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US-Zölle heizen den Handelskonflikt an

Die US-Regierung kündigt im Streit über Airbus Strafzölle auf Importe aus der EU an. Die Europäer wollen zurückschlagen – die Fronten sind verhärtet.

Donald Trump kostete seinen Erfolg genüsslich aus. Die Entscheidung der Welthandelsorganisation (WTO) im Streit über die Subventionen für Airbus sei ein „großer Sieg für die Vereinigten Staaten“, verkündete der US-Präsident. Die Freigabe für die Strafzölle in Höhe von 7,5 Milliarden Dollar jährlich auf Einfuhren aus der Europäischen Union sei jetzt gekommen, „weil sie glauben, dass ich die WTO nicht mag“, so Trump. „Und sie wollen sicherstellen, dass ich glücklich bin.“

Trumps Handelsbeauftragter Robert Lighthizer schritt daraufhin umgehend zur Tat. Er ließ eine achtseitige Liste von Importprodukten veröffentlichen, die ab dem 18. Oktober mit Strafzöllen belegt werden sollen. Zehn Prozent sollen auf neue, in die USA importierte Verkehrsflugzeuge erhoben werden. Außerdem verteuern die USA Lebensmittel, Konsumwaren und Industrieprodukte, die in ganz Europa hergestellt werden, um 25 Prozent.

In der Aufstellung findet sich auch eine Extra-Passage für Deutschland: Unter anderem Industriewerkzeuge wie Zangen, Metallscheren, Schraubenzieher und Löt- oder Schweißgeräte werden mit Zöllen belegt, auch Kamera-Equipment wie Objektivlinsen sowie Bücher und Farbdrucke sind betroffen, ebenso Lebensmittel wie Kaffee und Kekse.

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Die Ankündigung überraschte die Europäer nicht – die US-Regierung hatte in den vergangenen Monaten kein ernsthaftes Interesse an einer gütlichen Beilegung des 15 Jahre alten Streits über die Hilfen für die Flugzeugbauer Airbus und Boeing gezeigt.

Dennoch reagierten Politik und Wirtschaft enttäuscht: „Handelskriege sind leicht zu beginnen, aber sie eskalieren schnell und nehmen meist kein gutes Ende“, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und kündigte eigene Vergeltungsmaßnahmen an.

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Joachim Lang, kritisierte, die US-Zölle auf Grundlage des WTO-Verfahrens seien zwar juristisch legitim, für die Wirtschaft und die politischen Beziehungen aber „überaus schädlich“.

Auch an den Finanzmärkten wächst die Sorge, die um sich greifenden Handelskonflikte könnten die Industrieländer in eine Rezession führen. Auch die USA scheinen dagegen nicht mehr immun: Die wichtigsten Aktienindizes an der Wall Street gaben in dieser Woche zweimal in Folge stark nach, nachdem schwache Zahlen aus dem produzierenden Gewerbe und vom Arbeitsmarkt als Warnsignale für einen drohenden Abschwung gedeutet wurden.

So schrumpften die Aktivitäten im US-Gewerbe auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren, und die Zahl der im September neu geschaffenen Jobs blieb hinter den Erwartungen zurück.

In Deutschland befindet sich die Industrie bereits in einer Rezession und zieht das Wirtschaftswachstum nach unten. Das Bruttoinlandsprodukt werde in diesem Jahr nur um 0,5 Prozent und 2020 um 1,1 Prozent zulegen, prognostizierten die führenden Forschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten.

„Wir sehen überall eine Verlangsamung des Wachstums, die wir von allen Organisationen prognostiziert bekommen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach einem Treffen mit den Spitzen von internationalen Institutionen.

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft hatte am Wochenende errechnet, dass die Zölle in der EU, und dort vor allem in Deutschland und Frankreich, einen Milliardenschaden verursachen dürften. In einer zweiten Runde von Zöllen würden die USA aber selber noch stärker getroffen.

Denn die Europäer lassen keinen Zweifel daran, dass sie es den USA mit gleicher Münze heimzahlen werden. „Wenn jemand unseren Flugzeugsektor mit Zöllen belegt, werden wir genau das Gleiche tun“, sagte Juncker. Die Kommission hat bereits eine milliardenschwere Liste mit US-Produkten vorbereitet, die mit eigenen Zöllen belegt werden könnten.

Sie muss aber abwarten, bis die WTO die Höhe der erlaubten Wiedergutmachung für die US-Hilfen für Boeing festlegt – was noch acht bis neun Monate dauern dürfte.

Die Kommission könnte theoretisch auf Grundlage eines anderen alten Streitfalls kurzfristig zum Gegenschlag ausholen und Strafzölle in Höhe von vier Milliarden Euro verhängen. Die Option „liegt auf dem Tisch“, warnte Handelskommissarin Cecilia Malmström Anfang der Woche.

Die Juristen der Brüsseler Behörde aber haben Bedenken angemeldet – ein solches Vorgehen sei kaum mit den WTO-Regeln vereinbar. Auf deren Einhaltung pocht Malmström aber. Es gebe daher „keine Pläne, kurzfristig zurückzuschlagen“, sagt ein EU-Diplomat.

Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire forderte die US-Regierung erneut auf, eine Verhandlungslösung in dem Streit zu suchen. „Seit Monaten strecken wir die Hand aus“, sagte er. Die EU-Kommission hatte im Juli ein detailliertes Angebot überbracht, wie beide Seiten die eigenen Subventionen für ihre Flugzeugindustrie zurückfahren könnten. Dabei geht es darum, die staatliche Anschubfinanzierung für die Entwicklung neuer Modelle zurückzufahren.

Im nächsten Schritt könnten EU und USA auf Länder wie China, Russland oder Brasilien zugehen, die ihre Anbieter mit Staatshilfen aufpäppelten. Diese seien das eigentliche Problem, so die Kommission.

Eine Antwort auf das Angebot blieb Washington aber bislang schuldig. Lighthizer machte keinen Hehl daraus, dass die US-Regierung zunächst die eigenen Zölle in Kraft treten lassen wolle, um diese als Druckmittel einzusetzen. „Über Jahre hat Europa Airbus massiv subventioniert und dabei der US-Luftfahrtindustrie und ihren Arbeitern schwer geschadet“, sagte der US-Handelsbeauftragte.

Er wolle nun in Verhandlungen mit der EU erreichen, „das Problem so zu lösen, dass die amerikanischen Arbeitnehmer davon profitieren“.

EU plant Vergeltung für Mitte 2020

Die EU-Staaten aber halten dagegen: „Die US-Zölle werden unsere Position nicht aufweichen“, sagt ein Diplomat. Die Europäer gehen davon aus, dass die WTO sie im nächsten Frühjahr oder Sommer zu noch höheren Vergeltungsmaßnahmen ermächtigen wird als nun die USA. „Wir kommen dann in eine Eskalationsspirale von Zöllen und Gegenmaßnahmen der EU, die unausweichlich sind, falls die USA ihre Zölle anwenden“, warnte Le Maire.

Allerdings muss die EU darauf achten, die Reihen geschlossen zu halten. Die US-Seite habe die Zölle so angelegt, dass sie spaltend wirkten, warnt der Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer. So finden sich auf der US-Liste etliche italienische Exportschlager wie Parmesan-Käse, Pasta oder Wein, obwohl das Land nicht an den Airbus-Programmen beteiligt ist. Die Strafzölle würden Italien „sehr wehtun“, sagte Premier Conte.

Hauptziel der Strafmaßnahmen ist aber Airbus selbst. Der Konzern muss zehn Prozent Zoll auf neue in die USA importierte Verkehrsflugzeuge abführen und verliert damit an preislicher Wettbewerbsfähigkeit.

Allerdings nimmt die US-Regierung einzelne Bauteile aus und verschont damit die Airbus-Produktion im eigenen Land. Der Konzern baut in seinem Werk im Bundesstaat Alabama Maschinen der A320-Serie. Der Airbus-Aktienkurs legte daraufhin deutlich zu. Der Konzern forderte USA und EU auf, sich um eine Verhandlungslösung zu bemühen, bevor die Luftfahrtindustrie und die Weltwirtschaft „erheblich geschädigt werden“.

Offen ist, ob der Konflikt um die Flugzeugbauer auch das Klima für die übrigen Handelsgespräche zwischen den beiden Handelsmächten belastet. „Wir hatten gehofft, dass die neue EU-Kommission mit der designierten Präsidentin von der Leyen eine Chance für die Verbesserung der handelspolitischen Beziehungen bietet“, sagte Ulrich Ackermann vom Maschinenbauverband VDMA. „Leider sieht es jetzt nicht nach einer Entspannung aus.“

Die von Juncker und Trump vor gut einem Jahr vereinbarten Gespräche über ein Industriezollabkommen stecken fest, weil Washington auf die Einbeziehung des Agrarsektors pocht. Fruchtbarer verlaufen die Verhandlungen über die gegenseitige Anerkennung von Sicherheitsprüfungen etwa im Maschinenbau oder in der Pharmaindustrie, allerdings gibt es auch hier noch keine Ergebnisse.

In Brüssel herrscht dennoch die Hoffnung, dass Trump auf die angedrohten Autozölle verzichtet. Der US-Präsident hatte den Europäern eine Frist bis Mitte November gesetzt, um eine Beschränkung ihrer Autoexporte in die Vereinigten Staaten zu akzeptieren – was diese strikt ablehnen. Um das Thema sei es „erfreulich ruhig geworden“, sagt ein EU-Diplomat. Womöglich habe auch Trump angesichts der schwächelnden Konjunktur derzeit kein Interesse, einen Konflikt von derartiger Größenordnung anzuzetteln.

Der WTO-Entscheid biete dem US-Präsidenten nun auch so die Gelegenheit, die ungeliebte EU mit Zöllen zu treffen.