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Terrorangriff der Hamas: Die wichtigsten Informationen zur Lage in Israel

Israelische Sicherheitskräfte mit einem Verwundeten nach Raketenangriffen aus dem Gazastreifen am Samstag. - Copyright: picture alliance/dpa | Ilia Yefimovich
Israelische Sicherheitskräfte mit einem Verwundeten nach Raketenangriffen aus dem Gazastreifen am Samstag. - Copyright: picture alliance/dpa | Ilia Yefimovich

Nach dem überraschenden Großangriff auf Israel hat die islamistische Hamas im Gazastreifen den Beschuss des Erzfeindes in der Nacht auf Sonntag fortgesetzt. Gegen mehrere Städte, darunter die Küstenmetropole Tel Aviv, gab es in der Nacht zum Sonntag heftige Raketenangriffe. Das israelische Militär bombardierte im Gegenzug weitere Kommandozentralen der Hamas.

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu kündigte eine harte Reaktion im Gazastreifen an. "Wir werden alle Orte, an denen die Hamas organisiert ist und sich versteckt, in Trümmerinseln verwandeln", sagte Netanjahu am Samstagabend in einer Ansprache. Bewohner des Gazastreifens forderte er auf: "Flieht jetzt von dort, denn wir werden überall und mit all unserer Kraft handeln". Israel werde Rache nehmen. "Dieser Krieg wird Zeit brauchen", sagte Netanjahu. "Es liegen noch herausfordernde Tage vor uns."

Das israelische Sicherheitskabinett hat den Kriegszustand ausgerufen. Dies erlaube "weitreichende militärische Schritte", teilte am Sonntag das Büro von Ministerpräsident Netanjahu mit. "Der Krieg, der Israel durch eine mörderische Terrorattacke aus dem Gazastreifen aufgezwungen wurde, hat am 7. Oktober 2023 um 6 Uhr begonnen."

Die wichtigsten Ereignisse im Überblick

Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas hatte am Samstag tagsüber nach Militärangaben mehr als 3000 Raketen auf Israel abgefeuert. Gleichzeitig drangen am Morgen bewaffnete Palästinenser über Land, See und Luft nach Israel vor. Israel kündigte eine Evakuierung seiner Grenzorte zum Gazastreifen an. In diesen israelischen Städten schlugen auch in der Nacht zum Sonntag wieder Hamas-Raketen ein.

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Unterstützt von einem Hagel Tausender Raketen waren Hamas-Kämpfer aus dem blockierten Gazastreifen am Samstag in nahe gelegene israelische Städte eingedrungen. Dabei töteten sie mehrere Menschen und verschleppten eine unbekannte Zahl Soldaten und Zivilisten, darunter laut Medien auch Kinder, in den Gazastreifen.

Die von der EU, den USA und Israel als Terrororganisation eingestufte Hamas sprach von einer "Militäroperation" gegen Israel. Militärchef Mohammed Deif sagte, man habe beschlossen, israelischen Verbrechen – wie er es nannte – ein Ende zu setzen. 5000 Raketen seien abgefeuert worden, so der hochrangige Kommandeur. "Das ist der Tag der größten Schlacht", sagte er.

Der Sprecher der Hamas, Ghazi Hamad, sagte dem Sender BBC, die Gruppe habe direkte Unterstützung vom Iran erhalten. Der Iran habe sich verpflichtet, "den palästinensischen Kämpfern bis zur Befreiung Palästinas und Jerusalems beizustehen".

Als Reaktion bombardierten israelische Kampfflugzeuge wiederholt Ziele im Gazastreifen, wie ein Armeesprecher bestätigte. Israel hat nach dem Angriff die Verteidigungsaktion "Iron Swords" (Eiserne Schwerter) ausgerufen und Reservisten einberufen. Die israelische Luftwaffe attackierte in der Nacht zum Sonntag weitere Kommandozentralen der Hamas.

Unklar war, warum Israel so überrascht wurde. Zahlreiche Einwohner der attackierten Ortschaften berichteten, sie hätten stundenlang vergeblich auf Hilfe von Sicherheitskräften gewartet.

Zugleich wuchs die Besorgnis über eine Ausweitung der Kämpfe im Nahen Osten. Eine weitere militante Gruppe, die Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon, beschoss Sonntagmorgen von Norden her israelisches Grenzgebiet mit Raketen. Das teilte ein Sprecher der Israelischen Verteidigungskräfte (IDF) mit. Israelische Artillerie habe die Zone im Libanon, von der aus geschossen wurde, unter Feuer genommen.

Die eng mit dem Iran verbündete Hisbollah übernahm die Verantwortung für den Raketenbeschuss; er wurde auch von der Beobachtermission der Vereinten Nationen im Libanon (Unifil) bestätigt. Sonntagmittag gab es zum zweiten Mal Beschuss aus dem Libanon.

Bei einem mutmaßlichen Anschlag in Ägypten sind zwei Israelis und ein Ägypter getötet worden. Ein weiterer Israeli sei verletzt worden, teilte das israelische Außenministerium am Sonntag mit. Ein Angreifer in Alexandria habe das Feuer auf eine Reisegruppe eröffnet.

Der regierungsnahe ägyptische Fernsehsender Extra News TV hatte zuvor berichtet, ein ägyptischer Polizist habe wahllos um sich geschossen, während die israelische Gruppe eine Touristenattraktion besucht habe. Als Polizist habe der Schütze eigentlich die Aufgabe gehabt, für Sicherheit in dem Gebiet zu sorgen.

Was bisher über Zahl der Opfer bekannt ist

Bei den Großangriffen aus dem Gazastreifen sind mindestens 600 Menschen in Israel ums Leben gekommen. Mehr als 2000 weitere seien verletzt worden, teilte das Pressebüro der Regierung am Sonntag auf Facebook mit. Auf Seiten der Palästinenser im Gaza-Streifen wurden mindestens 370 Menschen getötet und rund 2200 verletzt, wie das dortige Gesundheitsministerium bekanntgab.

Was wir über Entführungen aus Israel wissen

Mehr als 100 Menschen sind nach israelischen Regierungsangaben vom Sonntag von der Hamas entführt worden. Schätzungen, die von israelischen Medien transportiert werden, gehen über die offizielle Zahl der Entführten hinaus: Demnach sollen sich rund 170 Israelis in Gefangenschaft im Gazastreifen befinden. Unter den Entführten sollen auch alte Menschen und Kinder sein.

Zuvor hatte ein Militärsprecher von einer "erheblichen Zahl" gesprochen. Die Hamas, die von der EU, USA und Israel als Terrororganisation eingestuft wird, bezifferte die Entführten auf mehrere Dutzend. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nannte die Geiselnahmen "abscheulich".

Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich unter den von der islamistischen Hamas aus Israel Verschleppten auch deutsche Staatsangehörige befinden. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es am Sonntag, nach Erkenntnissen des Außenministeriums handele es sich um Menschen, die alle neben der deutschen auch die israelische Staatsangehörigkeit hätten. Am Sonntag hatte im Auswärtigen Amt erneut der Krisenstab der Bundesregierung getagt.

Aus dem Auswärtigen Amt hieß es nach den zum gegenwärtigen Zeitpunkt vorliegenden Erkenntnissen weiter, man stimme sich gemeinsam mit der deutschen Botschaft in Tel Aviv sehr eng mit den israelischen Behörden ab. Zudem bitte man um Verständnis, dass man sich zum Schutz der betroffenen Personen weder zur Anzahl noch zu Einzelfällen öffentlich äußern könne. Schon zuvor hieß es, zu konsularischen Einzelfällen und Geiselnahmen deutscher Staatsangehöriger äußere sich die Bundesregierung grundsätzlich nicht.

In sozialen Netzwerken kursieren Berichte, dass mindestens eine deutsche Staatsbürgerin unter den Entführten sei. Sie soll bei einem Festival in der israelischen Wüste gewesen sein, das Hamas-Terroristen stürmten.

Einem "Spiegel"-Bericht zufolge steht die Familie der vermissten jungen Frau in Kontakt mit der deutschen Botschaft und dem Bundeskriminalamt. Die "Bild"-Zeitung (gehört wie Business Insider zu Axel Springer) berichtet, dass sich die deutsche Botschaft in den Fall eingeschaltet habe.

Wie die Bundesregierung auf die Angriffe reagiert

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich am Sonntag tief erschüttert von den Angriffen auf israelische Zivilisten. "Diese Taten sind barbarisch, empörend und durch nichts zu rechtfertigen", sagte der Regierungschef. "Israel hat das Recht, sich gegen diese barbarischen Angriffe zu verteidigen", betonte er. "Wir verurteilen das Vorgehen der Hamas aufs Schärfste."

Scholz sicherte Israel die Unterstützung der deutschen Regierung und ihrer internationalen Partner zu. Er sagte, die Sicherheit Israels sei "deutsche Staatsräson". Zugleich sagte der Kanzler, es dürfe "kein Flächenbrand mit unkalkulierbaren Folgen für die Region" entstehen.

Der SPD-Politiker kündigte einen erhöhten Schutz israelischer Einrichtungen ein. Mit deutlichen Worten verurteilte der Kanzler, dass die Angriffe der Hamas etwa in Berlin-Neukölln von Sympathisanten begrüßt worden waren. "Wir akzeptieren es nicht, wenn hier auf unseren Straßen die abscheulichen Attacken gegen Israel gefeiert werden", sagte er. "Das Leid, die Zerstörung, der Tod von so vielen Menschen kann für niemanden Anlass zur Freude sein."

Zuvor warnte Bundesaußenministerin Baerbock vor einer großen Eskalation in der Region. Der Überraschungsangriff der Hamas startete genau 50 Jahre nach dem Jom-Kippur-Krieg von 1973. Der damalige Angriff feindlicher arabischer Staaten auf Israel am höchsten jüdischen Feiertag gilt als bislang schwerstes nationales Trauma.

"Dieser Tag ist eine Zäsur, ein präzedenzloser Akt der Eskalation durch die Hamas", sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Samstag in Berlin. "Durch diese Terrorangriffe besteht nun die unkalkulierbare Gefahr einer großen regionalen Eskalation", so die Grünen-Politikerin.

dpa/fu