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Spaniens Wirtschaft ist für eine Pandemie denkbar schlecht gerüstet

Hohe Schulden, ein volatiler Arbeitsmarkt – und nun auch noch ein landesweiter Alarmzustand. In Spanien droht durch die Coronakrise ein enormer Wirtschaftseinbruch.

Wenn das spanische Gesundheitsministerium um 12 Uhr mittags die neuen Zahlen der Corona-Infizierten bekanntgibt, schaut das ganze Land hin. Inzwischen übersteigt die Zahl der Toten in Spanien die von China.

Insgesamt 4089 Menschen sind bis Donnerstag in Spanien am Coronavirus gestorben. Die besonders stark betroffene Hauptstadt Madrid lagert ihre Toten schon in einem Einkaufszentrum mit Eislaufhalle, weil Krematorien und Bestatter überlastet sind. Spanien ist nach Italien in Europa am stärksten vom Coronavirus betroffen.

Das Virus wütet in einem Land, das für eine derartige Krise denkbar schlecht gerüstet ist. Zwar hat sich die spanische Wirtschaft in den vergangenen Jahren deutlich stabilisiert: Die Banken sind saniert, die Unternehmen internationaler, und das Wachstum lag mehrere Jahre lang über dem EU-Durchschnitt.

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Doch die Folgen der vergangenen Wirtschaftskrise wirken in der viertgrößten Volkswirtschaft Europas immer noch nach – in Form von hohen Schulden und vielen Arbeitslosen.

Hinzu kommt, dass ein Viertel aller Beschäftigten nur zeitlich befristete Arbeitsverträge hat, von denen viele in der Krise nicht erneuert werden dürften. Diese schwierigen Startbedingungen führen zusammen mit der Abhängigkeit vom besonders gebeutelten Tourismus dazu, dass der Einbruch in Spanien stärker ausfallen könnte als anderswo und die Erholung länger auf sich warten lässt.

Zwar variieren die Schätzungen der Experten deutlich – die Ratingagentur Standard & Poor’s etwa geht von einem Minus von nur 1,8 Prozent aus. Doch zahlreiche Ökonomen erwarten einen noch heftigeren Einbruch als in der vergangenen Krise 2009, als die spanische Wirtschaft um 3,8 Prozent schrumpfte. Die Analysten der Investmentbank Goldman Sachs rechnen damit, dass das spanische Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 9,7 Prozent einbrechen wird.

Madrid hält gegen, hat ein Paket über 200 Milliarden Euro Krisenhilfen aufgelegt, das sind 20 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das Gros besteht aus 100 Milliarden staatlicher Kreditgarantien, rund weitere 100 Milliarden sollen die Banken beisteuern. Verglichen mit dem deutschen Programm von 1,2 Billionen Euro ist das jedoch wenig.

Seit dem 15. März gilt der Alarmzustand, der eine sehr strikte Ausgangssperre vorsieht und weite Teile der Unternehmen lahmgelegt hat. Selbst einige Branchen, in denen eigentlich gearbeitet werden dürfte, wie die Automobilbranche, stehen still. Alle 17 Fabriken sind geschlossen – den Unternehmen fehlen sowohl Lieferteile als auch Kunden. Spanien ist der zweitgrößte Autoproduzent Europas, die Branche macht zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus.

Einige Regionalpolitiker fordern eine komplette Abriegelung des Landes wie in Italien, um das Ansteckungsrisiko zu senken. Wirtschaftsministerin Nadia Calviño stemmt sich jedoch gegen die Bestrebungen.

Schon jetzt belastet der Ausnahmezustand die Staatsfinanzen erheblich. Zum einen sinken die Einnahmen, etwa bei Gewerbe- oder Mehrwertsteuer. Zum anderen steigen die Ausgaben etwa für das Gesundheitssystem oder Kurzarbeiterregelungen.

„Spanien kann sich mit einer Verschuldung von fast 100 Prozent der Wirtschaftsleistung anders als Deutschland keine ausufernden Hilfsprogramme leisten“, sagt Arbeitsmarktexperte Marcel Jansen von der Autonomen Universität Madrid. „Deshalb besteht ohne Hilfe der EU die Gefahr, dass die spanische Unterstützung für Unternehmen und Familien zu kurz greift und sich die Krise damit deutlich verschärft.“

Die Einnahmen aus dem Tourismus fehlen

In Spanien rächt sich nun, dass die Regierung es trotz des starken Wachstums der vergangenen Jahre versäumt hat, ihr strukturelles Defizit – also die Haushaltslücke, die unabhängig von Konjunktureinflüssen ist – zu senken.

Die Krise dürfte das reguläre Defizit nun erheblich vergrößern. Fernando Fernández von der Business School Instituto de Empresa (IE) geht davon aus, dass das Haushaltsdefizit auf über zehn Prozent steigen wird, Goldman Sachs kommt zu derselben Zahl.

Und auch die Schulden dürften in die Höhe schnellen. Finanzexperte Nuno Fernandes von der Business School IESE rechnet mit einem Anstieg auf 115 bis 120 Prozent. „In Spanien wird die Krise größer sein als alles, was wir jemals erlebt haben“, ist er überzeugt.

Problematisch ist vor allem das starke Gewicht des Tourismus. Er macht zwölf Prozent der spanischen Wirtschaftsleistung aus, steht derzeit komplett still und dürfte sich auch nach dem Ende der Krise weniger schnell erholen als andere Branchen. „Die Tasse Café, die nicht getrunken ist, trinkt niemand mehr.

Autos können dagegen nach der Krise mehr verkauft werden als vorher“, sagt John de Zulueta, Chef der Arbeitgebervereinigung Círculo de Empresarios. Hinzu kommt, dass im Tourismus Vertrauen eine große Rolle spielt.

„Wenn das Virus besiegt ist, werden die Leute nicht gleich wieder reisen, aus Angst und Unsicherheit“, sagt IE-Ökonom Fernández. „Spanien wird deshalb länger brauchen, bis es wieder aus der Krise rauskommt.“

Ein weiterer Brandbeschleuniger ist der instabile Arbeitsmarkt. Ein Viertel aller spanischen Beschäftigten hat nur zeitlich befristete Verträge, insgesamt 4,4 Millionen Menschen. Rund ein Drittel davon läuft über weniger als drei Monate. Zwar gilt das Kurzarbeitmodell in der Krise auch für sie.

Doch wenn diese Verträge auslaufen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass viele Beschäftigte keine neue Anstellung finden. „Diese Zeitverträge sind eine klare Schwäche im spanischen Arbeitsmarkt“, sagt Alvise Lennkh von der Ratingagentur Scope.

„Spanien hat nach dem Fall von Lehman Brothers 1,3 Millionen befristete Verträge innerhalb von sechs Monaten zerstört“, sagt Arbeitsmarktexperte Jansen. „Jetzt könnte es kurzfristig sehr viel schlimmer werden, denn die Wirtschaft steht weitgehend still.“

Für die spanische Sozialkasse wäre das ein harter Schlag, denn schon jetzt liegt die Arbeitslosigkeit bei 14 Prozent – das ist die zweithöchste hinter Griechenland.

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