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Staatsanwaltschaft durchsucht Daimler-Standorte

Razzia bei Daimler: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat mehrere Standorte des Autobauers durchsucht. Ermittelt wird wegen des Verdachts des Betrugs mit möglichen Abgasmanipulationen bei Diesel-Autos.

Der Autokonzern Daimler rückt wegen möglicher Abgas-Manipulationen bei Dieselautos zunehmend ins Visier der Justiz. Ein Großaufgebot an Ermittlern durchsuchte am Dienstag mehrere Daimler-Standorte in verschiedenen Bundesländern. Hintergrund ist ein Verdacht auf Betrug und der strafbaren Werbung.

Im Rahmen der Ermittlungen gegen bekannte und unbekannte Mitarbeiter von Daimler waren 23 Staatsanwälte und 230 Polizisten aus Baden-Württemberg und anderen Bundesländern im Einsatz, wie die Stuttgarter Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg mitteilten. Insgesamt seien elf Objekte in Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen und Sachsen in Augenschein genommen worden. Gesucht worden seien "beweiserhebliche" Unterlagen und Datenträger.

"Das Unternehmen kooperiert vollumfänglich mit der Behörde", heißt es in einer Mitteilung. Über die kurze Pressemitteilung hinaus könne man sich nicht zu dem laufenden Ermittlungsverfahren äußern, so der Konzern.

Im März hatten die Stuttgarter Staatsanwälte Ermittlungen gegen Daimler-Mitarbeiter wegen des Verdachts auf Betrug aufgenommen. "Wir ermitteln gegen namentlich bekannte und unbekannte Mitarbeiter der Daimler AG wegen des Verdachtes des Betrugs und der strafbaren Werbung", sagte ein Sprecher der Behörde damals. Die wortgleiche Formulierung hat Daimler jetzt auch in seiner Pressemitteilung verwendet.

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Es ist allerdings noch nicht bestätigt, wer diese Mitarbeiter sind – und ob gegen frühere oder aktive Vorstandsmitglieder ermittelt wird, darüber schweigen die Staatsanwälte ebenfalls. Nach Informationen aus Unternehmenskreisen laufen keine Ermittlungen gegen Vorstandsmitglieder. "Nach unserer Kenntnis sind keine Vorstandsmitglieder betroffen", sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag.

Seit dem Bekanntwerden des Dieselskandals bei Volkswagen hatte Daimler-Chef Dieter Zetsche den Selbstzünder stets verteidigt und aufkommende Zweifel an der Technologie kleingeredet. "Wir halten uns grundsätzlich an die gesetzlichen Vorgaben und haben keinerlei Manipulationen an unseren Fahrzeugen vorgenommen", sagte Zetsche im September 2015 der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" – eine Woche nach dem Ausbruch der VW-Krise. Trotzdem hat der Dieselskandal auch Daimler eingeholt.

US-Ermittler und Umweltschützer haben Daimler wiederholt vorgeworfen, bei einigen Modellen den Rechtsrahmen zu überdehnen. Streitpunkt ist ein so genanntes Thermofenster, das in bestimmten Temperaturbereichen die Abgasnachbereitung herunterregelt. Nach der Argumentation der Hersteller wird das genutzt, um Bauteile im Motor zu schützen. Umweltschützer wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisieren, dass die Ausnahmeregelungen aus der entsprechenden EU-Verordnung zu weit ausgelegt werden. Im April 2016 einigte sich Daimler wie andere Hersteller auch mit dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) darauf, 247.000 Fahrzeuge „freiwillig“ zurückzurufen, um die Technik anzupassen. Das KBA hatte zwar keine Schummeleien im Ausmaß von Volkswagen festgestellt, die gemessenen Abgaswerte waren aber bei mehreren Modellen zu hoch.

Neben der Stuttgarter Staatsanwaltschaft beschäftigt sich auch die US-Justiz damit. Daimler muss sich in den USA mit mehreren Abgas-Sammelklagen befassen. Die Kanzlei Hagens Berman vertritt Autobesitzer aus zahlreichen Bundesstaaten, die dem Konzern vor allem irreführende Werbung und einen zu hohen Stickoxidausstoß bei zahlreichen Dieselmodellen vorwerfen. Der Konzern weist die Anschuldigungen zurück.

Im April forderte das amerikanische Justizministerium Daimler zu einer internen Untersuchung im Zusammenhang mit den Abgaswerten der Autos aus dem Hause Mercedes-Benz auf. Seitdem ermittelt Daimlers interne Revision mithilfe einer Anwaltskanzlei im Konzern.

Im Zuge des Abgas-Skandals bei Volkswagen war nicht nur der Wolfsburger Konzern selbst, sondern auch der Zulieferer Bosch ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Auch in anderen Ländern rief der Verdacht auf Manipulationen Behörden auf den Plan.

KONTEXT

Welche Schadstoffe im Abgas stecken

Stickoxide

Stickoxide (allgemein NOx) gelangen aus Verbrennungsprozessen zunächst meist in Form von Stickstoffmonoxid (NO) in die Atmosphäre. Dort reagieren sie mit dem Luftsauerstoff auch zum giftigeren Stickstoffdioxid (NO2). Die Verbindungen kommen in der Natur selbst nur in Kleinstmengen vor, sie stammen vor allem aus Autos und Kraftwerken. Die Stoffe können Schleimhäute angreifen, zu Atemproblemen oder Augenreizungen führen sowie Herz und Kreislauf beeinträchtigen. Pflanzen werden dreifach geschädigt: NOx sind giftig für Blätter und sie überdüngen und versauern die Böden. Außerdem tragen Stickoxide zur Bildung von Feinstaub und bodennahem Ozon bei.

Kohlenstoffdioxid

Kohlendioxid (CO2) ist in nicht zu großen Mengen unschädlich für den Menschen, aber zugleich das bedeutendste Klimagas und zu 76 Prozent für die menschengemachte Erderwärmung verantwortlich. Der Straßenverkehr verursacht laut Umweltbundesamt rund 17 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen in Deutschland – hier spielt CO2 die größte Rolle. Es gibt immer sparsamere Motoren, zugleich aber immer größere Autos und mehr Lkw-Transporte. Außerdem mehren sich Hinweise darauf, dass Autobauer nicht nur bei NOx-, sondern auch bei CO2-Angaben jahrelang getrickst haben könnten.

Schwefeldioxid

Bei der Treibstoff-Verbrennung in vielen Schiffsmotoren fällt auch giftiges Schwefeldioxid (SO2) an. In Autos und Lkws entsteht dieser Schadstoff aber nicht, was am Kraftstoff selbst liegt: Schiffsdiesel ist deutlich weniger raffiniert als etwa Pkw-Diesel oder Heizöl und enthält somit noch chemische Verbindungen, die bei der Verbrennung in Schadstoffe umgewandelt werden.

Feinstaub

Winzige Feinstaub-Partikel entstehen entweder direkt in Automotoren, Kraftwerken und Industrieanlagen oder indirekt durch Stickoxide und andere Gase. Die Teilchen gelangen in die Lunge und dringen in den Blutkreislauf ein. Sie können Entzündungen der Atemwege hervorrufen, außerdem Thrombosen und Herzstörungen. Der Feinstaub-Ausstoß ist in Deutschland seit Mitte der 1980er Jahre deutlich gesunken. Städte haben Umweltzonen eingerichtet, um ihre Feinstaubwerte zu senken.

Feinstaub entsteht aber nicht nur in den Motoren. Auch der Abrieb von Reifen und Bremsen löst sich in feinsten Partikeln. Genauso entstehen im Schienenverkehr bei jedem Anfahren und Bremsen feiner Metallabrieb an den Schienen. All das landet ebenfalls als Feinstaub in der Luft.

Katalysatoren

Katalysatoren haben die Aufgabe, gefährliche Gase zu anderen Stoffen abzubauen. In Autos wandelt der Drei-Wege-Kat giftiges Kohlenmonoxid (CO) mit Hilfe von Sauerstoff zu CO2, längere Kohlenwasserstoffe zu CO2 und Wasser sowie NO und CO zu Stickstoff und CO2 um. Der sogenannte Oxidations-Kat bei Dieselwagen ermöglicht jedoch nur die ersten beiden Reaktionen, so dass Dieselabgase noch mehr Stickoxide enthalten als Benzinerabgase. Eingespritzter Harnstoff („AdBlue“) kann das Problem entschärfen: Im Abgasstrom bildet sich so zunächst Ammoniak, der anschließend in Stickstoff und Wasser überführt wird.