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So heftig sind die Auswirkungen der Corona-Krise auf Asiens Textilfabriken

Die Textilindustrie ist Kambodschas wichtigster Arbeitgeber. Sie erwirtschaftet jährlich rund sieben Milliarden Dollar und steht damit für ein Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung. Foto: dpa

Von Bangladesch bis Vietnam droht Textilfabriken der Betriebsstopp. Ihnen gehen wegen Produktionsausfällen in China die Rohmaterialien aus.

Hunderttausende Näherinnen und Näher fürchten um ihren Job, internationalen Modeunternehmen drohen Lieferausfälle: Die Folgen der Coronavirus-Krise in China trifft die Textilindustrie in Asiens Niedriglohnländern mit voller Wucht.

Fabriken von Bangladesch bis Vietnam, die die Weltmärkte mit günstigen Kleidungsstücken und Schuhen versorgen, stehen vor temporären Schließungen. Der Grund: Sie kommen wegen erheblicher Produktionsausfälle durch die Virusepidemie in China kaum noch an die Rohmaterialien für ihre Arbeit.

In Kambodscha haben bereits jetzt mindestens 3000 Arbeiter nichts mehr zu tun, obwohl es eigentlich genug Aufträge gäbe. Ihre Arbeitgeber mussten den Betrieb aus Mangel an Werkstoffen vorübergehend einstellen, wie das kambodschanische Arbeitsministerium vor wenigen Tagen bekanntgab. Zehn Unternehmen hätten deswegen Unterstützung der Regierung beantragt.

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Die Behörden in Phnom Penh rechnen damit, dass dies erst der Anfang ist: „Im Lauf des März wird in bis zu 200 Fabriken das Rohmaterial ausgehen“, sagte Ministeriumssprecher Heng Sour. Dabei gehe es fast ausschließlich um Textilunternehmen. „Im schlimmsten Fall werden rund 160.000 Arbeiter betroffen sein“, fügte Sour hinzu.

Die Textilindustrie ist Kambodschas wichtigster Arbeitgeber. Sie erwirtschaftet jährlich rund sieben Milliarden Dollar und steht damit für ein Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung. Ein Großteil der Kleidungsexporte geht nach Europa. Zu den Abnehmern gehören Unternehmen wie die Modekette H & M und der Sportartikelhersteller Adidas. Der Konzern aus Herzogenaurach bezieht rund jedes vierte verkaufte Kleidungsstück aus Kambodscha.

Auch der Textildiscounter Kik kauft in Kambodscha ein, rechnet aber mit keinen Problemen. Das Unternehmen arbeite mit sehr langen Lieferzeiten und großzügigen Puffern in der Planung, teilt ein Sprecher mit. „Unser Waren- und Zeitmanagement schützt uns aktuell weitestgehend vor Ausfällen.“

Auch in Vietnam, das im vergangenen Jahr Textilien und Kleidungsstücke im Wert von knapp 33 Milliarden Dollar exportierte, sorgen sich Hersteller vor Engpässen. „Wir haben noch genug Produktionsmaterialien bis zum Ende des ersten Quartals“, sagte Vu Duc Giang, Chef des vietnamesischen Textilverbandes. „Ab dem zweiten Quartal werden viele Hersteller aber an einem Materialmangel leiden, weil sie Probleme haben, von ihren wichtigen Zulieferern versorgt zu werden.“

Nach Branchenangaben beziehen die Textilfabriken in Vietnam 60 Prozent ihrer Stoffe aus China. Von Lieferengpässen betroffen sind auch Fäden, Reißverschlüsse und Knöpfe. Zahlreiche Fabriken müssten wegen der Schwierigkeiten Aufträge stornieren oder zugesagte Lieferungen an ihre Kunden verschieben, sagte Giang.

Schuhhersteller schickten ihre Mitarbeiter bereits in Zwangsurlaub, bis Nachschub in den Fabriken eintraf. Le Tien Truong, der mit dem Konzern Vinatex einen der größten Textilhersteller des Landes leitet, schätzt den Schaden für sein Land auf zwei Milliarden Dollar, sollten sich die Lieferungen aus China länger als bis Mitte März verzögern.

Fabrikarbeiter sind besorgt

In Bangladesch, dem zweitgrößten Bekleidungsexporteur der Welt nach China, gibt es ebenfalls erhebliche Störungen in den Lieferketten. Die Preise für aus China importierte Materialien wie Garne und Fäden sowie für Chemikalien zum Färben von Stoffen seien um bis zu 50 Prozent gestiegen, sagte Rubana Huq, Präsidentin der lokalen Textilindustrievereinigung BGMEA, Ende vergangener Woche. Sie warnte vor ernsten Problemen für die Fabriken, sollte die normale Versorgung bis Mitte März nicht wieder anlaufen.

Mostafiz Uddin, Chef der Brancheninitiative Bangladesh Apparel Exchange, bezeichnete die Krise als Weckruf für die Textilindustrie des Landes. „Diese extreme Abhängigkeit von China ist ungesund. Jede Störung der Lieferketten kann so zerstörerische Auswirkungen haben“, sagte er der in Dhaka herausgegebenen Zeitung „The Independent“. „Es gibt eine echte Gefahr für einige Unternehmen, dass sie sich von diesem Schock nicht wieder erholen werden.“

Besonders groß ist die Abhängigkeit von Materialien aus China in Myanmar. Die dortigen Bekleidungshersteller beziehen 90 Prozent ihrer Stoffe von dem nördlichen Nachbarn. Wegen eines massiven Rückgangs an Lieferungen haben die Fabriken bereits im vergangenen Monat damit begonnen, ihre Betriebszeiten zu reduzieren. Überstunden fallen aus, auch an Wochenenden machen viele Unternehmen nun dicht.

Einige Fabriken sind laut lokalen Medienberichten sogar zu einer Vier-Tage-Woche übergegangen. Der Textilverband des Landes rechnet damit, dass die Hälfte der Fabriken in diesem Monat die Arbeitszeiten reduzieren oder den Betrieb gar komplett stoppen muss, sollten die Lieferengpässe anhalten.

In Kambodscha hat sich Premierminister Hun Sen persönlich an China gewandt und um die schnelle Lieferung von Rohmaterialien gebeten. Er hofft, dass sich das gute Verhältnis zur Regierung in Peking in diesem Fall auszahlt. „Wir verhandeln mit China, um bei der Lieferung der Materialien Priorität zu bekommen“, hieß es aus seiner Regierung.

Hun Sen hatte Kambodscha in den vergangenen Jahren eng an China angebunden und für Investoren aus der Volksrepublik geöffnet. Nach dem Ausbruch der Coronavirus-Epidemie war er der erste ausländische Regierungschef, der Peking besuchte.

Sollten die Lieferengpässe trotz der Bemühungen der Regierung andauern, dürften die Fabrikarbeiter wohl am meisten darunter leiden. Bei Kambodschas Textil– und Schuhherstellern erhalten sie einen Mindestlohn von 190 Dollar im Monat. Das ist auch unter normalen Umständen kaum genug zum Leben.

Bei temporären Fabrikschließungen haben die Angestellten aber nur noch Anspruch auf 60 Prozent des Betrags. Betroffene zeigen sich besorgt: „Viele von uns haben hohe Schulden“, sagte der Fabrikarbeiter Mai Chan der Lokalzeitung „Phnom Penh Post“. „Ich kann nur hoffen, dass Hun Sen schnell eine Lösung für uns findet.“