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Union legt Gegenentwurf zu Plänen von Arbeitsminister Heil vor

Wer im Homeoffice arbeitet, soll dem Entwurf zufolge den Breitbandanschluss steuerlich absetzen und in einen Co-Working-Space ausweichen können. In einem Punkt drohen Konflikte mit der SPD.

Im ersten Anlauf hatte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit seinem Homeoffice-Vorstoß keinen Erfolg: Anfang Oktober stoppte das Kanzleramt den Entwurf für ein „Mobile-Arbeit-Gesetz“. Vor allem die Idee, Arbeitnehmern einen Rechtsanspruch auf 24 Tage Heimarbeit im Jahr zu gewähren, kam nicht gut an.

Nun hat der Arbeitskreis „Zukunft der Arbeit“ der Unions-Bundestagsfraktion einen Gegenentwurf vorgelegt. Ein explizites Recht auf Homeoffice findet sich darin nicht. Stattdessen will die Parlamentariergruppe das mobile Arbeiten steuerlich fördern, Arbeitszeiten flexibilisieren und Co-Working-Spaces auf dem Land fördern.

Die von Heil vorgeschlagenen 24 Homeoffice-Tage „helfen niemandem“, sondern sorgten höchstens für zusätzliche Bürokratie und Rechtsstreitigkeiten, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann, der den Arbeitskreis koordiniert.

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Die Coronakrise habe teilweise eine „maximale Homeoffice-Lösung“ erzwungen, von der man sich ein Stück weit wieder zurückbewegen wolle. Denn die „hundertprozentige Verbannung nach Hause“ sei sicher nicht für alle das Richtige.

Ähnlich wie in Heils Entwurf sieht auch die Union vor, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmer über Belastungsminderung und Unfallverhütung am heimischen Arbeitsplatz unterrichten muss. Die Kontrolle will die Union bei Bedarf einer noch zu entwickelnden App überlassen. Mit dieser App soll der Arbeitsplatz zu Hause auf Mängel überprüft werden können, ohne dass der Arbeitgeber vorbeischauen muss.

Versicherungsschutz auf dem Weg zur Kita

Außerdem sollen Versicherungslücken beim gesetzlichen Unfallschutz geschlossen werden, etwa für den Fall, dass auf dem Weg vom heimischen Büro zu einer Kinderbetreuungseinrichtung etwas passiert. Hier gebe es die größten Schnittmengen zum Entwurf aus dem Arbeitsministerium, sagte Heilmann.

Wenn Beschäftigte mehr als 80 Prozent ihrer Arbeitszeit mobil arbeiten, muss der Arbeitgeber nach den Vorstellungen der CDU/CSU angemessenen Raum für informelle Kontakte und Begegnungen schaffen. Das können Co-Working-Spaces, gelegentliche Firmenveranstaltungen oder digitale Werkzeuge sein.

Im ländlichen Raum soll der Bund Gemeinden, Vereine oder Volkshochschulen dabei unterstützen, kostengünstige Arbeitsmöglichkeiten in öffentlichen Räumen mit guter Breitbandverbindung einzurichten, die flexibel von Heimarbeitern genutzt werden können. Idealerweise sind solche Angebote mit einer Kinder- oder Seniorenbetreuung verknüpft.

Am deutlichsten heben sich die Unionsvorschläge bei der steuerlichen Förderung der mobilen Arbeit ab, die in Heils Entwurf keine Rolle spielt. Der Vorschlag der Arbeitsgruppe: Wer mobil arbeitet, soll die damit verbundenen Kosten von seinem Arbeitgeber steuerfrei ersetzt bekommen können. Und das sogar dann, wenn etwa der Internetanschluss oder der Schreibtischstuhl auch privat mitgenutzt werden.

„Der Arbeitgeber zahlt den Breitbandanschluss, und abends darf trotzdem Netflix darüber geschaut werden“, erläuterte Heilmann. Bei der steuerlichen Förderung gebe es aber noch Differenzen mit der CSU. Ansonsten sei sich die Unionsfraktion bei 90 Prozent des Entwurfs einig.

Wochenarbeitszeit flexibler gestalten

Für Konflikte mit der SPD dürfte die Forderung sorgen, die tägliche Höchstarbeitszeit auf eine wöchentliche Basis gemäß der europäischen Arbeitszeitrichtlinie umzustellen. Arbeitnehmer hätten dann die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit flexibler über die Woche zu verteilen.

Für die Stunden des mobilen Arbeitens sollen Beschäftigte auf freiwilliger Basis die Regelungen nutzen dürfen, die das Arbeitszeitgesetz für Forschung und Lehre vorsieht, also beispielsweise Abweichungen von gesetzlichen Ruhezeiten.

Die gesetzlichen Pflichten zum Zeitausgleich von Überstunden und zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit blieben aber unberührt, heißt es im fünfseitigen Entwurf des Arbeitskreises. Außerdem setzt sich die Union dafür ein, dass jeder mobil Arbeitende Zeiten der Nicht-Erreichbarkeit festlegen kann.

Im Bundesarbeitsministerium geht man weiter davon aus, dass auf Basis des vorgelegten Entwurfs noch in dieser Legislaturperiode eine Einigung gelingt. Schließlich hatten Union und SPD im Koalitionsvertrag festgelegt, einen Rechtsrahmen für mobiles Arbeiten zu schaffen.

„Die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur mobilen Arbeit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales dauert an“, antworte Heils Parlamentarische Staatssekretärin Kerstin Griese auf eine schriftliche Frage der Grünen-Arbeitsmarktexpertin Beate Müller-Gemmeke .

CDU-Parlamentarier Heilmann ist allerdings skeptisch, dass das noch vor der nächsten Bundestagswahl klappt: „Ich kann mir gut vorstellen, dass wir dieses Thema zu einem Wahlkampfthema machen.“

Auch die FDP-Fraktion treibt das Thema mobiles Arbeiten um, sie wird am Donnerstagabend einen Antrag zum Thema in den Bundestag einbringen. Die Liberalen wollen zwar keinen Rechtsanspruch, machen sich aber dafür stark, dass Arbeitgeber Anträge auf mobiles Arbeiten zumindest prüfen müssen, wie es in den Niederlanden der Fall ist.

FDP kritisiert Untätigkeit der Koalition

Einen solchen Erörterungsanspruch sieht auch der Gesetzentwurf des Arbeitsministers vor – und das könnte eine Kompromisslinie mit der Union sein, sofern der feste Anspruch auf 24 Tage Homeoffice im Jahr gestrichen würde.

Die FDP will wie die Union zusätzlich aber auch die Höchstarbeitszeit von der täglichen auf eine wöchentliche Basis umstellen und sie fordert Öffnungsklauseln für tarifliche Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz. Solche „Experimentierräume“ hatten Union und SPD zwar im Koalitionsvertrag vereinbart, Heil hat dazu bisher aber keinen Entwurf vorgelegt.

„Schon vor der Corona-Krise war die Passgenauigkeit des deutschen Arbeitsrechts zum digitalen Arbeitsalltag zweifelhaft“, kritisiert der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Johannes Vogel. „Seit Corona wissen wir: Es ist eigentlich noch viel schlimmer als ohnehin befürchtet.“

Es gebe in Deutschland schlichtweg keinen adäquaten, modernen Rechtsrahmen für zeitflexibles und ortsunabhängiges Arbeiten, ohne dabei in rechtliche Grauzonen zu geraten. Union und SPD hätten das Thema anfangs verschlafen und seien dann in alte Muster zurückgefallen, kritisiert Vogel. „Das heißt, die Union will in ihrer Mehrheit am liebsten nichts tun, die SPD will mehr Bürokratie schaffen, wo wir weniger bräuchten.“

Auch Grünen-Parlamentarierin Müller-Gemmeke fordert, dass die Regierungskoalition sich endlich bewegt. Der Entwurf der Union gehe aber nicht weit genug: „Ein Recht auf Homeoffice ist gerade jetzt in Zeiten der Pandemie mehr als überfällig.“ Steuerliche Rahmenbedingungen seien nicht ausreichend, es brauche klare Regeln zum Schutz der Beschäftigten.