Streit mit der EU beschert der Schweizer Börse mehr Geschäft
Die Schweizer Börse hat einen der besten Sommermonate seit Jahren hinter sich. Das zeigt: Die EU schadet sich im Börsenstreit mit der Schweiz selbst.
Wenn es nach der EU-Kommission gegangen wäre, hätte die Schweizer Börse leiden sollen. Doch sie macht mehr Geschäft: Statt der üblichen Sommerflaute, verzeichnete der Schweizer Börsenbetreiber Six im Juli höhere Handelsvolumina. „Die Zahlen liegen in den ersten Wochen im Vergleich zum Vormonat rund 20 Prozent höher“, sagte ein Sprecher. So verzeichnete die Börse im Aktienhandel den besten Juli seit dem Jahr 2008.
Das große Plus lässt vermuten, dass sich die EU-Kommission im Streit mit den Schweizern selbst geschadet hat. Weil sich die Eidgenossen weigern, das so genannte Rahmenabkommen mit der EU zu unterzeichnen, erkannte Brüssel zum 1. Juli die Gleichwertigkeit der Börsenregulierung in der Schweiz nicht mehr an. Das Ziel: Europäische Händler sollten an der Schweizer Börse keine Geschäfte mehr machen dürfen.
Doch die Schweiz schlug mit einem Plan B zurück. Per Notverordnung sorgte sie dafür, dass Schweizer Aktien ihrerseits nur noch an zugelassenen Handelsplätzen gehandelt werden dürfen – und verweigerte der EU diese Zulassung. Bei Verstößen drohen empfindliche Strafen.
Die Folge: Europäische Handelsplätze nahmen beliebte Schweizer Werte wie des Nahrungsmittelkonzerns Nestlé und der Pharmakonzerne Novartis Roche aus dem Sortiment. Früher wurde ein Drittel des Handelsvolumens über europäische Handelsplätze abgewickelt. Jetzt werden diese Geschäfte offenbar stattdessen an der Six in Zürich gemacht. Es sieht so aus, als habe Bern die EU-Kommission mit ihren eigenen Waffen geschlagen.
Der Schweizer Börse bescherte der Streit zwar mehr Geschäft. Doch von Schadenfreude keine Spur: Oberstes Ziel bleibe es, von der EU weiter als gleichwertig anerkannt zu werden, erklärt ein Six-Sprecher. „Schweizer Aktien sollten sowohl in der Schweiz als auch im Ausland gehandelt werden können.“
Doch dazu müssten die EU-Kommission und die Schweiz beim Rahmenabkommen zunächst Fortschritte machen. Das gilt jedoch derzeit als unwahrscheinlich. In der Schweiz stehen im Herbst nämlich Wahlen an – und die neue EU-Kommission muss sich mit den Briten über die Modalitäten für den Brexit verständigen. Beide Seiten haben also nichts zu verschenken – und der Börsenstreit dürfte weitergehen.
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