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Mit diesem Laufschuh sollen Gelenkschmerzen gar nicht erst entstehen

Weniger Verletzungen, mehr Spaß am Joggen: Drei erfahrene Partner feiern mit ihrer Kölner Laufschuhmarke unerwartet große Verkaufserfolge.

Der Anspruch ist gewaltig: „Wir wollen den besten Laufschuh der Welt bauen“, sagt Gert-Peter Brüggemann, einer der drei Gründer des Start-ups True Motion. Und wenn sich jemand auskennt in dem Metier, dann der ehemalige Leiter des biomechanischen Instituts der Sporthochschule Köln. Der emeritierte Professor beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Laufschuhen und hat mit Asics, Brooks und Nike die global führenden Anbieter beraten.

Vor gut einem Jahr hat der 68-Jährige die ersten Laufschuhe von True Motion in die Läden gebracht. Die Bilanz: Die junge Firma hat 35.000 Paar verkauft. Das sind mehr als dreimal so viele, wie sich Brüggemann und seine zwei Compagnons erhofft hatten.

Für Co-Gründer Andre Kriwet ist es der Beweis, dass die Athleten offen sind für Neues. „In den Läden stehen viele Laufschuhe, die sich außer im Logo nicht wesentlich unterscheiden“, kritisiert der 48-Jährige.

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Er muss es wissen. Der ehemalige 400-Meter-Läufer begann seine beim japanischen Laufspezialisten Asics, wechselte zu Weltmarktführer Nike und war zuletzt bei Brooks, dem Laufschuhhersteller im Besitz von Investorenlegende Warren Buffett.

Respektable Marken, meint Kriwet. Aber nicht bereit, neue Wege zu gehen. Kriwet: „Den großen Konzernen fehlt der Leidensdruck, etwas zu ändern.“ Das aber sei dringend nötig, weil die bisherigen Laufschuhe nicht gut genug seien. „Die Hälfte aller Läufer ist mindestens einmal im Jahr verletzt“, betont Brüggemann.

Deshalb hat Kriwet als Chefentwickler bei Brooks gekündigt und sich mit Brüggemann und Christian Arens, 30, zusammengetan. Der ehemalige PwC-Wirtschaftsprüfer Arens kümmert sich um die Zahlen. Zusammen haben sie einen Schuh entwickelt, der vor allem durch seine Sohle auffällt, die aussieht wie ein Hufeisen an der Ferse.

Das Prinzip dahinter: Alle Kräfte, die bei der Landung auf den Fuß wirken, werden im Zentrum des Hufeisen-U gebündelt. „Es geht uns darum, die Dreh- und Kippkräfte, die am Knie wirken, zu reduzieren“, erklärt Brüggemann. So sollen Gelenkschmerzen gar nicht erst entstehen.

Das Prinzip scheint zu funktionieren. Die Tester hätten die Dämpfungsqualitäten des „Nevos“, des ersten Modells von True Motion, „überschwänglich gelobt“, berichtet das Fachmagazin „Runner‘s World“. Zudem stabilisiere und stütze der Schuh, ohne einzuengen.

Sporthändler Martin Lüchtefeld ist begeistert. Seit 35 Jahren ist der Kölner im Geschäft, und noch nie sei ein Label so eingeschlagen wie True Motion. Der ehemalige Spitzenläufer betreibt unter dem Namen Laufsport Bunert zwei Läden in Köln und hat dort binnen Jahresfrist 1800 Paar abgesetzt. Das sei völlig ungewöhnlich: „Meistens gelingt es nicht, eine neue Marke zu etablieren“, meint Lüchtefeld.

Der Kaufmann führt das darauf zurück, dass bei True Motion erfahrene Profis am Werk seien. „Die haben das höchst professionell aufgestellt.“

True Motion wagt sich auf einen riesigen, umkämpften Markt. Wie viel Geld die Menschen weltweit für Laufschuhe ausgeben, weiß niemand genau. Der Übergang vom Freizeitmodell zum Schuh, der tatsächlich fürs Laufen genutzt wird, ist fließend. Fest steht: Es geht um Milliarden.

Corona begünstigt Trend zum Joggen

Um die Gunst der Läufer kämpfen einerseits Allrounder wie Adidas, Nike, Under Armour und Puma. Für die führenden Sportkonzerne der Welt ist Laufen zwar wichtig, sie decken aber noch viele andere Sportarten ab. Einige etablierte Anbieter wie Asics, Brooks und Saucony haben sich dagegen weitgehend aufs Laufen fokussiert. Sie alle werden unter Druck gesetzt von jungen, aufstrebenden Marken: Die erfolgreichste ist wohl On Running aus der Schweiz.

Das Geschäft mit Shirts, Shorts und Laufschuhen boomt in der Corona-Pandemie. „Das ist die Kategorie, die mit Abstand am meisten profitiert hat in den vergangenen Monaten“, sagt Markus Hupach, Geschäftsführer des Sporthändlerverbunds Sport 2000.

Weil die Fitnessstudios im Frühjahr wochenlang geschlossen waren, die Turnhallen dicht und Teamsport unmöglich, haben sich Athleten in ganz Deutschland dem Joggen zugewandt. Ein Trend, der weltweit zu beobachten war und noch immer anhält.

Denn in vielen Ländern gelten deutlich strengere Kontaktbeschränkungen als in der Bundesrepublik. „Individualsportarten werden wichtiger“, bestätigt Stefan Herzog, Präsident des Verbands Deutscher Sportfachhandel. Der Umsatz im Oktober liege 60 Prozent über Vorjahr, ergänzt Geschäftsinhaber Lüchtefeld. Schon bis Ende August sei ein Plus von 40 Prozent aufgelaufen gewesen, obwohl seine beiden Shops im Frühjahr fünf Wochen geschlossen waren.

Davon profitiert auch Asics. Die Japaner sind weltweit die Nummer eins in dem Geschäft: „Wir erleben eine Art Laufboom“, sagte Asics-Manager Gary Raucher im Sommer dem Handelsblatt. „Die Menschen spüren, dass ihnen das guttut.“

True Motion hat zwei Versionen seines Schuhs auf den Markt gebracht; vergangenes Jahr den „Nevos“ für 150 Euro, in diesem Juni den etwas komfortableren „Aion“ für 180 Euro. Weitere Varianten sollen folgen.

Für die Gründer ist True Motion bislang ein Zuschussgeschäft. Eines, für das sie aus der eigenen Tasche aufkommen. Denn sie wollen sich von niemandem reinreden lassen. Daher sind keine Investoren an Bord. „Uns ist wichtig, dass wir uns nicht mehr irgendwelchen Zwängen unterwerfen müssen“, sagt Sportwissenschaftler Brüggemann.

Homöopathisch kleine Bestellmengen

Die alten Kontakte allerdings helfen, insbesondere bei den Lieferanten in Fernost. Für die ist es nicht sonderlich lukrativ, 35.000 Paar Sportschuhe zu produzieren. Für die Branche sind das homöopathisch dosierte Mengen. Zum Vergleich: Adidas als größter europäischer Sportkonzern kaufte 2019 bei seinen Zulieferern 450 Millionen Paar ein, also mehr als 50.000 pro Stunde.

Es sei eher ein Freundschaftsdienst eines Bekannten gewesen, die erste Bestellung von True Motion über 3000 Paar auch nur anzunehmen, erinnert sich Kriwet. Daher sei es für junge Firmen schwer, gegen die Konzerne anzutreten. „Die Einstiegshürden sind gigantisch.“

True Motion aber sieht sich auf gutem Weg. „In einigen Läden sind wir jetzt schon die Nummer zwei“, beteuert Kriwet. Bei rund 100 Laufsportspezialisten im deutschsprachigen Raum seien die Schuhe erhältlich.

Mit den Geschäftsinhabern steht und fällt das Start-up. Denn Werbung erspart sich das kleine Label, und auch für Leichtathletik-Stars gibt es keinen Cent aus; ganz im Gegensatz zum Rest der Branche. True Motion setzt rein darauf, dass die Kaufleute die Schuhe anpreisen – und die Läufer die Modelle unter ihresgleichen weiterempfehlen.