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Umweltverbände machen Front gegen Biosprit

Die Kritiker fürchten die Verknappung von Anbauflächen und Vernichtung von Ökosystemen. Die Biosprit-Branche erhält dagegen Unterstützung aus der Union.

Die Biosprit-Branche verweist auf die sogenannte zweite Kraftstoff-Generation, bei der keine Pflanzen wie Raps genutzt werden müssen. Foto: dpa
Die Biosprit-Branche verweist auf die sogenannte zweite Kraftstoff-Generation, bei der keine Pflanzen wie Raps genutzt werden müssen. Foto: dpa

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) arbeitet gerade an der Umsetzung der zweiten Renewable Energy Directive („RED II“) der EU. Ziel ihres Vorhabens ist die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor. Umwelt- und Klimaschutzverbände warnen Schulze davor, dem Biosprit dabei eine wichtige Rolle zuzubilligen.

In einem Brief an Schulze, der dem Handelsblatt vorliegt, argumentieren WWF, Greenpeace, BUND, Deutscher Naturschutzring, Nabu, Robin Wood, Deutsche Umwelthilfe und andere Umweltorganisationen, eine starke Erhöhung der Treibhausgasminderungsquote führe dazu, „dass auch umweltschädliche biogene Kraftstoffe“ verstärkt in den Markt kämen.

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„Diese Kraftstoffe sind aus unserer Sicht nicht dazu geeignet, die hohen Treibhausgasemissionen des Straßenverkehrs zu reduzieren“, schreiben die Verbände. Den Brief haben sie auch dem Chef des Bundeskanzleramtes, dem Verkehrsminister, der Landwirtschaftsministerin und dem Wirtschaftsminister geschickt.

Die Verbände stören vor allem die Felder, auf denen Mais, Raps und Zuckerrüben nur angebaut werden, um daraus Biosprit zu gewinnen. „Den Einsatz von Anbaubiomasse als Kraftstoff lehnen wir grundsätzlich ab“, schreiben die Verbände. Durch den Anbau von Biomasse für die energetische Nutzung entstehe eine Flächennutzungskonkurrenz mit der Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln, die die Ernährungssicherheit gefährde und die Vernichtung artenreicher Ökosysteme vorantreibe. Anbaubiomasse verursache außerdem zusätzliche Treibhausgasemissionen durch Landnutzungsänderungen.

Außerdem fordern die Autoren des Briefs die Bundesregierung auf, sich im Rahmen der Umsetzung von RED II „auf ein schnellstmögliches Ende der Nutzung von Palmöl als Biokraftstoff zu verständigen“. Auch die Nutzung von Soja und Zuckerrohr müsse so schnell wie möglich auslaufen. Um einen gleichzeitigen Anstieg der Nutzung anderer Rohstoffe wie Raps zu verhindern, sei eine „absinkende Deckelung von Kraftstoffen aus Anbaubiomasse essenziell“, heißt es in dem Brief weiter.

Die Biokraftstoffbranche sieht das völlig anders. Sie hat sich von Umweltministerin Schulze im Zusammenhang mit der RED-II-Umsetzung gewünscht, die Treibhausgasminderungsquote im Verkehrssektor zu erhöhen. Der Entwurf der Ministerin zur RED-II-Umsetzung geht den Unternehmen nicht weit genug. Schulze hatte daraufhin kürzlich eine Nachbesserung im Sinne der Branche angekündigt.

Unterstützung erhält die Biokraftstoffbranche unter anderem von der Unionsfraktion im Bundestag. Aus Sicht der Unternehmen ist die Kritik der Umweltschützer an dem Einsatz von Palmöl oder Soja für die Herstellung von Biokraftstoffen nicht stichhaltig, weil diese importierte Biomasse strengen gesetzlichen Nachhaltigkeitsanforderungen genüge.

Außerdem schreibt die RED II ohnehin vor, dass Palmöl ab 2030 nicht mehr als Rohstoff genutzt werden darf, um Biokraftstoffe herzustellen. Doch das reicht den Umweltschutzverbänden nicht. Sie wollen bewirken, dass Schulze die Umsetzung der RED II nutzt, um in Deutschland früher aus der Palmölnutzung auszusteigen.

Grundsatzstreit um Biosprit

Die Biokraftstoffbranche verweist außerdem auf die Bedeutung von Biokraftstoffen der „zweiten Generation“, die auf der Basis von Abfall- und Reststoffen hergestellt werden. Ihre Herstellung stehe nicht in Flächenkonkurrenz zur Lebensmittelproduktion.

Die Kritiker freilich stellen dieses Argument infrage: Die Kraftstoffe der zweiten Generation stünden nur in begrenzter Menge zur Verfügung. Sie stellten „keine skalierbare Klimaschutzoption für den Verkehr dar“, heißt es in dem Schreiben der Umwelt- und Klimaschutzverbände an die Mitglieder der Bundesregierung.

Längst hat sich um die Frage, welchen Beitrag Biosprit zur Emissionsreduktion im Verkehrssektor leisten soll, ein Grundsatzstreit entwickelt. Doch die Kritiker gehen noch einen Schritt weiter. Sie lehnen auch den Einsatz von grünem Wasserstoff im Straßenverkehr ab.

Die RED II ermöglicht es beispielsweise, den Einsatz von grünem Wasserstoff im Raffinerieprozess zu honorieren. Schulze will von dieser Möglichkeit Gebrauch machen: Der Einsatz von grünem Wasserstoff im Raffinerieprozess soll doppelt auf die Treibhausgasminderungsquote angerechnet werden. Ziel dieser Regulierung ist es, eine Nachfrage nach grünem Wasserstoff zu stimulieren und so den Markthochlauf der Wasserstoffelektrolyse voranzubringen.

Umweltschützer wollen „ganzheitliche“ Verkehrswende

Die Umweltschutzverbände lehnen das ab. „Grüner Wasserstoff und seine Folgeprodukte sind knappe und teure Energieträger, welche mit hohen Umwandlungsverlusten bei der Erzeugung einhergehen“, argumentieren sie.

Deshalb sollte ihre Nutzung „auf die Anwendungen begrenzt werden, in denen eine direkte Elektrifizierung zum heutigen Zeitpunkt nicht möglich ist“, schreiben sie. Der Einsatz von synthetischen Kraftstoffen, die auf der Basis von grünem Wasserstoff hergestellt werden, im Straßenverkehr sei „nicht sinnvoll“. Der Einsatz müsse auf den Flug- und Schiffsverkehr begrenzt werden.

Den Schlüssel zu einer Senkung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor sehen die Umweltschutzverbände in der Elektromobilität und in einer „ganzheitlichen Verkehrswende“. Dazu zählen sie eine „deutliche Reduktion des motorisierten Individualverkehrs, den Ausbau von Rad- und Fußverkehr, eine Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs, die weitgehende Verlagerung von Flug- und Schwerlastverkehr auf die Schiene“ sowie einen „zeitnahen Zulassungsstopp für Verbrennungsmotoren bei Pkw“.

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