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Trotz Ausgangssperren: Amerika kommt nicht zur Ruhe

In den USA kommt es nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd den fünften Tag in Folge zu teilweise gewaltsamen Ausschreitungen. Am Sonntag werden weitere Proteste erwartet.

Denvers Bürgermeister Michael Hancock hat einiges versucht, um die Lage zu beruhigen. Ruhig und emphatisch trat er am Samstag vor die Kameras, begleitet von seinem Polizeichef und seinem Direktor für öffentliche Sicherheit. Alle hatten die gleiche Botschaft: Die friedlichen Proteste sollen weiter gehen. Doch die Gewalt geht zu weit. „Wie viele in unserer Stadt bin ich auch wütend über den sinnlosen Tod von George Floyd in Minneapolis“, so Hancock. „Aber wir haben genug gesehen. Wir werden nicht zulassen, dass diese Ereignisse weiter eskalieren.“

Um zu verhindern, dass nach den Ausschreitungen vom Freitag noch mehr Menschen verletzt und noch mehr Gebäude beschädigt werden, verhängte Denver daher zum ersten Mal in der Geschichte für Samstag- und Sonntagnacht eine Ausgangssperre. Bürger müssen ab 20 Uhr zu Hause sein. Damit sie trotzdem ihrem Ärger Luft machen können, organisierte die Stadt eine Online-Demonstration.

Denver ist eine von 25 amerikanischen Städten, die nach gewalttätigen Auseinandersetzungen Ausgangssperren verhängten. Doch es half nichts. Während rund 100 Teilnehmer friedlich über Microsoft Teams online ihre Erfahrungen mit Polizeigewalt austauschten gingen in Denvers Innenstadt die Krawalle weiter. Demonstranten setzten Mülltonnen in Brand, schlugen Scheiben ein, lieferten sich Gefechte mit der Polizei, die Tränengas einsetzte.

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Damit ist es in den USA den fünften Tag in Folge in mehreren Städten zu Demonstrationen und Unruhen nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz gekommen. Von Los Angeles über Miami bis Chicago gingen am Samstag Tausende auf die Straße. „I can't breathe“, skandierten sie, „Ich bekomme keine Luft.“ Das waren die Worte von Floyd, einem unbewaffneten Mann, den am Montag in Minneapolis ein weißer Polizist minutenlang mit dem Knie auf dem Hals zu Boden gedrückt hatte. Der 46-Jährige starb wenig später im Krankenhaus. Seither weiten sich in den USA die Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt aus. In einigen Städten wurden Ausgangssperren verhängt.

Auch am Samstag begannen die Kundgebungen friedlich. Demonstranten blockierten Straßen. Einige zündeten Feuer an. Es kam zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, die zum Teil Tränengas und Plastikgeschosse einsetzte. In Indianapolis ist laut einem TV-Bericht mindestens ein Mensch getötet worden. Der Fernsehsender NBC News stützte sich dabei am Sonntag auf Angaben der Polizei. Dem Vize-Polizeichef der Stadt, Josh Barker, zufolge gab es mindestens zwei Verletzte. Der Ablauf war zunächst unklar. Auf Twitter schrieb die Polizei, ihre Beamten seien nicht involviert gewesen und hätten nicht geschossen. Man untersuche nun zahlreiche Vorfälle.

Demonstrationen vor dem Weißen Haus

Auch in New York, Philadelphia und Pittsburgh und anderen Städten kam es zu Ausschreitungen. In Washington DC gab es Demonstrationen vor dem Weißen Haus. Unter den Teilnehmern war auch die Senatorin und ehemalige Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris. Den Amtssitz von US-Präsident Donald Trump riegelten zahlreiche Polizisten ab - ausgerüstet mit Schutzschilden und zum Teil auf Pferden. Trump sagte am Samstag, wenn die Demonstranten, die sich in der Nacht zuvor auf dem Lafayette Square gegenüber dem Weißen Haus versammelt hatten, den Zaun zum Amtssitz überwunden hätten, „wären sie von den bösartigsten Hunden und den bedrohlichsten Waffen begrüßt worden, die ich je gesehen habe“.

Die demokratische Kongressabgeordnete Ilhan Omar - seit langem selbst ein Ziel von Verbalattacken des Präsidenten - sagte am Sonntag, es gehe bei den Protesten um weit mehr als um den Fall Floyd. So viele Menschen hätten Ungerechtigkeit, Brutalität und Vernachlässigung erfahren. „Die Leute haben es satt.“ Nötig seien landesweite Reformen. „Dieser Präsident hat den Schmerz und die Angst, die viele seiner Bürger empfinden, nicht wirklich verstanden.“

Die Bürgermeisterin von San Francisco, London Breed, verkündete eine Ausgangssperre von Sonntagabend bis Montag 5.00 Uhr Ortszeit (15.00 Uhr MESZ). Zuvor waren Proteste gegen Polizeigewalt in Plünderungen und Vandalismus umgeschlagen. Zudem erbat die Bürgermeisterin Hilfe der Nationalgarde, wie die Zeitung „San Francisco Examiner“ berichtete.

Acht Bundesstaaten haben die Nationalgarde aktiviert, um die Polizei zu unterstützen. Die Polizei in Minneapolis räumte ein, überwältigt gewesen zu sein, weil hunderte Anrufe über Schüsse, Vandalismus und Raub eingegangen waren. In Los Angeles wurde ebenfalls die Nationalgarde angefordert, um weitere Ausschreitungen zu verhindern. Bürgermeister Eric Garcetti sagte im US-Sender Fox News: „Das ist nicht länger ein Protest, das ist Zerstörung. In der zweitgrößten Stadt der USA galt zudem ebenfalls eine Ausgangssperre. Aus Chicago meldeten Medien, das Polizeipräsidium habe für die Beamten 12-Stunden-Schichten angeordnet, um die Proteste unter Kontrolle zu bekommen.

Die sich rasch ausbreitenden Proteste gegen Rassismus fallen zusammen mit einem tiefen Frust wegen der Beschränkungen im Kampf gegen das Coronavirus und der wirtschaftlichen Krise infolge der Pandemie. In einem surrealen Moment waren in Miami zur selben Zeit die Sirenen der Polizeiautos, die mit Blaulicht zum Einsatz gegen Demonstranten rasten, und das Feuerwerk zu Ehren der Pflegekräfte zu hören, die unermüdlich im Einsatz gegen das Coronavirus sind. Hunderte Polizisten schwärmten aus und drohten, jeden festzunehmen, der es wagte, auf die Straße zu gehen. Das galt auch für Journalisten.

In Denver hatte es am Samstagnachmittag überwiegend friedliche Proteste gegeben. Hunderte Demonstranten in Denver legten sich vor dem Capitol auf den Bauch, legten ihre Hände auf den Rücken und wiederholten die Worte „Ich kann nicht atmen“ neun Minuten lang.

Doch immer wieder haben sich auch gewaltbereite Demonstranten unter die Menge gemischt. „Wir haben Leute festgenommen, die mit Waffen und Munition zu den Demonstrationen gekommen sind, aber auch vier mit Äxten und zwei mit Schlagketten“, so Murphy Robertson, Denvers Direktor für Öffentliche Sicherheit.

Tränengas und Pfefferspray in Minneapolis

In Minneapolis war es auf den Straßen tagsüber weitgehend ruhig. Die Nationalgarde patrouillierte in gepanzerten Fahrzeugen in der Stadt. Später schlossen die Behörden mehrere Autobahnen in die Metropolregion, die die beiden Großstädte Minneapolis und Saint Paul im Bundesstaat Minnesota bilden. In der Abenddämmerung, etwa eine halbe Stunde nach Beginn der Ausgangssperre, rückte eine Polizeikette in Minneapolis zu einer Stelle vor, wo sich rund 500 Demonstranten in der Nähe einer ausgebrannten Bank versammelt hatten. Die Polizei setzte Tränengas, Pfefferspray und Plastikgeschosse ein, um die Menge zu vertreiben.

In Chicago demonstrierten Tausende den zweiten Tag in Folge, zum Teil kam es zu Gerangel zwischen Demonstranten und der Polizei. Im Stadtteil Brooklyn in New York City, wo am Freitag 200 Menschen festgenommen worden waren, fuhr ein Polizeieinsatzwagen in eine Gruppe von Demonstranten. Dies war auf einem Video eines Augenzeugen zu sehen. „Sie hätten sie umbringen können, und wir wissen nicht, wie viele sie verletzt haben“, schrieb die Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez auf Twitter.

In Los Angeles kam es im Stadtteil Fairfax zu Auseinandersetzungen, als Demonstranten versuchten in das örtliche Studio des Fernsehsenders CBS vorzudringen. Sicherheitskräfte hätten die Menge zurückgedrängt, berichtete die „Los Angeles Times“. Ebenfalls in Fairfax kam Medienberichten zufolge es zu Plünderungen. Der Bürgermeister von Los Angeles, Eric Garcetti, sagte vor Journalisten: „Das sind keine Proteste mehr. Das ist Vandalismus, das ist Zerstörung.“

In den vergangenen Tagen haben sich auch eine Reihe von Managern und Notenbankern gegen die Polizeigewalt in Minneapolis ausgesprochen. Der Tod von George Floyd „spiegelt die tief verwurzelte Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft wieder“, heißt es etwa in einem Brief, den 28 Unternehmenschefs aus dem Bundesstaat Minnesota unterzeichnet haben, darunter die Vorstandschefs von Bestbuy, Cargill, General Mills und US Bancorp.

„Rassismus ist weiterhin die Wurzel von so viel Schmerz und Hässlichkeit in unserer Gesellschaft – von den Straßen in Minneapolis bis hin zu den Ungleichheiten, die Covid-19 mit sich bringt“, schrieb Mark Mason, Finanzchef der Citigroup in einem Blogeintrag.
Mary Daly, die Chefin der regionalen Notenbank aus San Francisco rief am Freitag über den Kurznachrichtendienst Twitter dazu auf, sich klar gegen Intoleranz und Hass auszusprechen.

Auch am Sonntag werden die Demonstrationen weiter gehen. In Denver werden dann auch Polizisten Seite an Seite mit den Demonstranten stehen, als Zeichen der Solidarität. Angeregt hatte das ein Teilnehmer der Online-Demo in Denver. Ob das die Lage beruhigen wird, muss sich zeigen. Aber ein Versuch ist es wert.

Auch in London ist es am Sonntag zu teilweise großen Demonstrationen wegen des gewaltsamen Tods des Afroamerikaners George Floyd gekommen. Ein Protestzug mit mehr als Tausend Menschen zog an der US-Botschaft in der britischen Hauptstadt vorbei, wie die Nachrichtenagentur PA berichtete. Auch auf dem Trafalgar Square versammelten sich laut BBC Hunderte Demonstranten. Sie hielten Schilder in die Höhe mit Slogans wie „Black lives matter“ (Schwarze Leben zählen) und „Justice for George Floyd“ (Gerechtigkeit für George Floyd).

Mit Agenturmaterial.