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Schließung wegen Corona: Versicherer muss Münchener Wirt Millionensumme zahlen

Die Versicherungskammer Bayern muss den Wirt des Augustinerkellers für die Schließung seines Biergartens entschädigen. Das Urteil ist das erste in Dutzenden Verfahren in München.

Versicherer und Restaurants streiten seit Monaten über das Kleingedruckte von Policen zu Betriebsschließungen. Foto: dpa
Versicherer und Restaurants streiten seit Monaten über das Kleingedruckte von Policen zu Betriebsschließungen. Foto: dpa

Die deutschen Versicherer bekommen wegen ihrer starren Haltung beim Thema Betriebsschließungsversicherungen immer mehr Gegenwind von den Gerichten. Am Donnerstag hat das Münchener Landgericht dem Wirt des Münchener Gasthauses Augustinerkeller erstmals eine Millionensumme zugesprochen.

Die Versicherungskammer Bayern muss dem Pächter des überregional bekannten Wirtshauses und Biergartens in der Nähe des Münchener Hauptbahnhofs nun 1,014 Millionen Euro als Entschädigung wegen der Betriebsschließung im Frühjahr zahlen.

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In Hunderten von Fällen klagen bundesweit inzwischen Gastwirte und Hoteliers auf die Auszahlung einer Entschädigungssumme im Rahmen einer Betriebsschließungsversicherung. In dem Streit zwischen den Versicherern und ihren Kunden geht es um die Frage, ob ihnen eine finanzielle Entschädigung aus ihrer Betriebsschließungsversicherung zusteht, nachdem die Behörden im Frühjahr einen generellen Lockdown angeordnet haben und Geschäfte, Hotels und Gaststätten geschlossen werden mussten.

Viele Betriebe gerieten so ohne eigenes Verschulden plötzlich in Existenznot. Die Betriebsschließungsversicherung sollte für den Schaden aufkommen, so ihr Argument.

Im aktuellen Fall hatte der Münchener Wirt Christian Vogler noch im März und damit kurz vor dem Lockdown eine Betriebsschließungspolice abgeschlossen, um sich gegen die finanziellen Folgen von Corona abzusichern. Die Versicherungskammer wollte im Anschluss dennoch nicht zahlen und berief sich auf ihre Versicherungsbedingungen, in denen behördlich angeordnete Schließungen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes zwar gedeckt sind, der Covid-19-Erreger aber explizit nicht genannt wird.

Dieser Argumentation folgte die Kammer nicht. Stattdessen kam sie zu dem Schluss, dass die Versicherungsbedingungen intransparent seien. „Wir sind der Meinung, dass man von einem Versicherungsnehmer nicht erwarten kann, dass ihm das Infektionsschutzgesetz geläufig ist“, sagte die Vorsitzende Richterin Susanne Laufenberg zur Begründung.

Versicherungskammer kündigt Widerstand an

Entsprechend erfreut nahm Augustiner-Wirt Vogler die Entscheidung auf. Er wertete das Urteil in einer ersten Reaktion im Anschluss als ein Signal für die gesamte Branche. Die leidet bundesweit unter den Folgen der Coronakrise seit Monaten besonders stark. Viele Wirte könnten sich aber einen Prozess nicht leisten, so Vogler. „Für die haben wir jetzt Vorarbeit geleistet.“

Die unterlegene Versicherungskammer kündigte bereits Widerstand an. „Wir werden uns nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe sorgfältig mit diesen auseinandersetzen und die Möglichkeiten der Berufung nutzen“, hieß es in einer ersten schriftlichen Stellungnahme. Schließlich zeigten andere Urteile zuletzt starke Unterschiede in der Rechtsauffassung der jeweiligen Gerichte. Beispielsweise habe das Landgericht Kempten Ansprüche gegen die Versicherungskammer verneint, hieß es von dort.

In vielen anderen Fällen lief es jedoch gegen die Versicherer. So hatte die Vorsitzende Richterin Susanne Laufenberg erst vor zwei Wochen in einer Klage des bekannten Wirtshauses am Nockherberg klargemacht, dass dem Versicherer Allianz eine Niederlage drohen dürfte.

Demnach müsse die Betriebsschließungsversicherung der Allianz möglicherweise auch dann an die Kunden für die von den Behörden angeordnete Schließung von Betrieben zahlen, wenn der Hinweis auf Covid-19 nicht explizit in den Vertragsunterlagen benannt wird. „Wir sehen im vorliegenden Fall nichts, was dem Anspruch der Klägerin entgegensteht“, sagte sie bei diesem Termin und warf der Allianz Intransparenz vor.

73.000 Policen bundesweit

Schon im Juli hatte sie bei einer Verhandlung allerdings klargemacht, dass eine pauschale Beurteilung der unterschiedlichen Verträge nicht möglich sei. Vielmehr komme es auf die individuellen Vertragsklauseln an, die im Einzelfall betrachtet werden müssen.

Nach Schätzungen des Branchenverbandes GDV hat knapp ein Viertel der Hotels und Gaststätten in Deutschland eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen. Von 73.000 Policen ist bundesweit die Rede.

Ähnliche Auseinandersetzungen zwischen Gastronomen und ihren Versicherern gibt es seit Wochen auch in Österreich und der Schweiz. Auch hier fielen Urteile ebenfalls zugunsten der Wirte aus. In manchen Fällen hatten die Assekuranzen einen Vergleich angeboten, den die betroffenen Wirte aber nicht annahmen und weiter klagten.

In Großbritannien gab es zu dem Thema im September eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs. Demnach können manche Kunden auf eine Entschädigung hoffen, aber nicht alle. Auch dort wiesen die Richter auf die individuelle Ausgestaltung des jeweiligen Vertragswerks hin, die stets einzeln geprüft werden müsse.