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Trump überrascht mit Besuch in Pittsburgh-Synagoge

Die Präsidentenfamilie betrat die „Tree of Life“ Synagoge in Pittsburgh mit ernsten Mienen. Hinaus kam sie sichtlich erschüttert. Ivanka Trump verließ die Synagoge, in der am Wochenende elf Menschen erschossen wurden, mit Tränen in den Augen. Das Gesicht ihres Ehemannes, Jared Kushner, war blass.

Finanzminister Steven Mnuchin, ebenso wie die Kushners jüdischen Glaubens, blieb mit gefalteten Händen vor einem Blumenmeer stehen, das Trauernde für die Todesopfer errichtet hatten. Donald und Melania Trump legten nach jüdischem Brauch Steine und weiße Blumen auf Gedenksternen ab, die die Namen der Toten trugen.

Der überraschende Besuch am Tatort eines entsetzlichen Verbrechens sollte ein Zeichen der Wärme setzen, der gemeinsamen Trauer. Allerdings war die Reise umstritten, bis zuletzt stand nicht fest, ob der Präsident tatsächlich die Synagoge betreten würde, oder sich auf eine Klinik und ein Gemeindezentrum beschränken würde.

Der 46-Jährige Robert Bowers hatte am Samstag mehrere Waffen auf Gläubige im Morgengottesdienst der Synagoge gerichtet. Die Todesopfer waren treue Mitglieder der Gemeinde, das älteste Opfer, Rose Mallinger, war 97 Jahre alt und lebte nur wenige hundert Meter von der Synagoge entfernt. „Alle Juden müssen sterben!“, rief Bowers Augenzeugen zufolge. Er verübte das größte antisemitisch motivierte Verbrechen in der Geschichte der USA.

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Für die Nation ist die Bluttat von Pittsburgh auch ein Einschnitt in einen extrem angespannten Wahlkampf. Die Kongresswahlen am 6. November gelten als Referendum über Trump, die Stimmung ist aufgeheizt, die politischen Lager stehen sich feindselig gegenüber. Der Präsident selbst ist wegen seines provokanten und populistischen Stils in der Kritik. „Hör auf damit, Hass zu säen“, riefen Protestierende in der Nähe der Synagoge.

Trump will mehr Sicherheitskräfte vor Kirchen

Schärfere Waffengesetze lehnt Trump ab, stattdessen hatte er vorgeschlagen, Gotteshäuser mit mehr Sicherheitskräften auszustatten. Als Präsident versäumt er es regelmäßig, sich von rechten Kreisen abzugrenzen. Nach den gewaltsamen Ausschreitungen von Charlottesville im Jahr 2017 wies Trump darauf hin, dass es auf beiden Seiten, rechts wie links, „gute Leute“ gebe.

Seit Tagen finden in der Stadt Trauermärsche statt, teilweise protestieren Bewohner und Aktivisten gegen Trump. William Peduto, Bürgermeister von Pitssburgh und Mitglied der demokratischen Partei, sagte, der Besuch sei eine „Ablenkung“. Wenn Trump schon in die Stadt kommen wolle, „dann nicht, wenn wir gerade unsere Toten beerdigen.“ Örtliche Abgeordnete und Senatoren blieben fern, offiziell wurden terminliche Gründe angeführt.

Der Rabbi der Synagoge, Jeffrey Myers, hatte sich im Vorfeld ebenfalls kritisch geäußert. „Wer Worte des Hasses spricht, muss wissen, dass Amerika zuhört“, sagte er. Der Rabbi betonte allerdings, dass Hass unabhängig von politischen Lagern gedeihe. „Hass gibt es überall“, sagte er. Der Präsident sei „immer willkommen“. Als Trump am Dienstag vor der Synagoge vorfuhr, empfing Rabbi Myers Trump mit einem festen Händedruck. Im Foyer der Synagoge zündete die Präsidentenfamilie Kerzen an, der große Gebetssaal ist noch von Ermittlern abgesperrt.

Die Details der Reise blieben bis zuletzt geheim, das Weiße Haus wollte jeden Eindruck einer Inszenierung vermeiden. Als Donald und Melania Trump Verletzte in einer Klinik besuchten, taten sie das ohne Begleitung der Presse. Einzig vor der Synagoge sprach der Präsident ein paar Worte in Fernsehkameras. „Es ist traurig, sehr traurig“, sagte er, bevor er in das „Beast“, die Präsidentenlimousine, stieg. „Hoffentlich lernen wir viel aus dem, was passiert ist.“

Doch ob das gelingt, ist zweifelhaft. Eine Serie von Verbrechen hat ein Schlaglicht auf rechte Gewalt in den USA geworfen, die sich aus einer brodelnden Melange konspirativer Theorien speist. Diese Strömungen gedeihen eher als dass sie an Sogkraft verlieren. Der Attentäter Bowers hatte Trump im Netz dafür kritisiert, „kein echter Nationalist“ zu sein.

In dem bei Neonazis beliebten Netzwerk Gab veröffentlichte er rassistische und antijüdische Beiträge wie „Juden sind die Kinder von Satan.“ Gab ist ein relativ kleines soziales Netzwerk, mit noch weniger Beschränkungen als Twitter und Facebook. US-Forscher wie Jonathan Albright, Forscher am Tow Center for Digital Journalism in Columbia, sprechen bereits von einer steigenden antijüdischen Stimmung im Internet - die sich auch in steigenden Zahlen von extremistischen Gewalttaten widerspiegelt.

Die Serie der Gewalt wirft die Frage auf, ob die zunehmende Polarisierung in den USA außer Kontrolle gerät - und inwiefern der häufig ungezügelte US-Präsident dazu beiträgt, dass eine breite Stimmung der Wut tödliche Taten womöglich begünstigt.

Vor dem Anschlag auf die Synagoge hatte eine Serie von 13 Paketbomben, die an Linksliberale wie Barack Obama und Hillary Clinton verschickt worden waren, das Land erschüttert. Der mutmaßliche Täter, der 56-Jährige Cesar Sayoc aus Florida, ist ein Rechtsextremer und glühender Trump-Anhänger.

Auch der Mord an zwei Afroamerikanern in einem Supermarkt in Louisville im Bundesstaat Kentucky wurde als rassistisch motiviert eingestuft. Der mutmaßliche Täter wollte zunächst in einer Kirche um sich schießen, fand die Tür aber verschlossen vor. Einen weißen Passanten verschonte er mit den Worten: „Weiße erschießen keine Weißen“.

„Worte spielen eine Rolle“

Die Verbrechen haben individuelle Täter und Beweggründe, doch sie alle haben gemeinsam, dass ihre Opfer aufgrund ihrer Rasse, Religion oder politischer Überzeugung ausgesucht wurden. Trump hat sich im Wahlkampf dazu entschieden, seine scharfen Verbalattacken gegen Flüchtlinge nicht abzuschwächen. In den Mittelpunkt seiner Kampagne hat er eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Einwanderern gerückt. Kürzlich bezeichnete er sich vor Zehntausenden jubelnden Anhängern als Nationalist. Flüchtlinge beschimpft er pauschal als „Gangster und Verbrecher“.

In Pittsburgh sind in diesen Tagen Spuren einer größeren Sorge sichtbar, die über das Entsetzen der Tat hinausgeht. „Words Matter“, steht auf einem Trauerschild vor der Synagoge, „Worte spielen eine Rolle“. Gemeindechöre treffen sich zum Singen, Familien halten sich in den Armen, ein Mädchen im „Elsa“-Kostüm trägt ein pinkfarbenes Plakat, auf dem „Peace“ steht. „Bringt Amerikas Würde zurück“, heißt es auf einem anderen Schild. Stundenlang hält es ein Mann regungslos und schweigend in der Hand, bis er von Sicherheitskräften gebeten wird, das Gelände zu verlassen. Der Ort der Trauer muss für einige Stunden abgesperrt werden - schließlich kommt der Präsident zu Besuch.