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Das -‘Turbinegeddon’ von Siemens Energy ist ein beängstigendes Klima-Omen

(Bloomberg) -- Die finanziellen Kosten jahrzehntelanger Untätigkeit beim Klimaschutz und die Risiken, die mit der überstürzten diesbezüglichen Aufholjagd verbunden sind, wurden am Montag deutlich, als die Siemens Energy AG einen kolossalen Jahresverlust von 4,5 Milliarden Euro prognostizierte.

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Die Probleme des Branchenriesen sind vor allem auf technische Probleme mit einer neuen Generation von Onshore-Windturbinen zurückzuführen. Für die Senkung der Kohlendioxidemissionen ist die Windenergie von entscheidender Bedeutung — und die Industrie arbeitet mit Hochdruck an der Einführung größerer und leistungsstärkerer Anlagen.

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Der Windkraftanlagenhersteller Siemens Gamesa hat jedoch hastig gehandelt und nun anormale Vibrationen an Rotorblättern und Lagern entdeckt, die möglicherweise ausgetauscht werden müssen.

Obwohl die betroffenen Modelle nur 4% der installierten Anlagenflotte ausmachen, werden die direkten Kosten für die Behebung der Probleme auf 1,6 Milliarden Euro geschätzt. Dem Unternehmen drohen weitere unerwartete Kosten im Zusammenhang mit dem Hochfahren der Produktion von Offshore-Turbinen sowie ungünstige steuerliche Effekte. Nicholas Green, Analyst bei Bernstein Research, hat die Probleme treffend als Turbinegeddon bezeichnet.

Eigentlich sollte die Windkraftindustrie einen Höhenflug erleben, stattdessen ist sie von einer Fülle von Problemen geplagt. Projekte werden oft durch bürokratische Hürden und Nimbyism (not in my backyard — nicht in meinem Hinterhof) aufgehalten. Vor Jahren geschlossene Verträge indessen sind durch die Inflation der Material- und Logistikkosten zu einer Belastung geworden. Chinesische Wettbewerber, die ihren Heimatmarkt dominieren, versuchen zunehmend, im Ausland zu expandieren, was die Preise unter Druck setzt.

Eine noch größere Sorge besteht darin, dass sich die leistungsstarken neuen Turbinen als unzuverlässig herausstellen könnten — kleine Unregelmäßigkeiten bei den Komponenten können zu Fehlfunktionen der Turbinen führen. Die Rotoren eines hochmodernen Onshore-Modells haben eine Spannweite von 170 Metern, und die Gondel kann mehrere hundert Tonnen wiegen (die neuesten Offshore-Turbinenkonzepte sind sogar noch größer).

Es versteht sich von selbst, dass es nicht einfach ist, massive Anlagen hoch über dem Boden zu reparieren und die Windparkbesitzer für die entgangene Stromproduktion zu entschädigen. Auch wenn Siemens Energy in der Lage ist, einen Teil des Geldes von Unterauftragnehmern und Zulieferern zurückzubekommen, liegt der Großteil des finanziellen Risikos oft beim Hersteller.

Die Gamesa-Konkurrenten Vestas Wind Systems A/S und General Electric Co. hatten ihre eigenen Garantieprobleme. Daraus kann jedoch nicht unbedingt gefolgert werden, dass die gesamte Branche ein Problem hat. Viele Probleme beim spanischen Unternehmen sind hausgemacht: Innerhalb von sechs Jahren gab es ebenso viele Führungswechsel, wie Bernstein anmerkt. Bei der Überwachung der Lieferkette scheint es ebenso Schwachstellen zu geben wie bei der Kommunikation über potenzielle Probleme.

Die jüngsten Probleme wurden dabei bedauerlicherweise erst sichtbar, nachdem Siemens Energy im Dezember die 4 Milliarden Euro schwere Übernahme der Anteile abgeschlossen hatte, die bis dahin die Minderheitsaktionäre hielten — und das finanzielle Risiko des Konzerns so noch wuchs. (Die Siemens AG indessen will ihre Beteiligung an Siemens Energy senken; derzeit hält sie inklusive ihrer Rentenkasse einen Anteil von 32% am Unternehmen.)

Siemens Energy kann sich glücklich schätzen, dass der Rest seiner Aktivitäten — wie Gasturbinen und Stromnetzanschlüsse — gut läuft. Die finanziellen Auswirkungen der Behebung der technischen Probleme werden sich zudem über mehrere Jahre verteilen. Das Management schloss eine Kapitalerhöhung aus.

Turbinenhersteller könnten jedoch zu dem Schluss kommen, dass sie die Preise anheben und langsamer vorgehen müssen, um ähnliche Probleme zu vermeiden. Siemens Energy geht bei der Auftragsvergabe selektiver vor und hat die Auslieferung von Turbinen verschoben, bis die aktuellen Probleme beseitigt sind. Das Management hat außerdem versprochen, Stabilität und Rentabilität vor Wachstum zu stellen.

Angesichts andauernder Befürchtungen, dass es bei weiteren Turbinen zu Problemen kommen könnte, könnten diese Ereignisse auch die Kapitalkosten der Windkraftunternehmen in die Höhe treiben — Siemens Energy hat seit Bekanntwerden der Probleme im Juni mehr als 6 Milliarden Euro an Börsenwert eingebüßt.

Diese Auswirkungen werden die Energiewende genau in dem Moment bremsen, in dem sie beschleunigt werden müsste. So etwas passiert, wenn man ein massives Problem (den Klimawandel) jahrzehntelang ignoriert und dann versucht, den Rückstand aufzuholen.

Überschrift des Artikels im Original:Wind ‘Turbinegeddon’ Is a Troubling Climate Omen: Chris Bryant

©2023 Bloomberg L.P.