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Ein unrühmliches Ende

Ausgerechnet Italien! Dass die Fusion der Deutschen Börse und der London Stock Exchange (LSE) hier enden würde, hat selbst Insider überrascht. Die Londoner sollen sich von ihrer italienischen Handelstochter MTS trennen, um den Segen der EU-Kommission für den Zusammenschluss zu bekommen.

Doch die LSE will sich sich nicht von der Tochter trennen. Heute Mittag um 12 Uhr läuft die Frist für den Verkauf ab: High Noon wie im Italo-Western. Damit dürfte der EU-Kommission nichts anderes übrig bleiben, als den Deal zu untersagen – und das ist auch gut so, denn bei dieser Fusion lief so ziemlich alles schief, was nur schiefgehen kann.

Beide Börsen wollten einen europäischen Champion schmieden, der es mit der Konkurrenz aus den USA aufnehmen kann. Doch zu viele Faktoren sprachen dagegen. Erst kam der Brexit, dann die Ermittlungen gegen Börsenchef Carsten Kengeter, am Ende drohte der ganz große Crash bei der hessischen Börsenaufsicht. Jetzt ziehen die Londoner die Notbremse und ersparen allen Beteiligten eine noch größere Blamage.

Als beide Konzerne ihre Fusion verkündeten, galt der EU-Austritt der Briten als unwahrscheinliches Szenario. Nur so sind wesentliche Teile des Fusionsvertrags zu erklären. Darin ist festgezurrt, dass Börsenchef Kengeter den Vorsitz der Gemeinschaftsbörse übernehmen soll – und dass der Rechtssitz nach London geht. Seit die Briten für den Austritt aus der Europäischen Union votiert haben, ist dieser Passus nicht mehr zu halten.

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Denn damit läge der Sitz der Superbörse nach dem Brexit außerhalb der EU. Auch ob die millionenschweren Einsparungen erzielt werden können, die beide Börsen ihren Fusionspartnern versprochen hatten, steht angesichts des Brexits in den Sternen.

Mit dem Brexit-Votum wurde Börsenchef Kengeter vom Antreiber zum Getriebenen. Denn die Londoner hielten eisern an der Vereinbarung fest, obwohl sich früh abzeichnete, dass die hessische Börsenaufsicht den Deal in der geplanten Form nicht genehmigen wird. Dass die Staatsanwaltschaft dann auch noch wegen umstrittener Aktienkäufe gegen Kengeter ermittelte, brachte den Börsenchef noch stärker in die Defensive – auch, wenn für ihn natürlich die Unschuldsvermutung gilt.

Zugleich brachte die EU-Kommission mehrere Einwände gegen den Deal vor, die stets den Londoner Fusionspartner betrafen. Erst musste die LSE geloben, sich von ihrer Frankreich-Tochter Clearnet zu trennen. Jetzt hätten sie auch noch die italienische MTS verkaufen müssen. Und auch in Großbritannien wuchs der Widerstand der Politik gegen den Deal. Vom Standort London hätte die LSE unmöglich abrücken können.

Offiziell begründen die Londoner ihre Entscheidung zwar damit, dass sie das Verhältnis zu den italienischen Aufsehern nicht beschädigen wollen. Aber das wirkt wie ein Vorwand: Zum Umsatz der gemeinsamen Gruppe trägt die MTS nur einen Bruchteil bei. Und wieso sollten die Aufseher sich daran stören, dass ein Konkurrent die MTS übernimmt?

Vielmehr sieht es so aus, als habe die LSE heute die Notbremse gezogen: Angesichts des Brexits wäre die Fusion in ihrer geplanten Form ohnehin nicht mehr machbar gewesen. Wenn sie nicht an der EU-Kommission gescheitert wäre, dann spätestens an der hessischen Börsenaufsicht. Das hätten beide Seiten früher eingestehen können – doch stattdessen ritten sie ein totes Pferd. Man muss keine Italo-Western mögen, um zu wissen, dass das nicht funktionieren kann.

KONTEXT

Diese Fusionspläne der Deutschen Börsen sind gescheitert

17. Juli 2000

Die Deutsche Börse präsentiert einen Plan für die Gründung de iX international exchange zusammen mit der Londoner LSE. Die beiden Partner hoffen, mit der paneuropäischen Handelsplattform weitere Börsenbetreiber mit ins Boot zu holen. Das Projekt scheitert allerdings an mangelnder Unterstützung.

Sommer 2003

Der damalige Chef der Deutschen Börse, Werner Seifert, trifft sich mit Euronext-Chef Francois Theodore. Die Gespräche über eine Fusion werden allerdings beendet, nachdem sich beide Seiten nicht über die Bewertung ihrer Häuser einig werden.

Frühling 2004

Seifert und Theodore nehmen ein weiteres Mal Kontakt auf. Ein Zwist über die Besetzung der Führungspositionen lässt sie abermals ergebnislos auseinandergehen.

August 2004

Die Schweizer Börse SWX lehnt Pläne der Deutschen Börse für eine Fusion, faktisch eine Übernahme, ab.

13. Dezember 2004

Die Deutsche Börse veröffentlicht ein Übernahmeangebot für die LSE über knapp zwei Milliarden Euro, das 2005 am Widerstand des Hedgefonds und Deutsche-Börse-Aktionärs TCI scheitert.

21. Februar 2006

Der neue Börsenchef Reto Francioni legt ein vorläufiges Fusionsangebot für die Pariser Euronext vor und facht damit ein Konsolidierungsfieber in der Branche an.

19. Mai 2006

Die Deutsche Börse dient Euronext-Chef Theodore die Führung eines vereinten Unternehmens an, besteht allerdings auf Frankfurt als Hauptsitz. Auch der Großteil des Managements sollte am Main angesiedelt sein.

Juni 2006

Die Deutsche Börse unterbreitet der Euronext einen überarbeiteten Fusionsvorschlag. Die Frankfurter geben in der Hauptquartiersfrage nach, doch der Vorstoß kommt zu spät: Die Euronext schließt sich mit der NYSE zusammen.

Dezember 2008

Deutsche Börse und NYSE Euronext loten eine Fusion aus. Die Pläne werden vorzeitig bekannt und scheitern.

April 2011

Die Börse wagt einen weiteren Versuch, mit der Nyse Euronext als Partner eine neue Größenordnung zu erreichen. Die US-Börsen Nasdaq OMX und ICE wollen die Fusion mit einer Gegenofferte für die Nyse torpedieren.

Februar 2012

Der Traum Francionis platzt erneut. Die EU-Kommission untersagt die Milliardenfusion mit den Amerikanern aus schwerwiegenden wettbewerbsrechtlichen Bedenken. Die EU fürchtet vor allem ein weltweites Monopol im Handel mit europäischen Finanzderivaten.