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Der Unterschätzte: Airbus-CEO Faury führt Europas Vorzeige-Konzern durch die bisher härteste Krise

Dank reaktionsschnellem Management kann Airbus seine Position als größter Flugzeugbauer der Welt verteidigen – und auf Wachstum hoffen.

Guillaume Faury ist Franzose, hat aber einen geradezu britischen Hang zum Understatement. „2020 war ein besonderes Jahr“ sagte er lapidar am vergangenen Freitag. Jeder andere hätte Superlative bemüht, über eine Luftfahrtkrise gestöhnt, wie es sie noch nie gegeben hat.

Nicht so der stets höflich-beherrschte, nie aufbrausende Faury. „Wir sind verhalten optimistisch für 2021“ war das höchste an Emotionen, was er sich leistete, neben einem Dank an „die ganze Mannschaft, die Großes geleistet“ habe. Dabei war 2020 ein entscheidendes Jahr für den CEO, eines, das Airbus und ihn leicht hätte aus der Bahn werfen können.

Anfang 2020 war der heute 52-Jährige, der den größten Teil seiner Karriere bei Airbus absolviert hat, aber auch die Autoindustrie kennt, erst seit acht Monaten im Amt. Noch wurde er an seinem Vorgänger, „Major Tom“ Enders gemessen. Ein Jahr später ist er ein CEO, der in niemandes Schatten mehr steht und einen höchst gefährlichen Ritt glatt absolviert hat.

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Bei der Bilanz-Pressekonferenz im Februar 2020 musste er belegen, wie Airbus die Produktion steigern werde: Die Airlines gierten nach leichteren, spritsparenden Modellen. Quasi nebenbei legte Faury den seit Jahren schwelenden Rechtsstreit um die Korruptionsaffäre bei, die sich Airbus vor seiner Zeit geleistet hatte und konnte damit die Gefahr beseitigen, vom US-Markt verbannt zu werden. Fast vier Milliarden Euro Strafe zahlte das Unternehmen, wies trotzdem einen Gewinn aus.

Fünf Wochen nach der Vorlage der Bilanz musste Faury von Steigflug – Ausweitung der Produktion – auf Notlandung umplanen: Weltweit setzten die Regierungen scharfe Restriktionen in Kraft, zwangen den Luftverkehr zu einer Vollbremsung. Faury fackelte nicht lange: Anfang April beschloss er, die Produktionsraten um 40 Prozent zu kappen.

In diesem Moment wusste niemand, ob Airbus diese Krise überleben könne, und wenn ja, ob nicht der Staat um Hilfe gebeten werden müsse. Das Unternehmen, das lange am Gängelband der französischen Regierung und der deutschen Regierung gehangen hatte, wollte das unbedingt vermeiden.

„Man soll nie ‚nie‘ sagen, aber ich kann feststellen, dass wir derzeit keine Kapitalhilfe des Staates brauchen und wir versuchen, uns selbst zu helfen“, sagte der CEO im Frühjahr im Interview mit dem Handelsblatt. Anfang 2021 sieht man, dass Faury richtiggelegen hat. Immerhin 566 Flieger hat Airbus ausliefern können.

Abbau von 15.000 Arbeitsplätzen

Das sind 34 Prozent weniger als im Jahr zuvor, aber viel mehr, als irgendjemand mitten in der härtesten der Krise der Luftfahrt für möglich gehalten hätte. Erzrivale Boeing schaffte nur rund 120 Flieger. Mit der Einschränkung der Fertigung um 40 Prozent hat Faury eine Punktlandung geschafft.

15.000 Arbeitsplätze wollte das Unternehmen im Sommer abbauen, fasste auch betriebsbedingte Kündigungen ins Auge. Am Ende werden es wohl deutlich weniger werden, und harte Entlassungen wird es voraussichtlich kaum geben.

Sicher, das Unternehmen profitiert in allen Kernländern wie Deutschland, Frankreich und Spanien indirekt von großzügigen Programmen der Regierungen für die Industrie und für die Airlines. Die sichern die Zahlungsfähigkeit seiner Abnehmer und seiner Lieferkette. Doch Faury und seine Vorstandskollegen haben es verstanden, das eigene Unternehmen rasch auf eine neue Realität einzustellen und dabei alternative Vorschläge der Arbeitnehmer aufzugreifen.

2021 soll es schon wieder behutsam aufwärtsgehen, sagt der stets vorsichtige Faury. Er schreit nicht Hurra, stellt aber in Aussicht: „In der zweiten Jahreshälfte können wir die Fertigung der Schmalrumpf-Flugzeuge hoffentlich wieder ausdehnen.“

Er selbst ist in der Krise ein anderer geworden: Las er früher jede Rede vom Blatt ab, spricht er heute frei, ohne um den heißen Brei herumzureden. „Wir stehen in einem totalen Krieg, die staatlich gesponserten Cyberattacken sind äußerst intensiv“, sagte er kürzlich. Mit feiner Ironie antwortete er auf die Frage, ob Videokonferenzen nicht dem Business-Luftverkehr den Garaus machen würden: „Alle Unternehmen sagen mir, dass der erzwungene Verzicht auf Reisen eine Katastrophe ist, wir müssen bald wieder physische Treffen haben, wie für Sie heute Abend mit Hauptgang, Käse und Dessert.“

Wenn die Bewältigung der Krise der Hauptgang für Faury ist, liegen Käse und Dessert noch vor ihm: Er muss den Wandel zum CO2-armen Fliegen hinbekommen, ohne das der Luftverkehr nicht mehr akzeptabel sein wird.