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„Ja, es ist Unruhe da“ – Bei Kuka herrscht Verunsicherung pur

Es sind turbulente Wochen beim Roboterbauer Kuka. Der langjährige Vorstandschef Till Reuter musste nach strategischen Differenzen mit Midea und einer unbefriedigenden Performance seinen Hut nehmen, weitere zentrale Manager verlassen das Unternehmer und Mitarbeiter klagen hinter vorgehaltener Hand, dass die chinesischen Eigentümer durchregieren und auf Kostensenkungen drängen.

„Ja, es ist Unruhe da“, räumt Interims-Chef Peter Mohnen im Gespräch mit dem Handelsblatt ein. „Wir müssen noch mehr mit Mitarbeitern und Kunden kommunizieren.“ Das Unternehmen sei aber voll handlungsfähig und nicht in der Krise.

Der bisherige Finanzvorstand Mohnen hatte nach der Trennung von Reuter, mit dem er eng zusammengearbeitet hatte, die Führung des Konzerns interimistisch übernommen. Laut Eigentümerkreisen bekommt er aber eine echte Chance, auch dauerhaft zu führen. Dabei muss er zum einen operativ manches korrigieren, gleichzeitig aber auch Ruhe ins Unternehmen bringen.

Denn Reuter ist nicht die einzige Führungskraft, die geht. Chief Innovation Officer Bernd Liepert, ein enger Vertrauter Reuters, verlässt den Konzern, Anfang des Jahres gehen zudem Silvia Buchinger (Personal), Chefstratege Stefan Müller und Roboter-Forscher Christian Tarragona. Nach Informationen des Handelsblatts hat zudem Stefan Lampa seinen Abschied angekündigt, der bis zum Sommer die Roboter-Sparte führte.

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Von einem Exodus will Mohnen nicht sprechen. „Die Abgänge sind normal.“ Die Ursachen seien sehr unterschiedlich. Natürlich sei Reuter eine Gallionsfigur gewesen, da sei es normal, dass sich manch ein Vertrauter eine neue Aufgabe suche. Zudem stelle ein neuer CEO sein Team nun einmal nach eigenen Vorstellungen zusammen.

So solle das Thema Innovation wieder stärker mit den anderen Abteilungen verknüpft werden – unter der Führung des Vorstandschefs. „Das Innovationsmanagement will ich selbst antreiben, das ist ein Thema für den CEO.“ Tarragona wiederum zum Beispiel habe schon im Sommer, also weit vor dem Wechsel an der Spitze, entschieden, eine neue Herausforderung anzunehmen. Die Führung sortiere sich derzeit neu, es gebe keinen bedenklichen Abfluss von Expertise.

Viel gemunkelt wird über die Rolle von Midea

Unruhe gibt es auch bei den Beschäftigten. „Natürlich sind die Mitarbeiter verunsichert. Alle wollen wissen: Wie geht es weiter mit der neuen Führungsspitze“, sagte der Aufsichtsrat Armin Kolb dem Handelsblatt. Es werde derzeit viel Unruhe von außen ins Unternehmen getragen. Es seien aber nur wenige Manager, die gehen – um die gebe es mehr Presserummel als im Frühjahr, als im Rahmen der Neuausrichtung der Kuka Systems GmbH 250 Stellen sozialverträglich abgebaut wurden.

Die Verunsicherung hat aber auch einen weiteren Grund: Es war Reuter, der die Investorenvereinbarung mit Midea ausgehandelt hatte, die unter anderem die Sicherung der deutschen Arbeitsplätze bis Ende 2023 vorsieht. Betriebsratschef Kolb betont, es gebe ein klares Bekenntnis von Midea, an der Vereinbarung festzuhalten. „Sie tun auch gut daran – wenn sie die brechen würden, hätten wir den größten Wirtschaftskrimi.“

Viel gemunkelt wird derzeit über die Rolle von Midea, das Kuka an der kurzen Leine führe. „Midea ist überall und will überall rein“, heißt es in Mitarbeiterkreisen. Die Chinesen seien an allen Daten und Dokumentationen interessiert. „Ihnen werden in unzähligen Telefonkonferenzen bis ins kleinste Detail die Systeme erklärt inklusive Algorithmen und Ähnlichem.“ Sie drängten dabei darauf, dass Kuka von Microsoft und SAP auf Oracle-Datenbanken umstelle, um den Austausch zu vereinfachen.

Vorstandschef Mohnen betont, Midea lasse seinen Unternehmen immer Spielraum und setze überall auf der Welt auf lokales Management. Es gebe keinen Abfluss von Kundendaten nach China. „Da würde sich Midea ja auch ins eigene Fleisch schneiden.“ Der Großinvestor rede nicht ins operative Geschäft rein. Die Entscheidung, den Auftritt auf der Hannover Messe zu streichen, habe zum Beispiel das Management allein getroffen.

Auch Betriebsratschef Kolb betont: „Wenn Midea reinregieren wollte, hätten die doch einen Vorstandsvorsitzenden von außen in das Unternehmen zu etablieren versucht - und nicht auf einen alten Hasen wie Peter Mohnen gesetzt.“ Die Vertreter von Midea regierten nicht rein, sondern übten wie die anderen Aufsichtsräte eine überwachende Funktion aus. Es gebe definitiv keinen Datenabfluss. „Unsere Server stehen in Deutschland und sind genauso sicher wie bei SAP oder anderswo.“

Ende Oktober hatte Kuka die Jahresprognose nach unten korrigiert. Statt mehr als 3,5 Milliarden Euro Umsatz und einer bereinigten operativen Umsatzrendite von 5,5 Prozent erwartet der Konzern nun nur noch Erlöse von 3,3 Milliarden Euro bei 4,5 Prozent Marge. Als Reaktion soll Midea auf Kostensenkungen drängen. So sollen die IT-Kosten laut Mitarbeiterkreisen von aktuell drei auf zwei Prozent der Gesamtkosten sinken.

Strategie ist nach Einschätzung Mohnens unumstritten

Mohnen will das nicht bestätigen, sagte aber: „Natürlich ist Midea kostenbewusst.“ Der Anteilseigner sei aber genauso „investitionsbewusst“. 2019 und 2020 sollten 500 Millionen investiert werden, etwa die Hälfte davon in Deutschland. „Da können wir uns wirklich nicht beschweren.

Die Strategie ist nach Einschätzung Mohnens unumstritten. „Die wurde im Aufsichtsrat mit 12:0 Stimmen beschlossen.“ Allerdings gebe es Verbesserungsbedarf, die Performance von Kuka sei auch nach seiner Einschätzung in den vergangenen Jahren nicht optimal gewesen. „Wir werden das eine oder andere Thema neu gewichten.“ Anfang des Jahres will Mohnen seine Pläne vorstellen.

Bei der Absenkung der Prognose für das laufende Jahr war etwas kryptisch von „Unwägbarkeiten des chinesischen Automatisierungsmarktes“ die Rede. Vor allem das Geschäft mit sechsachsigen Knickarm-Robotern soll schlechter gelaufen sein als erwartet. Ausgerechnet der Wachstumsmarkt, den die neuen Partner gemeinsam erobern wollten, schwächelte also. Laut Mitarbeiterkreisen setzt Midea bislang nicht verstärkt Kuka-Roboter in den eigenen Hallen ein.

„Kuka ist zu teuer und hat zu lange Lieferzeiten“, soll ein chinesischer Werksleiter geklagt haben. In Branchenkreise ist von zeitweiligen Lieferschwierigkeiten die Rede. Zudem seien chinesische Unternehmen oft an einfacheren, günstigen Maschinen interessiert, das gelte auch für Midea. In Musterfabriken setze der Großanteilseigner aber auch modernste Technik ein.

Vorstandschef Mohnen räumt ein: „Natürlich wollen wir noch mehr Roboter in China verkaufen. Da ist noch Luft nach oben.“ Man werde dafür die versprochenen Synergien heben und die Kuka-Roboter auch in den Midea-Fabriken einsetzen.

Skeptiker sehen sich bestätigt

Der Fall Kuka steht unter besonderer Beobachtung. Midea hatte für den Augsburger Roboterbauer mehr als vier Milliarden Euro bezahlt – und damit die Ängste vor einem Ausverkauf deutscher Technologieperlen verstärkt. In der Folge wurden die Regulierung auf europäischer Ebene und das deutsche Außenwirtschaftsgesetz verschärft.

Nach dem Abgang Reuters sehen sich Skeptiker bestätigt. Die Kuka-Führung steht nach Angaben Mohnens in intensivem Dialog mit der Politik und mit den Kunden. Die vielen Gerüchte und Spekulationen rund um Kuka könnten nach Einschätzung in Industriekreisen auch mit der Unzufriedenheit einzelner Manager zu tun haben, die in der neuen Struktur an Einfluss verloren haben oder gehen mussten.

Und wie sieht der Interimschef seine Zukunft? Auf die Frage, ob er das Unternehmen auf Dauer fühlen will, lässt er sich lieber nicht ein. „Mir liegt Kuka sehr am Herzen. Dafür stehe ich mit meiner ganzen Kraft zur Verfügung.“