300.000 Soldatinnen und Soldaten wird auch Unternehmen treffen. Dies wird, neben den Kosten des Krieges, zunächst Israels Wirtschaft selbst bremsen. In spezialisierten Nischen könnte dies auch Auswirkungen darüber hinaus haben. „Wenn jetzt für ein halbes Jahr hunderttausende junge Menschen in den Militärdienst eingezogen werden, dann ist es natürlich ein Lieferkettenthema“, sagte der Wiener Ökonom Gabriel Felbermayr.

Deutschland und Israel

Israel ist für Deutschland kein bedeutender Handelspartner. Nur eine sehr geringer Teil der deutschen Exporte geht nach Israel. „Israel liegt auf Platz 45 unserer wichtigsten Handelspartner“, sagt die Wirtschaftsweise Schnitzer.

Auswirkungen des Krieges auf Deutschland und die deutsche Wirtschaft sind vor allem über drei indirekte Wege denkbar. An erster Stelle steht eine Ausdehnung des Konfliktes auf andere Länder und dabei besonders ein steigender Ölpreis. Dies würde die ohnehin angeschlagene Konjunktur in Deutschland sofort treffen. Zweitens über eine schwächere Weltwirtschaft, die Deutschlands Exportchancen minder. Je nach Intensität und Dauer des Krieges könnten auf Deutschland, auch als Teil der Europäischen Union, auch Forderungen zukommen, sich an Kosten zu beteiligen.

Und wie jeder Konflikt, wie jeder Krieg, erhöht auch dieser die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen ihre Heimat verlassen und in andere Länder flüchten oder migrieren.