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Teyssens Kampf gegen die Hedgefonds: Eon wappnet sich für die Innogy-Übernahme

Großanleger spekulieren bei der geplanten Innogy-Übernahme auf eine hohe Abfindung und haben die Eon-Offerte abgelehnt. Vorstandschef Teyssen will die Spekulanten nun herausdrängen.

Noch muss Eon-Chef Johannes Teyssen um seinen großen Coup kämpfen: Die EU-Kommission wird erst im zweiten Halbjahr entscheiden, ob und unter welchen Auflagen sie die geplante Übernahme von Konkurrent Innogy freigibt. Im Hintergrund bereitet Teyssen aber schon den nächsten Schritt vor: Den Abwehrkampf gegen Hedgefonds, die sich bei Innogy eingekauft haben, die Verschmelzung erschweren wollen – und letztlich auf eine hohe Abfindung hoffen.

Nach Informationen des Handelsblatts aus Finanzkreisen arbeitet Eon seit Monaten daran, bei Innogy die wichtige Schwelle von 90 Prozent zu überspringen – und wird das Ziel auch problemlos erreichen. Der Energiekonzern hat sich nach Abschluss des Übernahmeangebotes bereits drei Prozent am Markt dazu gekauft und so offiziell bereits Zugriff auf 89,23 Prozent der Aktien. Die Schwelle kann er nun unbemerkt überspringen. Erst der Erwerb von weiteren zwei Prozent wäre meldepflichtig.

Damit könnte Teyssen nach der erhofften Genehmigung des mehr als 20 Milliarden Euro schweren Deals die verbliebenen Minderheitsaktionäre per Squeeze-out aus dem Unternehmen drängen – und die Geschäftsaktivitäten von Eon und Innogy zügig verschmelzen. Ein Squeeze-out ist erst ab 90 Prozent möglich.

Teyssen hatte den Markt vor gut einem Jahr, Anfang März 2018, mit seinen Übernahmeplänen überrascht. Gemeinsam mit RWE-Chef Rolf Martin Schmitz einigte er sich auf ein umfangreiches Tauschgeschäft. Dabei übernimmt Eon die 76,8 Prozent, die RWE an Innogy hält.

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Das Unternehmen, das RWE erst 2016 an die Börse gebracht hatte, wird dabei zerschlagen. Eon behält die Sparten Vertrieb und Netz. RWE bekommt neben einer Ausgleichzahlung von 1,5 Milliarden Euro und einer Beteiligung an Eon über 16,7 Prozent Innogys Geschäft mit erneuerbaren Energien und auch die entsprechenden Aktivitäten, die Eon derzeit betreibt.

Eon will sich durch die Transaktion auf Vertrieb und Geschäft fokussieren und hier zu einem der größten Versorger aufsteigen. Das fusionierte Unternehmen wird etwa 50 Millionen Kunden mit Strom und Gas beliefern und ein Strom- und Gasnetz in einer Länge von 1,5 Millionen Kilometer betreiben.

Die neue Eon wird aber nur richtig schlagkräftig, wenn sie die eigenen Aktivitäten mit denen von Innogy verschmelzen kann. Vor allem wird Teyssen nur dann die erhofften Synergien von 600 bis 800 Millionen Euro im Jahr realisieren können. Das wissen auch die Hedgefonds, die nach Bekanntgabe der Übernahmepläne bei Innogy eingestiegen sind, und auf eine üppige Abfindung spekulieren.

Im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots konnte sich Eon deshalb nur 9,4 Prozent sichern – und wäre inklusive des Pakets von RWE nur auf 86,2 Prozent gekommen. Zahlreiche Fonds gingen nicht auf die Offerte ein – andere stiegen sogar erst noch bei Innogy ein, wie es in Finanzkreisen heißt.

Selbst Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SDK), die jeweils Privatanleger vertreten, hatten zum Abwarten geraten – um eine höhere Abfindung zu erhalten.

Und seit Abschluss des Übernahmeangebots Ende Juli ist die Innogy-Aktie weiter umkämpft und kletterte um rund zehn Prozent auf aktuell 41,20 Euro. Sie notiert damit deutlich über Eons Offerte. Der Energiekonzern hatte 36,76 Euro je Aktie geboten.

Zusätzlich erhalten die Aktionäre noch eine Dividende für 2018 in Höhe von 1,64 Euro je Aktie. Zum Abschluss der Angebotsfrist summierte sich das Gebot also auf 38,20 Euro – deutlich unter den aktuellen Kursen. „Die Kursbewegungen sind schon auffällig“, sagt ein hochrangiger Innogy-Manager.

Tatsächlich war auch Eon selbst aktiv. Der Konzern kaufte am Markt weitere Aktien zu – vorsichtig, um den Kurs nicht selbst nach oben zu treiben. Das darf er nach Abschluss der Offerte auch zu Marktbedingungen. Lediglich eine Einigung mit einzelnen Investoren außerhalb der Börse wäre problematisch. Dann müsste der Konzern den höheren Preis auch den Aktionären zukommen lassen, die die Offerte akzeptiert hatten.

Ein Sprecher des Konzerns wollte sich dazu nicht äußern. „Wir warten die Entscheidung der EU-Kommission ab“, hielt er lediglich fest: „Danach haben wir verschiedene Möglichkeiten und halten uns alle Optionen offen.“

Squeeze-out mit gleichzeitiger Verschmelzung wäre beste Option

Tatsächlich ist ein Squeeze-out zwar die einfachste, aber nicht die einzige Möglichkeit, um Innogy zu integrieren. Schon das Aktienpaket von RWE war ausreichend, um einen Gewinn- und Beherrschungsvertrag zu schließen. Er würde Eon Zugriff auf Innogys Gewinne und dem Eon-Vorstand umfangreiche Weisungsbefugnisse einräumen. Das Problem: Innogy müsste eine börsennotierte Tochtergesellschaft bleiben – inklusive eigener Berichterstattung, Hauptversammlung und viel Bürokratie.

Eon kann auch ohne Squeeze-out das eigene Geschäft und das von Innogy in einer neuen Gesellschaft verschmelzen. Der Konzern könnte auch so die Aktivitäten zusammenführen. Die Minderheitsaktionäre von Innogy würden dann Minderheitsaktionäre der neuen Eon. Der Schritt ist auch eine realistische Option, aber aufwendig. Die Minderheitsaktionäre könnten versuchen, rechtlich gegen die Verschmelzung vorzugehen.

Am einfachsten ist der Squeeze-out mit gleichzeitiger Verschmelzung. Eon könnte auf einer außerordentlichen Hauptversammlung die Abfindung der Minderheitsaktionäre von Innogy beschließen. Es wäre zwar damit zu rechnen, dass zahlreiche Aktionäre die Abfindung anfechten und ein Spruchstellenverfahren beim Landgericht anstrengen. Das kann sich über Jahre ziehen. Die Kläger wären aber ab der Eintragung ins Handelsregister keine Aktionäre mehr. Eon wäre frei, die Verschmelzung direkt umzusetzen und neu zu starten.

„Das wäre wohl die attraktivste Option, um das eigene Geschäft mit dem von Innogy zu verschmelzen“, sagt Albert Schröder, Gesellschaftsrechts- und M & A-Experte von der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen & Partner in Freiburg: „Eon könnte die Minderheitsaktionäre zügig ausschließen und die Geschäfte zusammenführen.“ Das Spruchstellenverfahren könne zwar Jahre dauern, dabei gehe es aber nur um die Höhe ihrer Abfindung. Nach Schröders Worten wäre es für Eon deshalb „schon eine Erleichterung“, wenn der Konzern die Schwelle von 90 Prozent überspringt.

Auch im Umfeld des Konzerns wird der Squeeze-out als „elegantester Weg“ bezeichnet. Er dürfe aber nicht zu teuer werden. Um sich nicht erpressbar zu machen, wird sich Teyssen deshalb auch die Verschmelzung ohne Squeeze-out offenhalten.

Finanzvorstand Marc Spieker hat jedenfalls wiederholt die Hoffnungen der Hedgefonds auf einen üppigen Nachschlag zurückgewiesen. „Von uns aus wird es keine Aufstockung des Angebots in Zukunft geben", stellte Spieker schon nach Abschluss des Übernahmeangebotes klar: „Dazu gibt es keine Veranlassung.“

Aber egal, für welchen Weg sich Teyssen entscheidet. Der Start der neuen Eon dürfte sich deutlich ins Jahr 2020 ziehen. Es ist gut möglich, dass Innogy Anfang kommenden Jahres noch eine eigene Bilanzpressekonferenz abhalten wird.

Zunächst muss Teyssen auf die Genehmigung durch die EU-Kommission warten. Der Deal ist zwar schon in vielen Punkten freigegeben. RWE hat für seinen Teil der Transaktion – die Übernahme der erneuerbaren Energien und den Einstieg bei Eon – die Genehmigung vorliegen. Und bei Eon sieht die EU-Kommission die Zusammenführung der Netze offenbar unkritisch, weil das Geschäft ohnehin stark reguliert ist.

Die Wettbewerbskommission hat wegen der Marktmacht der neuen Eon im Vertrieb aber eine vertiefte Prüfung eingeleitet. Sie äußerte Bedenken, dass das Vorhaben „in mehreren Mitgliedstaaten den Wettbewerb im Strom- und Gaseinzelhandel“ beeinträchtigen könnte.

Synergiepotenzial entfaltet sich erst ab 2022 komplett

In Branchenkreisen wird zwar damit gerechnet, dass die Kommission den Deal freigibt, aber Auflagen verhängt. In einzelnen Auslandsmärkten ist das auch offensichtlich. In der Slowakei beispielsweise kommt das neue Unternehmen auf einen Marktanteil von gut 70 Prozent.

Mit Spannung wird aber erwartet, wie die Kommission die Marktstellung auf dem Heimatmarkt bewertet. Der Konzern würde hierzulande 12,5 Millionen Strom- und 2,1 Millionen Gaskunden versorgen und in großen Teilen des Landes das Verteilnetz betreiben.

Die Behörde prüft den Deal jedenfalls intensiv und fordert tief gehende Marktdaten an. Weil Eon sie nicht problemlos liefern konnte, wurde die Prüffrist, die eigentlich auf 90 Arbeitstage angesetzt ist, schon unterbrochen. Der ursprünglich anvisierte Abschluss zum 23. Juli wird deshalb kaum zu halten sein. In Branchenkreisen wird schon damit gerechnet, dass die Kommission die Prüfung weiter verlängert – und nicht vor September abschließen wird.

Die Transaktion mit RWE wäre dann vermutlich erst im Herbst perfekt. Der „Day one“, der Tag an dem Eon mit der Integration beginnen kann, würde dann zwar noch im Zeitplan liegen. Eon hatte von Anfang an den Abschluss des Geschäfts für die zweite Jahreshälfte in Aussicht gestellt. „So oder so, ist die Fusion mit der Genehmigung der Kartellbehörden aber noch nicht abgeschlossen. Die Verschmelzung wird sich noch Monate ziehen“, sagt Rechtsexperte Schröder.

Bei einem Squeeze-out muss schließlich eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen werden – aber auch die pure Verschmelzung auf eine neue Gesellschaft wäre zeitaufwendig.

Eon hat zwar schon begonnen, die besten Führungskräfte für den Neustart auszuwählen. Aktuell läuft bei den Bereichsleitern der Auswahlprozess. In jedem Bereich, in dem es bei Eon und Innogy einen Leiter gibt, mussten sich beide auf die künftige Position bewerben. Bis zum Sommer sollen sie Klarheit haben. Der neue gemeinsame Bereich kann aber erst nach der Verschmelzung seine Arbeit aufnehmen. Nicht ohne Grund rechnet Teyssen selbst damit, dass „definierte Synergiepotenzial von 600 bis 800 Millionen Euro“ erst ab 2022 „in voller Höhe“ zu realisieren.

Teyssen muss sich also in Geduld üben – und sich erst mal mit den Minderheitsaktionären arrangieren. In der neuen Eon will er den Anteil spekulativer Hedgefonds jedenfalls klein halten. Auf der Bilanzpressekonferenz Mitte März zeigte er sich stolz, dass Eon „besonders für langfristig orientierte Investoren, denen Nachhaltigkeit wichtig ist“, attraktiv sei. „Ihr Anteil an der Aktionärsstruktur steigt kontinuierlich“, hielt er fest.

Auch bei der Übernahme von Innogy will sich Teyssen von Hedgefonds nicht stören lassen. Dafür wappnet er sich.