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So sehr schwächt Erdogans Kurs die Bonität der Türkei

Ein neues Kabinett mit Schwiegersohn und mehr Einflussnahme auf die Geldpolitik: Präsident Erdogan bleibt bei seinem autokratischen Kurs – und schwächt die wirtschaftliche Lage.

Die Zusammensetzung des neuen Kabinetts in der Türkei und die stärkere Einflussnahme von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan auf die Notenbank haben die Landeswährung am Dienstag belastet. In der Nacht war der Dollar um bis zu 0,4 Prozent auf 4,7506 türkische Lira gestiegen. Am Morgen erholte sich die Landeswährung jedoch etwas und notierte bei 4,698 Lira. Den Rekordwert hatte dieses Währungspaar im Mai 2018 bei 4,87 Lira erreicht.

Auch der Euro hat im Verhältnis zur türkischen Lira zugelegt. Am gestrigen Montag stieg der Kurs von 5,31 auf 5,56 Lira. Am heutigen Dienstag erholte sich die türkische Landeswährung jedoch wieder auf 5,51.

Verschreckt hatte die Investoren vor allem die Tatsache, dass der marktfreundliche Ex-Vize-Ministerpräsident Mehmet Simsek nicht mehr der Regierung angehören wird. Finanzminister im neuen Kabinett wird Berat Albayrak, der Schwiegersohn des türkischen Präsidenten. „Insgesamt betrachtet deutet alles darauf hin, dass Erdogan seinen direkten Einfluss auf politische Schlüsselbereiche sofort erhöhen wird, ohne sich dabei groß von Experten beraten zu lassen,“ schrieben die Analysten der Commerzbank in einer Studie.

Bereits seit einigen Monaten werden wohl keine marktfreundlichen Experten mehr gehört. Darauf deutet die Bonität der Türkei hin. Sie hat sich deutlich verschlechtert. Ein Indikator ist der Anstieg der Kreditausfallversicherungen, der sogenannten Credit Default Swaps (CDS). Mit ihnen sichert sich der Kreditnehmer gegen den Zahlungsausfall der Anleihe eines Schuldners ab. Je höher das Risiko des Zahlungsausfalls, desto höher muss die Prämienzahlung sein. Denn ein höheres Risiko heißt, dass der Markt eher erwartet, dass ein Schuldner seine Anleihe nicht bedienen kann.

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Noch Anfang dieses Jahres lag dieser Wert bei 1,89 Prozent pro Jahr, um den Ausfall einer fünfjährigen türkischen Staatsanleihe abzusichern. Mittlerweile ist dieses Ausfallrisiko auf 3,05 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Der CDS-Wert für die entsprechenden Anleihen der Bundesrepublik Deutschland liegt bei 0,11 Prozent.

Entsprechend sind auch die Renditen der türkischen Staatsanleihen in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen. Für einen Staatsbonds mit zweijähriger Laufzeit erhalten Anleger aktuell eine Rendite von 19,26 Prozent. Noch im Mai dieses Jahres lag dieser Wert bei 13,84 Prozent. Auch die zehnjährigen Staatsbonds haben sich ähnlich entwickelt: Die Rendite liegt mittlerweile bei 16,79 Prozent, noch Anfang März 2018 waren es lediglich 11,58 Prozent.

Der höhere CDS-Wert ist zudem eine Reaktion auf die Analysen der Ratingagenturen. Im Mai 2018 stufte die S & P die Türkei ein weiteres Mal herab. Als Grund gaben die Analysten das „Risiko einer harten Landung der türkischen Wirtschaft“ an. Im Juni legte die Agentur Moody’s nach: Das Länderrating könnte herabgestuft werden, wenn weiter unsicher sei, wohin das Land ökonomisch steuere.

Außerdem hat auch Erdogan – wie angekündigt – seinen Einfluss auf die Notenbank des Landes verstärkt. Am heutigen Dienstag erließ er ein Dekret, das ihn künftig ermächtigt, den Präsidenten und den Vizepräsidenten der Zentralbank zu ernennen. Außerdem wird durch das Dekret die Amtszeit der beiden Spitzennotenbanker des Landes von fünf auf vier Jahre verkürzt.

Bisher war es üblich, dass der Präsident gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten und dessen Stellvertreter den Notenbankchef ernannte. Die Entscheidung wurde dann vom gesamten Kabinett bestätigt. In dem Dekret werden andere Kabinettsmitglieder nicht mehr erwähnt.

Der Hintergrund: In der Türkei ist die Inflation zuletzt stark gestiegen. Nach jüngsten Daten betrug die Teuerung im Juni mehr als 15 Prozent. Dies setzt die Notenbank des Landes unter Druck. Die Währungshüter versuchen, mit einem Anstieg der Leitzinsen die hohe Inflation in den Griff zu bekommen. Erdogan aber ist ein Gegner hoher Zinsen, die als klassisches Instrument zur Inflationsbekämpfung gelten. So versucht beispielsweise die Europäische Zentralbank mit ihrer ultralockeren Geldpolitik, die Inflation zu erhöhen.

Erdogan ist am Montag erneut als Präsident vereidigt worden und hat nun mehr Macht als jeder Staatschef der Türkei vor ihm. Mit den nun geltenden Verfassungsänderungen übernimmt er die Leitung der Regierung, da das Amt des Ministerpräsidenten abgeschafft wird. Zudem kann er mit Dekreten teilweise das Parlament umgehen.